Corona-Medienkonferenz«Das erste Etappenziel ist erreicht»
Die Experten des Bundes äusserten sich am Dienstag zur Corona-Lage in der Schweiz und beantworteten Fragen. Wir berichteten live. Der Ticker zum Nachlesen.
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Das Wichtigste in Kürze:
Die Zahl der Neuinfektionen geht in der Schweiz langsam zurück.
Diverse Kantone haben ihre Massnahmen gegen das Virus verschärft.
Hier geht es zu unserem Corona-Dashboard mit allen Zahlen.
Zusammenfassung
Laut Virginie Masserey, Leiterin Sektion Infektionskontrolle im Bundesamt für Gesundheit (BAG), hat sich die Belegung der Betten auf Schweizer Intensivstationen stabilisiert. Die Lage bleibe aber angespannt.
Seit einer Woche bräuchten rund 530 Covid-Patienten in der Schweiz Intensivpflege, sagte Masserey am Dienstag vor den Bundeshausmedien. «Die Spitäler sind immer noch stark beansprucht.»
Die Fallzahlen seien stabil bis sinkend. Die 14-Tage-Inzidenz sei mit 740 pro 100'000 Einwohner aber noch immer hoch. «Im Verhältnis zur Anzahl Fälle ist die Anzahl der Todesfälle eher niedrig bei uns im Vergleich zu anderen Ländern», sagte Masserey. Das zeige, dass die Qualität der Pflege sehr gut sei.
Masserey betonte, wie wichtig es sei, sich testen zu lassen. «Die Tests spielen wichtige Rolle in der Eindämmungsstrategie.» Die Schnelltests seien auch bei Infektionsherden eine neue Möglichkeit, um rasch herauszufinden, wer infiziert sei und wer nicht.
Ackermann: «Fallzahlen halbieren sich alle zwei Wochen»
Martin Ackermann, Präsident der wissenschaftlichen Covid-Taskforce des Bundes, sieht die Schweiz bei der Eindämmung des Coronavirus auf dem richtigen Weg. Momentan halbierten sich die Fallzahlen alle zwei Wochen. «Das erste Etappenziel ist erreicht», sagte Ackermann. Es sei grossartig, wie viele Menschen dazu beitrügen. Wenn die Entwicklung so weitergehe, erreiche man viel: «Wir bekommen mehr Luft, die Kapazitäten beim Contact Tracing, in den Spitälern, aber auch für die Unternehmen werden grösser.»
Aktuell verzeichnet die Romandie den tiefste Reproduktionszahl. Ackermann erklärt das mit den strengen Massnahmen, die in den Westschweizer Kantonen seit Wochen in Kraft sind.
Es sei wichtig, dass die Zahlen jetzt runtergingen, sagte Ackermann weiter – auch im Hinblick auf die kalten Monate Dezember und Januar. «Das Wetter hat einen Einfluss auf die Ansteckungen. Je schlechter das Wetter, desto schlechter stehen wir da punkto Neuinfektionen.»
Die Massnahmen gegen des Corona-Virus werden weniger eingehalten
Die Kantonsärzte stellen jedoch fest, dass die Disziplin bei der Einhaltungen der Corona-Massnahmen nachlässt. Sie warnen vor einem neuen Anstieg der Fälle. «Überhaupt stellen wir fest, dass das Bewusstsein für die kompromisslose Einhaltung der Massnahmen gestärkt werden muss», sagte Rudolf Hauri, Zuger Kantonsarzt und Präsident der Vereinigung der Kantonsärztinnen und Kantonsärzte.
Das Contact-Tracing in den Kantonen funktioniere wieder problemlos. «Sollte es bei einem solch hohen Niveau wieder zu einem Anstieg kommen, wird das Contact-Tracing und auch das Gesundheitssystem an die Grenzen kommen», warnte Hauri. «Aus dem Contact-Tracing wissen wir, dass es in vielen Unternehmen gute Schutzkonzepte gibt, sich aber Arbeitende in der Pause oder beim Mittagessen anstecken.»
Zu wenige Tests für hohe Positivitätsrate
Ausserdem werde zu wenig getestet. Die noch immer hohe Posititvitätsrate lasse den Schluss zu, dass bei weitem nicht alle Fälle entdeckt würden. Die Tests seien notwendig, auch wenn man in die Quarantäne müsse.
Physisches Distanzhalten, Selbstquarantäne, und der Verzicht auf das Vorsingen seien wichtige Massnahmen für die Festtage. «Verzichten sie bei Symptomen auf das Weihnachtsfest.»Im Zusammenhang mit dem zu erwartenden Impfstoff lösten die Kantone derzeit konkrete Fragen zur Logistik, zur Abgabe und zur Verteilung der Impfung.
Die Pressekonferenz ist beendet. Hier folgt eine Zusammenfassung. Vielen Dank für Ihr Interesse.
Sollte man in diesem Winter auf das Skifahren verzichten?
Rudolf Hauri hat die steigende Anzahl der Unfälle im Winter angesprochen. Ein Journalist möchte wissen, ob die Behörden überhaupt dazu raten, im Winter Skifahren zu gehen? «Die Spitäler sind grundsätzlich vorbereitet, vor allem in den Skiregionen», sagt Hauri. Viele der besonders betroffenen Spitäler würden jeweils ihre Bereitschaften in der Wintersaison ändern.
«Es ist aber ein Aspekt, der schon etwas Sorge bereitet», gibt Hauri zu. «Deshalb sollten sich jetzt alle an die Massnahmen halten, dann können wir im Winter auch skifahren.»
Ab wann sind Lockerungen realistisch?
Martin Ackermann spricht davon, dass die Fallzahlen bis Anfang des nächsten Jahres auf 500 pro Tag sinken könnten. Sind dann wieder Lockerungen denkbar? «Wenn wir kein exponentielles Wachstum feststellen können und das Contact Tracing einwandfrei funktioniert, ist an Lockerungen zu denken», so Ackermann.
Laut Hauri könne es jedoch «schnell wieder zum Anstieg der Fälle kommen», wenn man nun «zu rasch wieder die Maske ablegt oder näher zusammenrückt».
Warum sinkt die Anzahl der durchgeführten Corona-Tests?
Kantonsarzt Hauri sieht das Problem der sinkenden Corona-Tests in der Kommunikation. «Man muss die Leute vermehrt darauf hinweisen, dass das Testen gratis ist und ihnen die Angst vor der Quarantäne nehmen.»
Plant das BAG grosse Impfzentren?
Gemäss eines Journalisten will Deutschland Impfzentren eröffnen, in denen täglich Tausende Personen geimpft werden können. Ist dies in der Schweiz auch denkbar? «Wir machen uns dieselben Überlegungen, ob man solche Impfzentren aufbauen soll», erklärt Rudolf Hauri. «Ob solche Zentren sinnvoll sind, muss aber zuerst abgeklärt werden.»
Warum gibt es in der Schweiz keine Massentests?
«Für Massentests müsste man die Schnelltests einsetzen», erklärt Virgine Masserey. «Diese seien aber nicht geeignet für Menschen ohne Symptome.» Das BAG beobachte jedoch die Situation in den Ländern, die Massentests durchführen.
Kommt eine Verkürzung der Quarantäne in Frage?
«Die Schweizer Quarantäne beträgt nur 10 Tage und ist so bereits eine Verkürzung. Wir sind aber daran, Alternativen zu prüfen», sagt Virgine Masserey. Bislang habe man noch keine andere Lösung gefunden.
Warum kommt die Impfung nicht dieses Jahr?
Einige Länder erwarten noch in diesem Jahr die erste Lieferung an Dosen eines Corona-Impfstoffs. In der Schweiz braucht es laut Virgine Masserey jedoch noch eine Prüfung durch die Swissmedic, bevor ersten Patienten geimpft werden können. «Damit kann frühestens Mitte Januar oder im ersten Quartal gerechnet werden.» Wann die erste Lieferung der Dosen erwartet wird, kann Masserey nicht sagen.
«Wir machen so schnell wie möglich, wahrscheinlich wird es aber erst im Verlauf des ersten Halbjahrs 2021 eine Impfung geben», sagte Masserey.
Plant der Bund ein Back-Tracing?
Nun können die anwesenden Journalisten den Experten ihre Fragen stellen. Gemäss Rudolf Hauri läuft das Contact-Tracing aktuell gut. «Ein Back-Tracing ist derzeit nicht geplant.»
«Das erste Etappenziel ist geschafft»
Martin Ackermann, Chef der Covid-Tasforce, spricht nun über den sogenannten R-Wert. «Wir haben Etappenziele vorgelegt, nach denen sich die Fallzahlen alle zwei Wochen halbieren sollen», erklärt Ackermann. Aus dem R-Wert könne man berechnen, wie schnell die Fallzahlen ansteigen oder sinken. «Es ist erfreulich zu sehen, dass wir tatsächlich gesamtschweizerisch bei einem R-Wert von 0,78 stehen.»
Die Task-Force rechne damit, dass sich die Fallzahlen aktuell wirklich etwa alle zwei Wochen halbieren. «Das erste Etappenziel ist geschafft.»
Gemäss Ackermann gibt es vor allem in der Westschweiz — wo einige Kantone strengere Corona-Massnahmen verfügen — einen schnelleren Rückgang der Fallzahlen. «Je tiefer der R-Wert sinkt, desto mehr Luft haben wir, die Neuinfektionen zu behandeln und das Spitalpersonal zu entlasten.»
«Die Impfung wird nicht vor Weihnachten kommen»
Gemäss Hauri ist ein aktuelles Problem, dass sich in der Schweiz zu wenig Personen auf das Coronavirus testen lassen. Dies gefährde auch die Festtage.
Der Zuger Kantonsarzt stellt aber eine Lockerung der Corona-Massnahmen im Hinblick auf die Festtage in Aussicht. «Sofern die Massnahmen weiterhin anschlagen», präzisiert er.
Familien könnten sich laut Hauri in den Festtagen etwas Sicherheit schaffen, in dem sich die Familienmitglieder vor den Besuch der Grosseltern in eine Selbstquarantäne begeben, eine Maske tragen oder auf das Singen verzichten.
«Die Impfung wird nicht vor Weihnachten kommen», erklärt Hauri seine Vorschläge. Man könne aber eine Grippeimpfung machen lassen, sofern wieder genügend Dosen vorhanden sein werden.
«Es wurde eine leichte Abnahme der Fälle verzeichnet»
Der Zuger Kantonsarzt Rudolf Hauri spricht. «Es wurde eine leichte Abnahme der Fälle verzeichnet, dies ist erfreulich», sagt Hauri. Doch jetzt dürfe nicht nachgelassen werden.
Mit den kalten Temperaturen steigt laut dem Zuger Kantonsarzt auch die Anzahl der Unfälle. Hauri spricht als Beispiel von Personen, die auf dem Eis ausrutschen. «Um die Spitäler mit den Unfallverletzten und den Corona-Patienten vor einer Überlastung zu schützen, müssen wir die Fallzahlen weiterhin senken.»
«Schnelltests können auch bei Infektionsherden eingesetzt werden»
Masserey sagt, es müsse nach wie vor bei jeglichen Krankheitssymptomen getestet werden. Sie verweist auch auf den Online-Check des BAG. Sie appelliert erneut, die Sicherheitsmassnahmen einzuhalten: Kontakte reduzieren, Maske anziehen, Abstand halten und Hände waschen.
«Schnelltests können auch bei Infektionsherden eingesetzt werden, um herauszufinden, wer infiziert ist und wer nicht», sagt Masserey. «Auch in Alters- und Pflegeheimen können sie verwendet werden.»
«Aktuell gibt es noch immer 260 freie Intensiv-Betten»
Die Pressekonferenz beginnt. Virginie Masserey vom BAG übernimmt als Erste das Wort. Sie erläutert noch einmal die aktuellen Fallzahlen. In den letzten 14 Tagen gab es in der Schweiz 12 Corona-Todesfälle auf 100'000 Personen. Das sind gleich viele wie in Frankreich. «Im Vergleich zu den aktuellen Fällen ist die Zahl der Todesfälle relativ tief. Das zeigt, dass die Qualität der Pflege hierzulande sehr gut ist», sagt Masserey.
Die Zahl der Patienten, die auf der Intensivstation behandelt werden müssen, habe sich stabilisiert. «Aktuell gibt es noch immer 260 freie Betten auf den Intensivstationen.» Dennoch sei die Situation in den Spitälern und medizinischen Einrichtungen besorgniserregend, fügt Masserey hinzu.
Auch in den Alters- und Pflegeheimen habe sich die Lage stabilisiert. Masserey fordert deshalb, dass Besuche in Pflegeheimen «unter entsprechenden Massnahmen» wieder erlaubt werden.
Diese Experten informieren heute
Ab 14 Uhr informieren die Experten und Amtschefs des Bundes über die aktuelle Situation der Corona-Pandemie in der Schweiz. Bei der Pressekonferenz geben folgende Personen Auskunft über die Corona-Lage:
Virginie Masserey, Leiterin Sektion Infektionskontrolle des BAG
Dora Makausz, Leiterin Ressort Querschnittleistungen, SECO
Martin Ackermann, Präsident, National COVID-19 Science Task Force
Rudolf Hauri, Kantonsarzt Zug, Präsident der Vereinigung der Kantonsärztinnen und Kantonsärzte
BAG meldet 4241 Neuinfektionen
In der Schweiz und in Liechtenstein sind dem Bundesamt für Gesundheit (BAG) innert 24 Stunden 4241 neue Coronavirus-Ansteckungen gemeldet worden. Zudem registrierte das BAG gemäss einer Mitteilung vom Dienstag 142 neue Todesfälle und 238 Spitaleintritte.
Die Posititivitätsrate für die vergangenen zwei Wochen lag bei 22,2 Prozent. Im gleichen Zeitraum wurden pro 100'000 Einwohnerinnen und Einwohner 741 laborbestätigte Coronavirus-Infektionen gemeldet. Getestet wurden in den 14 Berichtstagen 64'031 Personen.
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Seit Beginn der Pandemie gab es insgesamt 325'562 laborbestätigte Fälle von Ansteckungen mit dem Coronavirus, wie das BAG mitteilte. Insgesamt 12'129 Personen mussten wegen einer Covid-19-Erkrankung im Spital behandelt werden. Die Zahl der Todesopfer im Zusammenhang mit Covid-19 stieg gemäss BAG auf 3930, 1040 davon allein in den letzten 14 Tagen.
In der Schweiz und in Liechtenstein wurden bisher 2'592'950 Tests auf Sars-CoV-2, den Erreger der Atemwegserkrankung Covid-19, durchgeführt. Gegenüber Montag wurden dem BAG 20'794 neue Tests gemeldet.
Aufgrund der Kontakt-Rückverfolgung waren am Dienstag nach Angaben des BAG 32'919 Personen in Isolation und 31'153 Menschen standen unter Quarantäne. Zusätzlich waren 276 Heimkehrerinnen und Heimkehrer aus Risikoländern in Quarantäne.
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Ausgangslage
Das Bundesamt für Gesundheit (BAG) hat eine neue Strategie zur Bekämpfung der Coronavirus-Pandemie entwickelt. Wird bei einer bestimmten Gruppe ein positiver Fall festgestellt, soll künftig die gesamte Gruppe mit Schnelltests getestet.
Die neue Strategie werde «in den kommenden Wochen umgesetzt», sagte BAG-Sprecher Daniel Dauwalder am Sonntag gegenüber der Nachrichtenagentur Keystone-SDA und bestätigte damit Informationen aus der «NZZ am Sonntag». Er nannte als Beispiele Schulen oder Heime, sagte aber nichts über weitere potenzielle Zielgruppen.
Laut Dauwalder wird damit die Suche nach Infektionsherden verbessert. Die Strategie könne erst jetzt umgesetzt werden, da zuvor die Schnelltests eingeführt werden mussten.
Kontroverse über angebliche Pandemie-Versäumnisse im Sommer
Mögliche Versäumnisse bei der Handhabung der Corona-Pandemie im Sommer haben eine Kontroverse ausgelöst. Die Behörden bestreiten Unterlassungen im Vorfeld der zweiten Welle. Laut Epidemiologen wurden dagegen klare Warnhinweise übersehen. Der WHO-Sondergesandte für Covid-19 warnte gar vor einer dritten Welle in der Schweiz.
BAG-Direktorin Anne Lévy hat sich am Wochenende in einem Interview mit dem «Sonntagsblick» zuversichtlich gezeigt, «dass wir momentan in die richtige Richtung gehen». Es sehe nach einer Trendwende aus. Sie sei vorsichtig optimistisch.
Gestützt wird diese Einschätzung von der Entwicklung der sogenannten Reproduktionszahl (R-Wert). Die neusten, von der ETH Zürich online veröffentlichten provisorischen Werte liegen im schweizerischen Durchschnitt bei 0,78, in der Westschweiz sogar deutlich darunter. Die «Sonntagszeitung» hatte zuerst darüber berichtet.
Gleichzeitig bestritt die neue Chefin des BAG, dass die Schweiz zu wenig vorbereitet gewesen sei auf die zweite Welle. Man habe gewusst, dass eine zweite Welle komme und dass diese vermutlich heftiger sein werde als die erste.
Vom Ausmass überrascht
Die zweite Welle habe die Schweiz nicht unvorbereitet getroffen. Im Sommer hätten die Kantone sowohl das Contact Tracing als auch die Testkapazitäten ausgebaut. Niemand habe jedoch damit gerechnet, dass die Zahlen so schnell ansteigen würden.
Es sei in diesem Sommer legitim gewesen, «ein positives Szenario zuzulassen», stimmte auch Lukas Engelberger, Präsident der kantonalen Gesundheitsdirektoren (GDK), dieser Einschätzung in einem Interview mit der «Sonntagszeitung» zu.
Widerspruch dazu gab es am Wochenende von der Epidemiologin Emma Hodcroft von der Universität Bern und David Nabarro, dem Sondergesandten der Weltgesundheitsorganisation WHO im Kampf gegen Covid-19. Hodcroft sagte gegenüber der Zeitung «Le Matin Dimanche»: «Der langsame Anstieg der Fallzahlen im Juni und Juli hätte uns alarmieren müssen.» Das seien schleichende Anzeichen gewesen, an die man sich aber gewöhnt habe.
Nabarro erklärte in einem Interview mit den CH Media-Medien vom Samstag, die Schweizer Behörden hätten es verpasst, in den Sommermonaten die nötige Infrastruktur aufzubauen, nachdem sie die erste Welle unter Kontrolle gebracht hatten. Die Folge sei die zweite Welle. Wenn man jetzt nicht handle, werde man Anfang 2021 die dritte Welle haben.
Die Länder Ostasiens hätten klar gezeigt: wenn man die Fallzahlen hinuntergebracht habe wie im Sommer, lockere man die bisherigen Massnahmen nicht. «Man wartet, bis die Fallzahlen tief sind und tief bleiben», so Nabarro. Erst müsse man vorbereitet sein, um künftige Ausbrüche zu stoppen.
Maurer sticht in Wespennest
Hoch gingen die Wogen am Wochenende – vor allem in den sozialen Medien – auch im Zusammenhang mit einer Aussage von Bundesrat Ueli Maurer in der «Samstagsrundschau» von Schweizer Radio SRF. Er hatte sich dort unter anderem auch zur hohen Zahl der Todesopfer in der zweiten Welle geäussert.
Er wies den Vorwurf zurück, die Corona-Krise sei diesbezüglich aus dem Ruder gelaufen. «Wir sind bewusst dieses Risiko eingegangen, weil wir eine Güterabwägung gemacht haben.» Die Gesundheit sei zwar unbestritten wichtig, aber auch die Wirtschaft müsse leben und ein gesellschaftliches Leben müsse ebenso möglich sein. «Der Weg, den wir eingeschlagen haben, stimmt für mich.»
Dass man ältere Menschen opfere, um die Wirtschaft am Laufen halten zu können, wies auch BAG-Direktorin Lévy zurück. Die Schweiz stehe nicht wesentlich schlechter da als das europäische Ausland. Aber jeder verfrühte Todesfall sei «einer zu viel, sehr tragisch und muss verhindert werden».
Auch GDK-Präsident Engelberger räumte ein, er könne sich vorstellen, «dass wir es dem Schwelbrand im Sommer zu einfach gemacht haben, indem wir zu sehr gelockert haben». Es sei aber noch zu früh, um das beurteilen. Man wisse noch nicht, ob es die Schweiz am Schluss wirklich schlimmer treffe.
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