Hitzewelle plagt EuropaBritischer Wetterdienst warnt erstmals in seiner Geschichte vor Extremhitze
Die Temperaturen klettern vielerorts über 40 Grad. Auch England könnte nun seinen Hitzerekord brechen – und hat die höchste Gefahrenstufe ausgerufen.
Erstmals in seiner Geschichte hat der britische Wetterdienst eine Warnung vor extremer Hitze herausgegeben. «Aussergewöhnliche, möglicherweise rekordverdächtige Temperaturen sind am Montag und dann wieder am Dienstag möglich», teilte das Met Office am Freitag mit. Die Nächte würden für Grossbritannien aussergewöhnlich warm sein, vor allem in Städten.
«Dies wird wahrscheinlich zu weitreichenden Auswirkungen auf Menschen und Infrastruktur führen», so die Behörde weiter. Schulen kündigten als Reaktion frühere Schliesszeiten an. Statt Schuluniformen darf in einigen Schulen dann Sportkleidung getragen werden, Sportveranstaltungen werden verlegt.
Die Warnung gilt für ein grosses Gebiet zwischen London, Manchester und dem Tal von York. Der britische Hitzerekord liegt bei 38,7 Grad Celsius – gemessen am 25. Juli 2019 im Botanischen Garten der Universität Cambridge. Meteorologen rechnen damit, dass dieser Wert übertroffen wird. Met-Office-Sprecher Grahame Madge befürchtet gar Temperaturen von 40 Grad. «Wenn 40 Grad erreicht werden, ist das eine neuralgische Schwelle, die zeigt, dass der Klimawandel jetzt bei uns ist», sagte Madge.
Das Met Office hatte bereits vor kurzem vor gesundheitlichen Risiken durch Hitze gewarnt – Stufe 3 auf der Warnskala. Nun rief die Behörde Stufe 4 aus. Dies gilt laut Erklärung «wenn eine Hitzewelle so schwerwiegend und/oder langandauernd ist, dass ihre Auswirkungen über das Gesundheits- und Sozialsystem hinausgehen. Auf dieser Ebene können Krankheit und Tod unter fitten und gesunden Menschen auftreten und nicht nur in Hochrisikogruppen.»
Feuerverbot im Tessin
Im Tessin gilt seit Freitag ein absolutes Feuerverbot im Freien. Die Massnahme gilt für den gesamten Kanton, wie es auf der Alarm-App Alertswiss des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz (Babs) von Freitagvormittag heisst. Wegen der bereits seit längerem anhaltenden Trockenheit und Hitze stuften am Freitag auch die Kantone Aargau und Thurgau die Waldbrandgefahr als «erheblich» ein – was der Stufe 3 von 5 entspricht.
Mehrere Kantone hatten schon am Donnerstag vor grosser oder erhöhter Waldbrandgefahr gewarnt, darunter vor allem das Wallis und Graubünden, aber auch Freiburg, Neuenburg, Bern, Basel-Landschaft, Solothurn, Zürich und Schaffhausen. Im Wald von Chaumont, oberhalb der Stadt Neuenburg, hatte es am Donnerstagnachmittag gebrannt.
In den vergangenen Monaten hatten im Tessin gleich mehrere Waldbrände gewütet. Ende Januar brach am Monte Gambarogno ein grosses Feuer aus. Die Feuerwehr brauchte mehr als zwei Wochen, um es zu löschen. Anfang Februar brannte es zudem im Valle di Muggio im Südtessin und Ende März im Centovalli. Anfang April brach in Sobrio bei Biasca ein Waldbrand aus. Im Tessin hat es seit November nicht mehr richtig geregnet.
Waldbrände auf Kreta und nahe Athen
Binnen 24 Stunden sind in Griechenland 108 Waldbrände gezählt worden. Wie die Feuerwehr am Freitag auf Twitter weiter mitteilte, konnte ein besonders grosser Brand südlich der kretischen Hafenstadt Rhethymno wegen des starken Windes bis zum Mittag noch nicht unter Kontrolle gebracht werden. 16 Löschflugzeuge und drei Hubschrauber waren im Einsatz, die Ortschaft Orne wurde vorsorglich evakuiert.
Auch südöstlich von Athen brannte es am Freitagvormittag. Den Anwohnern der Siedlung Feriza wurde per Warn-SMS empfohlen, die Gegend vorerst zu verlassen. Hier konnten die Feuerwehrleute den Brand jedoch bis zum frühen Nachmittag eindämmen. Für Samstag riefen die Behörden für etliche Regionen wieder die zweithöchste Waldbrand-Warnstufe aus. Betroffen sind unter anderem der Grossraum Athen, die Inseln Kreta, Euböa, Lesbos und Samos sowie der Nordosten der Halbinsel Peloponnes.
45 Grad im Schatten in Südeuropa
Ein Ende der Hitze und Trockenheit in Südeuropa ist weiterhin nicht in Sicht. Feuerwehren und Sicherheitskräfte müssen sich darauf einstellen, auch gegen Ende der Woche etliche Brände zu bekämpfen.
In Spanien und Südfrankreich soll die Gluthitze-Periode laut Meteorologen frühestens am Dienstag zu Ende gehen. Noch immer gilt in 16 der 17 Autonomen Gemeinschaften Spaniens Hitzealarm. In den Regionen Andalusien im Süden und Extremadura im Westen des Landes sollen die Temperaturen bis auf 44 beziehungsweise 45 Grad Celsius im Schatten klettern.
Nur die Kanaren vor der Westküste Afrikas bleiben von der extremen Hitze verschont. Die Hitzewelle in Spanien werde vom Ausmass und der Länge her eine der längsten seit Beginn der Erfassungen im Jahr 1975 sein, teilte der nationale Wetterdienst mit.
Französische Feuerwehr kämpft gegen Waldbrände
Auch aus Frankreich hiess es, die aktuelle Hitzeperiode sei besonders intensiv und lang anhaltend. In elf Départements gilt die Hitzewarnstufe Orange, am Freitag sollen mancherorts Temperaturen um die 40 Grad erreicht werden.
An der französischen Atlantikküste südlich von Bordeaux wüteten noch immer Waldbrände. Mittlerweile fielen mehr als 5300 Hektar Land den Flammen Feuer zum Opfer, mehr als 10 000 Menschen wurden in Sicherheit gebracht. Sorge machte zuletzt der Wind, der das Feuer in Richtung bewohnter Gebiete trieb.
Auch südlich von Avignon wurde am Donnerstagnachmittag ein sich schnell ausbreitender Waldbrand gemeldet. Der Zivilschutz warnte vor besonderer Brandgefahr im dortigen Rhonetal, wo der Mistral am Freitag und Samstag über trockene Gebiete fegen dürfte.
Dürre-Notstand in Norditalien
Im Zusammenspiel mit einer seit Wochen anhaltenden Dürre und starken Winden begünstigt die Hitze auch in Spanien und Portugal den Ausbruch und die Ausbreitung von Waldbränden. Einsatzkräfte der Feuerwehr, der Armee und des Zivilschutzes bekämpften am Donnerstag zahlreiche Feuer, die aber bisher den Behörden keine allzu grossen Sorgen bereiteten.
Auch Italien kämpft seit Wochen mit Dürre. In fünf nördlichen Regionen entlang des Flusses Po verhängte die Regierung deshalb den Notstand, weitere Regionen könnten folgen. Immer wieder treten Busch- und Waldbrände auf. Am Donnerstagabend teilte die Feuerwehr mit, einen grossen Waldbrand nahe Genua bekämpft zu haben. Brandgefahr besteht weiterhin auch auf Sizilien und Sardinien.
In Griechenland warnt die Feuerwehr für Freitag in bestimmten Gegenden einmal mehr vor sehr hoher Waldbrandgefahr. Die Warnstufe vier von fünf gilt etwa für Athen und Umgebung sowie den Nordosten der Halbinsel Peloponnes und Inseln wie Kreta, Lesbos und Samos. Allein in den vergangenen sieben Tagen gab es nach Angaben der Rettungskräfte 264 Waldbrände – seit Beginn der Brand-Saison Anfang Mai waren es fast 2500.
SDA/lif
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