Auswirkungen des KlimawandelsDas Mittelmeer wird wärmer
Die Hitze in Südwesteuropa wirkt sich auch auf die Wassertemperatur im Meer aus. Bereits Mitte Juni waren es auf den Balearen 26 Grad Celsius und mehr. «Das ist brutal», sagt eine Forscherin.
«So früh im Jahr hat es noch nie eine so intensive Meereshitzewelle gegeben», erklärt die Ingenieurin in physikalischer Ozeanografie Melanie Juza dem Wirtschafts-Newsdienst «Bloomberg». In Westeuropa ist es derzeit heiss, teilweise sehr heiss. Viele der Länder haben mit einer ausserordentlich frühen Sommerhitze zu kämpfen. Es gibt Waldbrände und Trockenheit. Allein in Portugal wurden in den vergangenen Tagen nach verschiedenen Schätzungen 2000 bis 2500 Hektaren Wald zerstört – ungefähr die Hälfte des Kantons Basel-Stadt.
«Wir sprechen von 26 Grad Celsius und mehr auf den Balearen am 19. Juni – das ist brutal.»
Die extreme Hitzewelle in Europa führe auch zu höheren Temperaturen im Mittelmeer, sagte Juza. «Wir sprechen von 26 Grad Celsius und mehr auf den Balearen am 19. Juni – das ist brutal.» An der Küste der Balearischen Inseln habe eine Messstation im Mittelmeer 29 Grad gemessen, schreibt «Bloomberg». Laut Wassertemperatur.org liegt die Durchschnittstemperatur im Juni bei 22 Grad.
Die hohen Temperaturen führen zu einer sogenannten «marinen Hitzewelle». Das ist ein Extremereignis im Ozean, bei dem überdurchschnittlich starke Wärme über mehrere Tage hinweg herrscht. Die Auswirkungen eines solchen Phänomens seien für das Ökosystem im Meer verheerend. «Dazu gehören Korallenbleiche, Schäden an Seegraswiesen, schädliche Algenblüten, Massensterben von Meerestieren und die Abwanderung von Arten», erklärt die Forscherin.
Juza ist Teil eines Forschungsteams am Balearic Islands Coastal Observing and Forecasting System, das täglich die Meerestemperaturen im gesamten Mittelmeerraum verfolgt.
Eine Studie des EU-Forschungsprogramms Copernicus Marine Environment Monitoring Service untersuchte die Veränderung der Wassertemperatur im Mittelmeer während der letzten Jahrzehnte. Die Studie kommt zum Schluss, dass die Veränderung der Wassertemperaturen sowohl durch die natürliche Klimavariabilität als auch durch den vom Menschen verursachten Klimawandel zustande kommt. Die Zunahme von Treibhausgasen in der Atmosphäre habe die Energiebilanz der Erde verändert, was zu einer Erhöhung von Wärmeenergie im Klimasystem führe. Die zusätzliche Energie sei zu 90 Prozent von den Ozeanen absorbiert worden, heisst es in der Studie. Dies sei der Hauptverursacher der steigenden Temperaturen in den Meeren.
Die Forscher sehen seit Anfang der 1970er-Jahre einen Erwärmungstrend, der «über die Grenzen der natürlichen Variabilität hinausgeht».
«Es gibt keine Klimaleugner unter den Ozeanografen», sagt Andrew Pershing zu «Bloomberg» und ergänzt: «Sie können es einfach nicht sein, weil die Signale so stark sind.» Er ist Direktor für Klimawissenschaften bei der gemeinnützigen Forschungsorganisation Climate Central in Princeton.
Vor allem das Mittelmeer weise seit Mitte der 1980er-Jahre einen «intensiven und kontinuierlichen Erwärmungstrend» auf, schreiben die Autoren von Copernicus. Die Forscher gehen davon aus, dass sich das Mittelmeer pro Jahr im Durchschnitt um 0,041 Grad (plus/minus 0,006 Grad) erwärmen wird. Dabei stützen sie sich auf Satellitendaten. Die Schätzung der langfristigen Veränderung der Meeresoberflächentemperatur sei entscheidend, um den aktuellen Zustand der Ozeane zu bewerten. Weiter könne man so die Auswirkungen des Klimawandels auf regionaler Ebene richtig einschätzen.
* In einer ersten Version dieses Textes war die Bandbreite der möglichen Erwärmung (plus/minus 0,006 Grad im letzten Abschnitt) nicht korrekt angegeben. Dafür entschuldigen wir uns.
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