Schweizer Geldgeber der SignaBericht zeigt: Bündner Bank hat Benko weiteren Kredit gewährt
Bei der Kreditvergabe an die Signa soll alles korrekt abgelaufen sein. Der Untersuchungsbericht entlastet zwar den Bankpräsidenten, fördert allerdings einen weiteren Kredit zutage.
Einen Monat hat sich die Bank Zeit gelassen. Jetzt hat die Graubündner Kantonalbank (GKB) den Untersuchungsbericht zur Kreditvergabe an die Signa Gruppe und zum Verhalten ihres Präsidenten Peter Fanconi veröffentlicht.
Der Bericht der Prüfgesellschaft EY sieht keine Verfehlungen seitens der Bank oder ihres Präsidenten. EY förderte dabei allerdings noch einen weiteren, bislang unbekannten Kredit der GKB an die insolvente Signa-Gruppe des österreichischen Immobilienmagnaten René Benko zutage.
Neben dem Kredit von 60 Millionen Franken für die Globus-Filiale an der Zürcher Bahnhofstrasse gewährte die Bank René Benko im Oktober 2021 noch einen weiteren unbesicherten Kredit in Höhe von drei Millionen Euro. Dieser ging an eine nicht näher bezeichnete Signa-Gesellschaft. Aufgrund der Insolvenz der Signa-Gruppe musste ihn die Bank komplett wertberichtigen, wie es weiter heisst. Im Klartext bedeutet dies, dass sie die drei Millionen Euro verloren hat.
Beim Globus-Engagement beteiligte sich die GKB mit mehreren Kantonalbanken an einem Konsortialkredit in Höhe von 550 Millionen Franken. Kredite sprachen unter anderem die Aargauische, die Walliser und die Obwaldner Kantonalbank – und eben auch die GKB in Höhe von 60 Millionen Franken. Sämtliche Zinszahlungen seien gemäss EY fristgerecht erfolgt, zuletzt Ende März 2024. Das aktuelle Engagement betrage noch 58,3 Millionen Franken.
Kein Fehlverhalten von Fanconi
«Der Prüfungsbericht bestätigt die Ordnungsmässigkeit der Kreditvergaben und stuft die Kreditpolitik der Bank als konservativ sowie das Kreditbuch als gesund ein», heisst es in dem Bericht. Zudem habe die GKB im Sommer/Herbst 2023 eine Ausweitung der Geschäftsbeziehung mit der Signa und ihren Gesellschaften explizit abgelehnt. Damals war die finanzielle Schieflage von Benko allerdings bereits bekannt.
Kein Fehlverhalten sieht der Bericht auch beim persönlichen Verhalten von Bankpräsident Peter Fanconi. Die «SonntagsZeitung» hatte berichtet, dass er René Benko bei der Kreditsuche in der Schweiz behilflich war. Das zeigten E-Mails, die dieser Redaktion vorliegen. Eine davon ging im Dezember 2020 an Fanconi. «Lieber Peter», schreibt Benko, «danke für Deine Unterstützung und Deine Bereitschaft, uns in die Welt der Kantonalbanken einzuführen. Schätze ich sehr. Herzliche Grüsse. Dein Rene».
Konkret ging es Benko um die Ablöse des Globus-Kaufkredits, der zu einem Teil durch die Privatbank Julius Bär finanziert worden war. Dazu sprach Signa auch bei den Kantonalbanken vor, diese wurden neben der Privatbank Julius Bär zu den wichtigsten Geldgebern in der Schweiz.
Fanconis Sprecher sagte damals zur «SonntagsZeitung», dass es «zu keinem Zeitpunkt Unterstützungsdienstleistungen von Peter Fanconi für Herrn Benko» gegeben habe.
Dies wird nun von dem EY-Bericht gestützt: «Die Mitglieder des Bankrats waren im Kreditbewilligungsprozess nicht involviert, und es gibt aufgrund der vorliegenden Unterlagen auch keine Hinweise, dass der Präsident des Bankrats bzw. der Bankrat auf die Entscheide Einfluss genommen hat.»
Allerdings holte Fanconi für den Signa-Kredit nicht nur andere Kantonalbanken an Bord, er war auch selbst Investor bei Signa Prime, und zwar über ein sogenanntes Genussrecht. Dieses beteiligt Gläubiger an Unternehmensgewinnen. Fanconis Sprecher erklärte dazu, dass es sich um eine «öffentlich zugängliche Anlagemöglichkeit» gehandelt habe. Darüber hinaus kommentiere Fanconi prinzipiell nicht seine privaten Investments.
Unabhängigkeit des Berichts ist fraglich
Die GKB darüber informiert hat er jedoch offenbar nicht. Der Bericht befindet: «Die drei privaten Investments des Präsidenten des Bankrats erreichten weder einzeln noch kumulativ den bankintern festgelegten Schwellenwert für eine Offenlegungs- und Meldepflicht.» Sie mussten also gar nicht offengelegt werden und wurden daher im Rahmen der Kreditvergabe nicht berücksichtigt, wie EY weiter schreibt. Die Kreditentscheidungen seien daher nicht davon beeinflusst. Das Reglement der Kantonalbank sieht vor, dass allfällige Mandate oder Beteiligungen erst ab einer Schwelle von 20 Prozent zu melden sind.
Im Anschluss an die Berichterstattung der «SonntagsZeitung» leitete der Bankrat der GKB Mitte März eine externe Untersuchung ein. Auch wenn der vorliegende Bericht alle Parteien entlastet, bleiben Fragen zur Unabhängigkeit der Untersuchung offen.
Denn die externe Untersuchung wurde vom Beratungsunternehmen EY durchgeführt. Dieses ist allerdings bereits die ordentliche Revisionsstelle der GKB.
«Die ordentliche Revisionsstelle einer Bank ist nicht unabhängig, wenn es um eine ausserordentliche externe Untersuchung geht», sagt Monika Roth, Wirtschaftsjuristin und Compliance-Expertin. Denn die Revisionsstelle steht mit der Bank in einem Auftrags- und Vertrauensverhältnis. Sie macht die finanzielle und die aufsichtsrechtliche Prüfung und wird von der Bank dafür bezahlt. Roth hält es daher für wenig überzeugend, wenn eine Bank, wie in diesem Fall die GKB, in so einer Angelegenheit ihre ordentliche Revisionsstelle für die spezielle Untersuchung heranzieht.
Denn: «Revisionsstellen legen sich ungern mit ihren Kunden an, weil ihr Auftragsvolumen entscheidend ist», sagt die Juristin. Dies auch, weil Bankmandate lukrativ sind. Sie seien unter den zugelassenen Revisionsfirmen hart umkämpft. Eine externe Anwaltskanzlei oder eine andere Beratungsfirma wäre hier ein «unabhängiger Garant» für diese Untersuchung, sagt Roth.
Die Vergabe des Millionenkredits der GKB sorgte im Kanton Graubünden für Wirbel. Insbesondere die SVP kritisierte die Kantonalbank und ihren Präsidenten. Walter Grass, Fraktionspräsident der SVP Graubünden, ist nun zwar beruhigt, dass die Prozesse der Kreditvergabe laut Bericht richtig abgelaufen sind und für Kundschaft und Kanton demnach keine erkennbaren Risiken bestehen.
Doch er bemängelt, dass der Bericht zu wenig in die Tiefe gehe, da eine forensische Untersuchung nicht stattgefunden habe. «Wir erwarten von der Regierung, dass sie selbst eine externe Untersuchung einleitet, um das Verhältnis von Peter Fanconi zu René Benko zu beleuchten», sagt Grass.
Im Zusammenhang mit der externen Untersuchung hat die SVP nun Fragen an die Kantonsregierung eingereicht, die diese in der kommenden Woche in der Fragestunde des Grossen Rates zu beantworten hat. Dabei geht es um die Frage, als wie seriös es die Kantonsregierung erachtet, wenn die Untersuchung von EY durchgeführt wird, und wie die Regierung zu den weiteren Engagements von Peter Fanconi im Finanzsektor steht.
Ganz ohne Konsequenzen soll die Kreditvergabe der GKB dennoch nicht bleiben. EY hält in dem Bericht fest: «Angesichts der zunehmenden Sensibilität im Umgang mit potenziellen Interessenskonflikten erachten wir eine Überprüfung der bestehenden Regelungen als angebracht». Bei «bedeutenden oder stärker risikobehafteten» Geschäften sollen potenzielle Interessenskonflikte in Zukunft systematischer identifiziert und beurteilt werden können.
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