Bevorstehende NotfallzulassungImpfstoff nimmt wichtige Hürde in USA – was heisst das für die Schweiz?
Die USA dürften noch dieses Jahr mit den Covid-Impfungen starten. Für die Schweiz stellen sich zwei Fragen: Beschleunigt das den Prozess hier, und bleiben noch genügend Impfdosen?
Nach Grossbritannien dürften nächste Woche auch in den USA die Covid-Impfungen beginnen: Der Impfstoff von Pfizer/Biontech steht kurz vor der Notfallfreigabe. Der unabhängige Beratungsausschuss für Impfstoffe der US-Arzneimittelbehörde FDA sprach sich am Donnerstag mit 17:4 Stimmen dafür aus. Die nachgewiesenen Vorteile des Mittels überwögen die Risiken bei Menschen ab einem Alter von 16 Jahren. Ein Mitglied des Gremiums enthielt sich. Es wird damit gerechnet, dass die FDA das Mittel auf Basis dieser Empfehlung in den nächsten Tagen genehmigt.
Die FDA hatte bereits in einem am Dienstag veröffentlichten Dokument erklärt, keine Bedenken gegen den Einsatz des Vakzins zu haben. Bei Untersuchungen hätten sich keine neuen Probleme hinsichtlich seiner Sicherheit und Wirksamkeit ergeben.
Pfizer wird zuerst USA und EU beliefern
Nun steht der definitiven Freigabe durch die FDA nichts mehr im Weg. Die Auslieferung der ersten Impfdosen in den USA werden dann innerhalb von Stunden beginnen, wie Pfizer schon vorab mitgeteilt hatte. Die USA hatten schon im Juli einen Vorvertrag für die schnelle Auslieferung von 100 Millionen Dosen abgeschlossen. Ebenso sicherten sie sich die Nachlieferung von weiteren 500 Millionen.
Was heisst das für die Schweiz? Sie hat sich erst vergangene Woche 3 Millionen Dosen des Impfstoffes vertraglich bei Pfizer/Biontech gesichert. Mit dieser Menge können hier 1,5 Millionen Menschen geimpft werden, denn es braucht für jeden Impfling zwei Spritzen im Abstand von drei Wochen. Erst nach der zweiten Impfung beginnt der volle Schutz gegen die Covid-Erkrankung.
Das Serum ist jedoch äusserst knapp, auch der Hersteller Pfizer, der zu den grössten Pharmakonzernen der Welt gehört, kommt mit der Produktion nicht nach. «Es gibt immer wieder Engpässe bei der Ausrüstung wie auch bei den Wirkstoffen», sagte Pfizer-Chef Albert Bourla diese Woche auf einer Medienkonferenz des Weltpharmaverbandes IFPMA. Pfizer will es dieses Jahr dennoch schaffen, 50 Millionen Dosen herzustellen. Im kommenden Jahr sollen es dann 1,3 Milliarden sein. «Wir arbeiten daran, das noch zu steigern», betonte Bourla.
Pfizer wird zuerst die USA und die Europäische Union beliefern, für die Schweiz bleiben zunächst gar keine Dosen übrig. Das ist nicht schlimm, weil das Serum hier noch gar nicht eingesetzt werden darf. Für Impfstoffe ist keine Notfallfreigabe möglich, die Schweiz ist eines der wenigen Länder, die gar keine vorzeitige Freigabe erlaubt. Das ist der entscheidende Unterschied zwischen der Schweiz und den USA sowie der EU und anderen westlichen Staaten. Die Impfung von Millionen gesunden Menschen darf erst erfolgen, wenn die kompletten Daten der klinischen Studien zu einem Impfstoff vorliegen. Die Notfallfreigabe aber beruht nur auf Zwischenergebnissen.
Offenbar, um politischen Druck zu vermeiden, gab Swissmedic dazu sogar am Freitag eine Medienmitteilung heraus, um die Lage zu erklären: «In der Schweiz gibt es keine gesetzliche Grundlage für den Notfalleinsatz von Covid-19-Impfstoffen, während die Zulassungsgesuche noch bearbeitet werden.» Die Gesuchsteller müssten nun ausreichende und aussagekräftige Daten zur Sicherheit, Wirksamkeit und Qualität ihrer Impfstoffe vorlegen. «Wir hoffen, dass wir die Antworten rasch erhalten», sagt Raimund Bruhin, Direktor der Swissmedic. «Sobald die Daten eine erste Nutzen-Risiko-Bewertung ermöglichen, wird Swissmedic sehr schnell über eine Zulassung entscheiden.»
Zulassung im ersten Halbjahr 2021
Die Schweizer Zulassungsbehörde Swissmedic steht mit der FDA über die Covid-Impfstoffe in engem Austausch, sie ist eine ihrer Partnerbehörden. Die Wissenschaftler bereden sich in sogenannten Experten-Beurteilungen. So wird auch Swissmedic genauen Einblick in die Überprüfung des Pfizer/Biontech-Vakzins bekommen. Das dürfte ihr Urteil zwar untermauern, nicht aber beschleunigen.
Mit einer Zulassung in der Schweiz ist erst im ersten Halbjahr 2021 zu rechnen. Die Ankündigung durch das Bundesamt für Gesundheit, es könne schon im Januar losgehen, war eine «Hypothese». Bei der vergleichsweise geringen Menge, dürfte Pfizer/Biontech dann auch wieder genug Dosen haben, um auch die Schweiz zu beliefern.
Fehler gefunden?Jetzt melden.