Roboter in der Gastronomie«Billi fährt zwischen der Küche und dem Selbstbedienungsbereich hin und her»
Getränke mixen, Pizza ausliefern, Geschirr abräumen: Maschinen entlasten das Gastropersonal – aber nicht überall haben sie sich bewährt. Unsere Autorin hat sie ausprobiert.
Der Barkeeper in Winterthur
Hat er gerade keinen Auftrag, bewegt sich der Roboter grazil und elegant wie ein Model. Er steht hinter der Mocktail-Bar im Einkaufszentrum Rosenberg in Winterthur. Die Migros tourt derzeit mit dem Roboter und ihrer Mocktail-Bar durch die Schweiz (hier geht es zu den Terminen).
Das Gelenk, das bei uns der Ellenbogen wäre, hat nicht die gleichen Einschränkungen: In alle erdenklichen Richtungen dreht und wendet es sich. Dann gibt eine Kundin eine Getränkebestellung auf. Der Roboterarm stoppt seine Schau und schnellt in Richtung Gläser, ergreift eines. Das kann nicht gut kommen, denkt die Zuschauerin und genehmigt sich belustigt einen Schluck «Migroni» – einen alkoholfreien Negroni, ausgeschenkt Sekunden vorher von ebendieser Maschine.
Der Roboter ist so programmiert, dass er das Glas ganz unten am Boden packt. Er dreht es, lässt es gekonnt in seinem Greifarm herunterrutschen. Unter erstaunten Ausrufen der Zuschauenden. Er dreht sich nach hinten und drückt das Glas gegen den Eisspender, sofort purzeln Eiswürfel hinein. Dann wendet er sich den Flüssigkeiten zu. An der Wand sind Flaschen mit alkoholfreien Amalfi Spritz, Amaretti, Bitter Senza und Martini Vibrante befestigt. Beeindruckend schnell steht das Glas auf dem Tresen, für den Finish (und das Nachfüllen der Flaschen) sind zwei menschliche Barkeeper vor Ort anwesend.
So arbeitet der Roboterarm:
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Muskelprotz Billi im Hiltl, Zürich
Das Hiltls bei der Zürcher Sihlpost ist ebenfalls robotisiert. Auf die Frage an der Kasse, wo denn der Roboter im Einsatz sei, fängt die Angestellte richtig an zu strahlen. «Billi fährt zwischen der Küche und dem Selbstbedienungsbereich hin und her», sagt sie. Und weist den Weg nach hinten ins Restaurant. Tatsächlich steht dort ein Roboter mit Katzengesicht, seit Dezember ist er als «vollwertiges Teammitglied mit E-Mail-Adresse» im Einsatz, schrieb Hiltl damals in einer Mitteilung.
Gerade ist er arbeitslos, sein Inneres – die Tabletts – ist leer. Laut der Angestellten ist Billi eine Riesenhilfe, denn die Gefässe mit den warmen Speisen seien sehr heiss. Und voll beladen mit dem Essen natürlich schwerer als ein herkömmlicher Teller, Billi vermag 40 Kilogramm zu transportieren, ein Tablett auf Rädern. Seine Wege und Positionen können genau programmiert werden. Beim Selbstbedienungsbuffet übernehmen Mitarbeitende den letzten Arbeitsschritt und verteilen die Schalen in der Auslage.
Abräumroboter im Miss Miu, Zug
Die Kellnerin schleicht dem Roboter hinterher. «Er ist langsam», bestätigt auch ihr Kollege, der nebendran den Tisch abwischt. Der Gang hier im Miss Miu in Zug ist schlicht zu schmall, um zu überholen. Langsamer als Schritttempo ist der Abräumroboter der chinesischen Marke Pudu eingestellt, damit er niemanden anrempelt. Das wird mit einem Laser gesteuert. Pro Monat kostet der Roboter 1290 Franken, dafür garantiert der Lieferant Sebotics Schulungen, Folierungen und Sonderlackerierungen.
Die Wege des Roboters sind programmiert, in Zug fährt er von der Abwaschstrasse zur Bar, wo er einen fixen Platz hat. Sein Tempo macht er mit Kraft wett, denn hier im koreanischen Restaurant gibt es Reisgerichte aus Vulkanstein-Schalen. Und die sind schwer. «Das Ziel ist, die Mitarbeitenden zu entlasten», sagt Manuel Zbinden, der bei Wiesner Gastronomie Betriebsbetreuer ist. In Kundenkontakt soll der Roboter nicht treten, lieber sollen die Angestellten möglichst schnell leere Hände haben. Die Terrasse stehe auch auf dem Programm des Roboters, aber nach draussen gefahren sei er noch nicht: nicht wegen technischer Probleme, sondern wegen der fehlenden Sonne.
Sushi-Kurier im Oishii, Zürich
Seit Jahren betreibt das Zürcher Gastrounternehmen Two Spice unter Yooji’s sogenannte Sushi-Kaiten an 14 Standorten in der Schweiz. Vieles beim Besuch läuft ohne zwischenmenschliche Kommunikation ab. Bestellt wird über einen Bildschirm, die Mitarbeitenden servieren die Getränke oder Suppen. Auf dem Förderband laufen ununterbrochen japanische Gerichte vorbei. So weit, so bekannt.
Einen Schritt weiter geht das Sushilokal Oishii im Zürcher Seefeldquartier: Dort ersetzt ein Roboter das Kaiten, und die Sushi werden via iPad bestellt. Die Geschäftsführerin Jingwei Jan ist zufrieden mit Oishii. «Die Kunden sind sehr amüsiert, wenn Oishii an den Tisch fährt, sie auffordert, den Teller zu nehmen, und guten Appetit wünscht», sagt Jan. Seit Sommer 2021 beliefert der Roboter der Marke Peanut die 70 Innenplätze. Die Plätze auf der Terrasse hingegen, die werden weiterhin von den Oishii-Angestellten bedient. Schwellen und Türen stellen die Roboter vor technische Hindernisse. Noch.
Kein Erfolg in der Kitchen Republic, Zürich
Daniel Wiesner ist einer, der Innovationen mag. Unter den 35 Restaurants, die seine Firma Familie Wiesner Gastronomie im Portfolio listet, führt er auch eine sogenannte Ghost Kitchen: Bei Kitchen Republic kann der Gast aus fünf verschiedenen Konzepten bestellen.
Die Produktionsküche in der Nähe des Zürcher Hardturms hatte ebenfalls einen Roboter im Einsatz. Eigentlich der perfekte Ort, denn gerade bei langen Wegen werden Roboter eingesetzt. Er brachte das dreckige Geschirr in die Küche.
Daniel Wiesner meint: «Er muss einfach gut ausgelastet sein, sonst rechnet sich der Preis nicht.» Er mietete den Roboter Keenon T5 für 1200 Franken pro Monat. Wiesner hat zudem eine dezidierte Meinung über den Kontakt zwischen Kunden und Robotern: «Das soll nicht sein. Der Roboter fährt bei uns nicht direkt an den Tisch.» Auch die Funktion mit den süssen Katzenaugen ist nicht sein Ding.
Vitzi und Telli in Das Morgen, Vitznau
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Im neuen Hotel Das Morgen sind zwei Gastroroboter im Einsatz. Sie heissen Vitzi und Telli, getauft von Schülerinnen und Schülern der ersten und zweiten Klasse in Vitznau. Diese «Open Shuttles» sind im Hotel-Restaurant unterwegs und können mehr als nur Bestelltes transportieren: Sie übernehmen repetitive Prozesse und führen komplexere Aufgaben inklusive Abladen und Abräumen von Tabletts aus.
«Zu Beginn, bis die Prozesse wie gewünscht und stabil laufen, sind die Optimierungen nur begrenzt spürbar», sagt Markus Arnold, Chef des Neuro Culinary Center, das zu derselben Unternehmung wie das Hotel gehört. Bei der Einführung bedeute es eher Mehraufwand für die Mitarbeitenden, bis man sich an die neuen Teammitglieder und deren Unterstützungsmöglichkeiten und Funktionen gewöhnt hat.
Servierboy Werni im Verkehrhaus, Luzern
Im Restaurant des Verkehrshauses Luzern, das von den ZFV-Unternehmungen betrieben wird, war seit Oktober 2021 ein Roboter von Sebotics im Einsatz. Doch dieser ist schon wieder weg. Der Grund: Der Servierroboter, der auf den Namen Werni getauft war, sei bei den Gästen eigentlich gut angekommen, schreibt Natalie Rotschi von der ZFV-Medienstelle. Solche Roboter seien eine spielerische Unterstützung des Teams, und es sei vorstellbar, auch in Zukunft Roboter einzusetzen.
Eine Gefahr für Arbeitsplätze sieht sie nicht: «Der Faktor Mensch, der uns so wichtig ist, kann damit natürlich nicht ersetzt werden», so Rotschi. Indem ein Serviceroboter bei gewissen Abläufen unterstützt, bleibe mehr Zeit für die Gäste – das Wichtigste für die ZFV-Unternehmungen als Gastgeberin. Jedoch: Bei hohem Besucheraufkommen habe der Servierroboter wegen der engeren Platzverhältnisse etwas mehr Mühe bekundet.
Der Pizzalieferant Mia in der Mall of Switzerland, Ebikon
Besser eingesetzt als derjenige im Verkehrshaus scheint der Roboter in der Mall of Switzerland: Im Andolino bringt er Pizzen direkt zum Gast an den Tisch. Wenn eine Vierergruppe bestellt, dann kann Mia – wie dieser Roboter heisst – alles in einer Fahrt bringen, da sie genau vier Tablare hat. Dennoch hat man auch hier im Andolino einige Schwierigkeiten, wenn Gäste oder Angestellte dem Serviceroboter im Weg stehen. Und die Servicefachkraft Samanta Güggler fügt an: «Wir sind zu Fuss schon schneller am Tisch. Vielleicht ist er einfach ein Spielzeug für Grosse.»
Das Katapult in Wien (A)
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Bereits vor einigen Jahren wurden im Erlebnisrestaurant Schwerelos in Hamburg Gerichte und Getränke auf einer Achterbahn serviert. Dieses Lokal ist allerdings dauerhaft geschlossen. Anders im Vergnügungspark Europapark: Im Food Loop bestellt man per Screen, und geliefert wird das Essen über ein als Achterbahn konzipiertes Förderband. In Wien schiesst im Rollercoaster-Restaurant das Bestellte sogar durch Loopings. Mit bis zu 30 Stundenkilometern wird das Essen zum Gast katapultiert. Filigranes Anrichten unterlassen die Köche.
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