Unterschätztes HausmittelGurgeln und Nasenduschen vertreiben Viren
Einfache Massnahmen wie den Rachen und die Nasenhöhlen spülen können gegen Covid und Erkältungen helfen. Das bestätigt nun die Wissenschaft.
Gerade aus der Arztpraxis nach Hause gekommen – und nun ein schlechtes Gefühl: Hätte man vielleicht doch besser eine Maske aufgesetzt, wo im Wartezimmer so viel gehustet und geschnieft wurde? In diesem Moment kann Gurgeln die Lösung sein, wie eine neue Studie nahelegt.
Gurgeln gegen Viren wurde in der Pandemie immer wieder als Strategie gegen Infektion und Krankheit diskutiert. Manche Firmen brachten Mundspüllösungen und Nasensprays auf den Markt, um Viren im Nasen-Rachen-Raum den Garaus zu machen.
Eine einfache Salzlösung reicht aber schon, wie die neue Studie zeigt, die auf dem Kongress des American College of Allergy, Asthma and Immunology (Acaai) in Kalifornien vorgestellt wurde. Für sie hatten Mediziner und Medizinerinnen aus Boston, Houston und einer texanischen Stadt mit dem schönen Namen Sugar Land zwischen 2020 und 2022 exakt 58 Testpersonen dazu angehalten, 14 Tage lang täglich viermal ihre Nase zu spülen und mit Salzlösung zu gurgeln. Alle hatten sich gemäss PCR-Test bereits mit dem Coronavirus Sars-CoV-2 angesteckt.
Weniger hospitalisierte Nasenduscher
Tatsächlich kamen die Testpersonen erheblich seltener wegen Covid-19 ins Krankenhaus als die rund 9400 nicht gurgelnden Corona-Infizierten der Vergleichsgruppe. Nur rund jeder fünfte Gurgler musste im Krankenhaus behandelt werden, unter den ähnlich alten und vorerkrankten Vergleichspersonen, bei denen die Rate der Geimpften zudem identisch war, waren es 59 Prozent. Dabei spielte die Konzentration der Salzlösung keine Rolle: Die Hälfte der gurgelnden Probanden löste etwa 1,8 Gramm Kochsalz in 200 Milliliter warmem Wasser auf, die andere etwa fünf Gramm. Beiden Gruppen erging es ähnlich.
Gurgeln gegen Corona wurde bereits schon früh in der Pandemie empfohlen. Zum Beispiel Thomas Rosemann, Direktor des Instituts für Hausarztmedizin der Universität Zürich, sagte Anfang 2021 dieser Zeitung: «Fünf Minuten mit einer Kochsalzlösung gurgeln reduziert signifikant grippale Infekte und wirkt wahrscheinlich auch gegen Sars-CoV-2.»
Auch die Deutsche Gesellschaft für Krankenhaushygiene (DGKH) sprach sich für das Gurgeln aus. Infrage kommen demnach grüner Tee, Granatapfelsaft, Mundwasser, iodhaltige Lösung, wie sie auch in Zahnarztpraxen zur Senkung des Infektionsrisikos genutzt wird, und eben auch Kochsalzlösung.
Um eine Infektion zu verhindern, sollte man möglichst direkt nach einer kritischen Situation gurgeln.
«Salzwasser wirkt virulenzmindernd», sagt Peter Walger vom Vorstand der DGKH. Das ergebe sich zum einen aus dem reinen Spüleffekt durch die Flüssigkeit, zum anderen aber auch aus der Viren abtötenden Wirkung des Salzes. «Allerdings kann das Gurgeln immer nur gegen die Viren auf der Oberfläche helfen, nicht gegen jene, die schon in die Zellen eingedrungen sind», sagt Walger.
Um eine Infektion zu verhindern, sei es deshalb sinnvoll, möglichst direkt nach einer kritischen Situation zu gurgeln. Die positive Wirkung auf die Schwere des Krankheitsverlaufs ergibt sich dabei ebenfalls aus der Reduktion der Virenlast. Denn je mehr Viren neue Zellen befallen, desto schwerer verläuft eine Infektion im Durchschnitt.
«Antiseptisches Gurgeln und nasale Antiseptik sind zu Unrecht in Vergessenheit geratene simple Präventionsmassnahmen», betont die DGKH in ihren Statements. Gurgeln sei lange Zeit zur Verringerung von Infektionen der oberen Atemwege und zur Behandlung bakterieller und viraler Infektionen auch bei Halsentzündungen und Erkältungen eingesetzt worden, aber leider «aus der Mode gekommen».
Prädestiniert für die Virenabwehr
Dabei war schon während der Spanischen Grippe vor gut 100 Jahren bekannt, dass es hilft: Der Reichsgesundheitsrat empfahl es als Präventionsmassnahme. Und in der DDR sei Schulkindern beim Eintritt ins Sommerferienlager empfohlen worden, mit verdünnter Kaliumpermanganat-Lösung zu gurgeln.
Auch in Japan und Korea habe tägliches Gurgeln zur Infektionsprävention respiratorischer Infektionen eine lange Tradition. «2009 wurde das Gurgeln vom japanischen Ministerium für Gesundheit, Arbeit und Wohlfahrt verstärkt während der H1N1-Schweinegrippe-Pandemie propagiert und wird erneut seit der Covid-19-Pandemie ausdrücklich der Bevölkerung zur täglichen Durchführung empfohlen», so die DGKH.
Ob allerdings nun tägliches Spülen und Gurgeln ohne konkreten Anlass auf Dauer angeraten ist, um sich keine Keime einzufangen, ist in der Fachwelt umstritten. Zwar vertreibt das Spülen die Erreger von den Schleimhäuten. Die Frage ist aber, ob man da wirklich gar keine Keime haben will: «Coronaviren auf den Schleimhäuten führen zur Schleimhautimmunität», sagt Peter Walger. Ebendiese erreicht man bisher nur durch natürliche Viren, denn die Corona-Impfungen, die noch nicht als Nasenimpfstoffe erhältlich sind, führen nur zur Antikörperantwort im Blut. Die Immunreaktion in den Schleimhäuten ist aber anders – andere Antikörper, anderer Ort.
Doch die Schleimhäute sind für die Virenabwehr prädestiniert, denn durch Nase und Mund gelangen Atemwegserreger nun einmal in den Körper.
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