Terror gegen IsraelDrogen, Schmuggel, Geldwäsche: So finanziert sich die Hizbollah
Die libanesische Terrormiliz hat sich zu einer globalen Organisation gewandelt. Vor allem in Lateinamerika verdient sie ihr Geld mit illegalen Geschäften.
- Die Hizbollah hat sich in Lateinamerika zu einer globalen Bedrohung entwickelt.
- Sie kooperiert mit Drogenkartellen, betreibt Geldwäsche und Schmuggel.
- In der Dreiländerregion um Paraguay, Argentinien und Brasilien agiert sie als logistisches Zentrum diverser illegaler Aktivitäten.
- Der Konflikt mit Israel beeinflusst ihre internationalen Aktivitäten wohl negativ – wird sie aber nicht stoppen.
Fast die gesamte militärische Führung tot, Tausende Kämpfer von explodierenden Pagern verstümmelt, die Infrastruktur zerstört: Dass Israel die Hizbollah im Libanon empfindlich getroffen hat, ist bestens dokumentiert. Wenig bekannt ist hingegen, dass sich die Terrormiliz schon lange zu einer globalen Organisation gewandelt hat, die weit über den Libanon hinaus tätig ist.
Besonders aktiv ist die Hizbollah in Lateinamerika, wo sie beste Beziehungen zu mehreren Drogenkartellen aufgebaut hat. «Die Hizbollah-Netzwerke unterstützen die Kartelle bei Transport und Logistik, aber auch indem sie illegales Geld waschen», sagt der Hizbollah-Experte Emanuele Ottolenghi vom Thinktank «Foundation for Defense of Democracies» in Washington im Gespräch.
Ottolenghi nennt drei Gründe, weshalb die Hizbollah gerade in Lateinamerika Fuss fassen konnte. Erstens gebe es in mehreren Ländern der Region seit dem Ende der 70er-Jahre eine grosse libanesische Diaspora, die von der Hizbollah früh infiltriert worden sei.
Zweitens spielt Lateinamerika für die Terrormiliz eine übergeordnete strategische Rolle. Die Hizbollah und ihr Schutzpatron Iran wollen dort ihre Ideologie exportieren, um sich als Alternative zu den USA zu positionieren. Drittens gebe es in Lateinamerika viele Möglichkeiten, um mit illegalen Aktivitäten Geld zu verdienen. Dabei nutze die Hizbollah auch Firmen, die teilweise legal Geld verdienten, etwa im Transport oder in der Fischerei – daneben aber auch Geldwäsche für die Hizbollah betrieben.
Als Hizbollah-Hotspot identifiziert Forscher Ottolenghi das Dreiländereck zwischen Argentinien, Brasilien und Paraguay. Dreh- und Angelpunkt der sogenannten «Triple Frontera» ist Ciudad del Este in Paraguay. Die geschäftige Grenzstadt gilt in der Region als Paradies für Fälschungen, Schmuggel und Geldwäsche.
Marc Ostfield, US-Botschafter in Paraguay, sagte im vergangenen Jahr, die Hizbollah habe regelmässig Veranstaltungen abgehalten, bei denen paraguayische Politiker von der libanesischen Terrormiliz gekauft worden seien. Sogar der ehemalige Präsident Horacio Cartes (2013 bis 2018) habe Bestechungsgelder erhalten. Cartes hat seine angeblichen Hizbollah-Verbindungen immer bestritten.
Auch in anderen Grenzregionen ist die Hizbollah aktiv, etwa zwischen Kolumbien und Venezuela. Wie die deutsche «Welt» kürzlich mit Verweis auf mittelamerikanische Medien berichtet hat, mischt die Hizbollah auch bei der Schlepperei zwischen Kolumbien und Panama mit. Hizbollah-Leute sollen Migranten durch die Darién-Lücke im Dschungel begleitet und dafür eine Kommission kassiert haben. Jedes Jahr durchqueren Hunderttausende Migranten den Darién-Dschungel, meist mit dem Endziel USA.
Wie viel Geld die Hizbollah in Lateinamerika verdient, ist schwierig nachzuweisen. In einem Gerichtsdokument aus dem Jahr 2015 schätzen US-Ermittler, dass die Hizbollah in einem Jahr 400 Millionen US-Dollar allein mit Drogenhandel verdient habe. Ottolenghi schätzt, dass die Hizbollah zehn Prozent Provision verdient, sie wäre also bei Drogenhandel von insgesamt 4 Milliarden US-Dollar mitbeteiligt gewesen. Und das vor neun Jahren, seither habe die Terrormiliz das Geschäft massiv ausgebaut.
Das Sicherheitsrisiko Hizbollah
Für die lateinamerikanischen Länder bedeutet die Präsenz der Hizbollah nicht nur eine Stärkung des organisierten Verbrechens. Sie stellt auch ein beträchtliches Sicherheitsproblem dar, wie Ottolenghi sagt. Die Hizbollah sei eben nicht nur im Drogenhandel aktiv, sondern auch in ihrem Kerngeschäft, dem Terrorismus. Ottolenghi verweist auf Brasilien, wo die Bundespolizei im November des vergangenen Jahres eine Hizbollah-Terrorzelle aushob und mehrere Personen festnahm.
Auch der tödlichste Anschlag in der Geschichte Argentiniens geht nach aktuellem Ermittlungsstand auf das Konto der Hizbollah. Am 18. Juli 1994 explodierte im jüdischen Gemeindezentrum in Buenos Aires eine Bombe. 87 Menschen starben, 300 weitere wurden verletzt. Erst im April 2024 entschied das höchste argentinische Strafgericht, dass der Iran und die Hizbollah für den Terror verantwortlich seien. Der Iran habe die Tat geplant, die Hizbollah sie ausgeführt. Der Angriff sei eine Vergeltung dafür gewesen, dass Argentinien ein Abkommen über eine nukleare Kooperation mit Teheran gekündigt habe.
Dass die Aufklärung so lange dauerte, hat auch mit dem mysteriösen Tod des damaligen Staatsanwalts Alberto Nisman zu tun. Nisman ermittelte gegen die Hizbollah und den Iran. Allerdings einigten sich die Mullah-Regierung und Argentinien 2013 überraschend auf die Bildung einer internationalen Wahrheitskommission, die die Verdächtigen befragen sollte.
Nisman sah darin einen Versuch der Regierung, die Justiz zu behindern. Der Staatsanwalt forderte Ermittlungen gegen die damalige Präsidentin Cristina Kirchner. Kurze Zeit später, im Januar 2015, wurde er tot in seiner Wohnung aufgefunden, neben ihm eine Pistole und eine leere Patronenhülse. Gemäss den Behörden hat sich der entmachtete Staatsanwalt umgebracht. Bis heute glauben das viele in Argentinien nicht. Sie gehen von Mord aus – und einer finsteren Verschwörung der Mullahs mit der damaligen Kirchner-Regierung.
Hizbollah hat Kontrolle über Assads Amphetamine
In Lateinamerika ist die Präsenz der Terrormiliz frappierend. Die Hizbollah ist jedoch auch in anderen Ländern aktiv. Gut belegt ist, dass die Miliz den Handel mit dem Amphetamin Captagon kontrolliert. Dieses wird in Syrien hergestellt und in den Nahen Osten und nach Europa exportiert. Für den international geächteten syrischen Präsidenten Bashar al-Assad ist der Captagon-Handel eine wichtige Einnahmequelle.
Noch offen ist die Frage, wie sich die massive Schwächung der Hizbollah im Libanon auf die internationalen Aktivitäten auswirken wird. Hizbollah-Experte Emanuele Ottolenghi geht davon aus, dass es für die internationalen Hizbollah-Zellen komplizierter wird, Geld in den Libanon zu überweisen. Die Fähigkeit der Hizbollah aber, im Ausland mit kriminellen Aktivitäten Geld zu verdienen, sei wohl nur in geringem Masse eingeschränkt worden. «Die kriminellen Geschäfte der Hizbollah», so Ottolenghi, «werden weiterlaufen.»
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