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Hohe Preise für Medikamente
Wie Novartis trotz ächzender Krankenkassen den Gewinn erhöht

Vas Narasimhan, CEO of Swiss Pharma multinational Novartis participates in a panel session during the 53rd annual meeting of the World Economic Forum, WEF, in Davos, Switzerland, Wednesday, January 18, 2023. The meeting brings together entrepreneurs, scientists, corporate and political leaders in Davos under the topic "Cooperation in a Fragmented World" from 16 to 20 January. (KEYSTONE/Gian Ehrenzeller)
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Die neue Novartis ist so erfolgreich, dass dies Bedenken auslöst. Der Basler Konzern ist nach der Abspaltung der Generikatochter Sandoz auf bestem Weg, zum weltgrössten Pharmakonzern für neue, teure Medikamente zu werden. Die Krankenkassen freut dies nicht.

Im dritten Quartal stieg der Gewinn um 14 Prozent auf 1,4 Milliarden Dollar, wie Novartis am Dienstag bekannt gab. Seine Ziele für das Gesamtjahr erhöhte Novartis-Chef Vas Narasimhan zum dritten Mal. Zugleich ziehen weltweit die Gesundheitskosten an, und insbesondere in der Schweiz ächzen Haushalte unter hohen Prämienzahlungen.

Novartis dagegen will dieses Jahr den Betriebsgewinn um 13 bis 19 Prozent steigern. Der Umsatz soll um rund 10 Prozent steigen. Novartis hat so viel Geld, dass sie im Sommer einen Aktienrückkauf in Höhe von 15 Milliarden Dollar gestartet hat.

Wegen des erneut erhöhten Gewinnziels schloss die Aktie am Dienstag 0,7 Prozent höher. Wie aber will es Novartis schaffen, trotz steigenden Drucks der Gesundheitssyteme seine Gewinne zu erhöhen?

Astronomische Preise

In der Schweiz wie auch in anderen Staaten gibt es zwar offizielle Medikamentenpreise. Insbesondere bei teuren Medikamenten handeln die Pharmakonzerne mit Versicherern und Behörden jedoch Geheimrabatte aus. «So weiss letztlich fast niemand, wie viel eine Therapie tatsächlich kostet», kritisiert Peter Catlos, Bereichsleiter Pharma vom Krankenkassen-Verband Curafutura. Eine Analyse des Kassenverbandes zeigt jedoch, dass bei Neueinführungen die Preise und Tagestherapiekosten der Medikamente deutlich höher liegen als bei etablierten Arzneimitteln.

Novartis ist hier mit Gentherapien wie Kymriah und Zolgensma ganz vorne dabei. Zolgensma, das pro Patient einmalig verabreicht wird, war bei seiner Lancierung 2019 mit 2,25 Millionen Dollar das teuerste Medikament der Welt. Zwar sollte es die unter einer Muskelschwäche-Erbkrankheit leidenden Säuglinge heilen und so Krankheitskosten sparen – es gibt aber immer mehr Zweifel an der Wirkung von Zolgensma.

Glück bei US-Preisreduktion

Mit dem Herzmedikament Entresto machte Novartis allein im dritten Quartal einen Umsatz von 1,5 Milliarden Dollar. Es gehört zu seinen Bestsellern. Im wichtigsten US-Markt ist es nun jedoch auf der Liste der ersten zehn Medikamente, bei denen der Preis nicht wie bisher von der Pharmaindustrie frei festgesetzt werden kann, sondern mit den Behörden verhandelt werden muss. So sieht dies der Inflation Reduction Act der Regierung von Joe Biden vor mit dem Ziel, die Gesundheitskosten zu senken.

Aber: Die Preise sollen erst 2026 reguliert werden, die ersten Entresto-Patente in den USA laufen jedoch bereits 2025 aus. In der Folge kommen Nachahmermedikamente für Entresto auf den Markt, sodass die Preise sowieso sinken.

Entresto ist zudem gar nicht nötig, um das Margenziel von Novartis für 2027 zu erklimmen: Dann wollen die Basler auf eine Betriebsgewinnmarge von mindestens 40 Prozent kommen. Mit einem Beitrag von Entresto rechnet der Konzern ab 2025 vorsichtshalber nicht. Novartis klagt aber gegen die Patentfreigabe wie auch gegen den Inflation Reduction Act. Das heisst, alle Gewinne des Herzmittels, die der Konzern so noch sichern kann, geben seiner Marge einen Extraschub.

Das Sandoz-Plus

Die operative Marge steigerte Novartis durch den Abgang von Sandoz auf einen Schlag von 31,8 Prozent im ersten Halbjahr auf 36,9 Prozent in den ersten neun Monaten. Genau dies war der Grund für die Abspaltung, denn die Gewinnspannen bei günstigen Nachahmermedikamenten von Sandoz sind deutlich niedriger.

Was sich jetzt zeigt, ist ein wichtiger Nebeneffekt: Novartis stellt weiter komplexe Biotechmedikamente für Sandoz her, lastet so seine Produktionsanlagen weiterhin aus und steigert allein im dritten Quartal seinen Umsatz um 200 Millionen Dollar. Vom Massengeschäft mit günstigen Medikamenten profitiert der Konzern so noch, ohne seine Margen zu drücken.

Multi-Milliarden-Medikamente

In Anlehnung an die Filmbranche nennt die Pharmaindustrie Medikamente Blockbuster, die Jahresumsätze von über einer Milliarde Dollar bringen. Aus einem Blockbuster kann man jedoch auch einen Mega-Blockbuster machen. Dies durch erweiterte Anwendungsbereiche, wie etwa die Brustkrebstherapie Kisqali zeigt.

Kisqali gehört zu den Topwachstumstreibern von Novartis. Mit der Tablette nimmt der Konzern derzeit gut 2 Milliarden Dollar jährlich ein. Nun soll der Anwendungsbereich ausgeweitet werden: Novartis hat in der Europäischen Union und noch dieses Jahr in den USA Zulassungsanträge für den Einsatz bei Brustkrebs nicht nur im späten, sondern auch im frühen Stadium eingereicht.

Eine klinische Studie zeigt, dass bei Frauen, die die Tablette über drei Jahre jeden Tag einnehmen, das Risiko in 10, 20 oder 25 Jahren erneut an Krebs zu erkranken, um 25 Prozent sinkt. Einige Pharmaanalysten hatten diesen Nutzen kritisch gesehen. Dennoch dürfte das Medikament erfolgreich sein, einige Analysten sprechen von zusätzlichen Umsätzen in Höhe von mehreren Milliarden Dollar jährlich.

Das stört die Krankenkassen. Helsana etwa fordert, dass sich die Preisen für Medikamente danach richten, welche Gesamtkosten sie bei den Kassen verursachen. Mega-Blockbuster müssten dann günstiger werden. Im Schweizer Parlament ist hierzu eine Motion hängig.