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Signa-Netzwerk in der Schweiz
Wie ein bekannter Bündner Banker René Benko bei der Kreditsuche half

Peter A. Fanconi, Präsident des Verwaltungsrates der EFG International AG, am Mittwoch (29.04.21) im Rahmen eines Interviews am Sitz der Privatbankengruppe in Zürich. Foto: Markus Forte/Ex-Press
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René Benko hatte für seinen Gast alles vorbereitet: Drei Nächte im Hotel seien reserviert, und sein Schweizer Hoteldirektor werde sich persönlich um alles Weitere kümmern, schrieb der österreichische Immobilientycoon in einer Mail im Jahr 2020. Der Angesprochene war sichtlich erfreut: «Wir freuen uns auf drei Tage Auszeit!» Und er bedankt sich bei Benko, «dass Du Dich persönlich so bemüht hast».

Das Hotel «Villa Eden» besteht aus mehreren Villen, jede von einem Stararchitekten entworfen. Es gibt Butler, Gourmetessen und einen eigenen Helikopterlandeplatz. In den Genuss der «drei Tage Auszeit» sollte im Herbst vor dreieinhalb Jahren Peter Fanconi kommen, der Präsident der Graubündner Kantonalbank (GKB). Ein Sprecher Fanconis bestätigt heute dieser Redaktion die damalige Reise des Bankers an den Gardasee: Fanconi habe den Aufenthalt «nachweislich selbst bezahlt. Er hat nie irgendwelche geldwerten Vorteile oder andere Vorteile erhalten.»

Der Inhalt der Mail deutet jedoch auf ein Verhältnis zwischen dem Schweizer Banker und dem Immobilien-Milliardär hin, das nicht rein geschäftlich, sondern durchaus auch persönlich war.

Einführung in die Welt der Kantonalbanken

Benko pflegte die Beziehung zum gut vernetzten Banker offenbar auch, um einfacher an Kredite von Schweizer Kantonalbanken zu kommen. Das zeigen verschiedene Mails, die dieser Redaktion vorliegen. Eine davon ging im Dezember 2020 an Fanconi. «Lieber Peter», schreibt Benko, «danke für Deine Unterstützung und Deine Bereitschaft, uns in die Welt der Kantonalbanken einzuführen. Schätze ich sehr. Herzliche Grüsse. Dein Rene.»

Benkos Signa-Gruppe war wenige Monate zuvor in den Schweizer Markt eingestiegen. Im Verbund mit der Central Group aus Thailand hatte sie 2020 der Migros die Globus-Warenhäuser abgekauft.

Nun wollte Benko den Globus-Kaufkredit, der zu einem Teil durch die Privatbank Julius Bär finanziert worden ist, ablösen, wie E-Mails zeigen. Dazu sprach Signa auch bei den Kantonalbanken vor.

Um mit dafür relevanten Personen einfacher in Kontakt zu kommen, hoffte Benko auf das Netzwerk von Peter Fanconi. Und er wurde offenbar nicht enttäuscht: Im Januar 2021 informiert Benko Fanconi über die vollständige Refinanzierung des Kredits von Julius Bär. «Für die Langfristfinanzierung konnten wir viele Schweizer Kantonalbanken gewinnen.»

Abermals bedankte sich Benko in einer Mail bei Fanconi für dessen unterstützende Präsenz im Hintergrund: «Ohne Dein ‹Backing› in Deinem Kantonalbank-Netzwerk wäre das nicht so einfach möglich gewesen – das weiss ich sehr zu schätzen.» Fanconis Sprecher entgegnet, dass diese Unterstellung falsch sei: «Es gab zu keinem Zeitpunkt Unterstützungsdienstleistungen von Peter Fanconi für Herrn Benko.»

Luxushotel «Villa Eden» von René Benkos Signa am Gardasee. Peter Fanconi verbrachte hier «drei Tage Auszeit». Er habe den Aufenthalt «nachweislich selbst bezahlt», sagt sein Sprecher.

Der Zeitpunkt stimmt mit der Bilanz der Globus-Filiale an der Zürcher Bahnhofstrasse von 2022 überein. Hier ist eine Finanzierung mit Start Januar 2021 über rund 550 Millionen Franken aufgeführt. An diesem sogenannten Konsortialkredit unter der Führung der Credit Suisse haben sich auch mehrere Kantonalbanken beteiligt.

Die Staatsbanken wurden so neben der Bank Bär zu den wichtigsten Geldgebern von Benko in der Schweiz. Fanconis Sprecher antwortet, dass Fanconi die Möglichkeit der Finanzierung einer erstklassigen Liegenschaft zugetragen worden sei: «Peter Fanconi hat für dieses Geschäft einige wenige Kontakte hergestellt.» Alles darüber hinaus seien ebenfalls falsche Unterstellungen.

Dass sich Benko und Fanconi auch privat offenbar gut verstanden, zeigt ein im Winter 2021 erschienener Artikel im Gourmet-Magazin des Starkochs Andreas Caminada: Darin sprechen Benko und Fanconi gemeinsam über «Genuss, Nachhaltigkeit und Reichtum». Die beiden Männer seien «kollegial verbunden» und tauschten sich regelmässig über «Geschäftliches und Privates» aus, heisst es im Einstieg des Interviews. «Zwischen uns besteht ein Grundvertrauen, das Zwischenmenschliche stimmt, wir schätzen uns gegenseitig, und bodenständige Menschen beeindrucken mich sowieso», lässt sich Benko zitieren.

Fanconis Sprecher erklärt hingegen: «Es entstand eine lose Bekanntschaft, wie in Geschäftskreisen üblich. Eine freundschaftliche Beziehung bestand nicht.» René Benko sei Fanconi «vor einigen Jahren anlässlich eines Geschäftsanlasses vorgestellt worden». Heute habe Fanconi keinen Kontakt mehr zu Benko.

René Benko und Peter Fanconi im Doppelporträt 2021 im Gourmetmagazin «Caminada»

Ein Blick in Fanconis Vita zeigt, wie gut er in der Welt der Banken vernetzt ist: Bereits in jungen Jahren gründete er ein Beratungsunternehmen, das sich auf die Finanzindustrie fokussierte. Später war er Vizepräsident der Deutschen Bank Schweiz und Mitglied des Verwaltungsrats der Liechtensteinischen Landesbank. Er leitete das Privatkundengeschäft bei Vontobel und amtete als Präsident des Verwaltungsrats der Private-Banking-Gruppe EFG International.

Heute ist er zusätzlich zu seiner Tätigkeit als Präsident bei der GKB auch Präsident von Blue Orchard, laut eigenen Angaben einer der führenden Vermögensverwaltungsgesellschaften im Bereich Impact Investing.

Zudem war Fanconi auch selbst über Genussrechte auf Signa-Prime-Aktien investiert, wie aus einer Mail aus dem Jahr 2020 hervorgeht. Ein Genussrecht beteiligt Gläubiger an Unternehmensgewinnen. Um seine Transparenzpflicht korrekt zu erfüllen, erkundigte sich Fanconi, in welches «Vehikel» er genau investiert sei. Benko schreibt Fanconi, die Beteiligung sei sehr gering: «Du kannst aber gerne erwähnen, dass du in Signa Prime investiert bist.»

Bei diesem Investment handle es sich «um eine öffentlich zugängliche Anlagemöglichkeit», sagt Fanconis Sprecher: «Darüber hinaus kommentiert Peter Fanconi prinzipiell keine privaten Investments öffentlich.»

Signa bekam 73 Millionen von der Aargauer Kantonalbank

Signas Werben um die insgesamt 24 Kantonalbanken war bei einigen letztendlich von Erfolg gekrönt: Die Finanzinstitute haben insgesamt einen dreistelligen Millionenbetrag investiert. In den vergangenen Wochen haben Aargauische, Walliser, Obwaldner sowie die Zürcher Kantonalbank (ZKB) ihre Verpflichtungen offengelegt.

Bei der Aargauer Kantonalbank sind es insgesamt 73 Millionen Franken von den Filialen in Zürich und Bern. Während die Filiale in Bern direkt einen Kredit von 25 Millionen Franken gab, beteiligte sie sich in Zürich am Konsortialkredit für den Globus an der Bahnhofstrasse. Die beiden anderen Kantonalbanken beteiligten sich mit je 24,3 Millionen Franken ebenfalls daran.

Die ZKB hat der Signa ebenfalls einen Kredit im Umfang von rund elf Millionen Franken gegeben. Die Bilanz des Globus-Provisoriums in Basel zeigt, dass die Basler Kantonalbank (BKB) eine Hypothek in der Höhe von sieben Millionen Franken auf die Liegenschaft abgeschlossen hat. Der Kredit lief Anfang Januar 2024 aus. Ob er zurückgezahlt wurde, ist nicht bekannt. Die BKB äussert sich auf Anfrage nicht zu tatsächlichen oder möglichen Kundenbeziehungen.

Andere Finanzinstitute haben ihre Verpflichtungen dagegen nicht öffentlich gemacht. So soll die Graubündner Kantonalbank Signa mit rund 60 Millionen Franken finanziert haben, wie aus der Gläubigerliste hervorgeht. Zudem hat sie laut der österreichischen Zeitung «Der Standard» gegenüber der insolventen Immobiliensparte Signa Prime auf Basis einer Garantie Forderungen von etwas mehr als drei Millionen Euro angemeldet. Die Bank will sich auf Anfrage nicht dazu äussern.

Julius Bär musste 600 Millionen Franken abschreiben

Die Signa-Gruppe ist mittlerweile zu einem grossen Teil insolvent. Auch Benko selbst meldete am Donnerstag Insolvenz an. Doch das Risiko, dass sie ihre Gelder nicht mehr zurückbekommen, schätzen die Staatsbanken als gering ein.  Angaben der Finanzinstitute zufolge sind die Kredite mit Immobilien an hochwertigen Lagen abgesichert. Sie haben daher auch noch keine Wertberichtigungen vorgenommen – im Gegensatz zu Julius Bär, die wegen schlechter Sicherheiten rund 600 Millionen Franken abschreiben musste.

Ob die Immobilien ihren Wert halten können, ist fraglich. Immer wieder hat Signa in der Vergangenheit nach dem Kauf die Bewertung von Immobilien künstlich in die Höhe getrieben. Müssten die Kantonalbanken doch noch einen Teil ihrer Kredite abschreiben, tragen schlussendlich die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler die Risiken.

Wie viele Schweizer Banken Benkos Firmen schlussendlich einen Kredit gewährten, bleibt offen. Nicht alle, die damals angefragt wurden, haben zugesagt. Möglicherweise ist die Geschäftsbeziehung in der Zwischenzeit auch bereits wieder beendet worden. So sollte etwa auch die Thurgauer Kantonalbank für den Konsortialkredit gewonnen werden. Das zeigt die E-Mail eines hochrangigen Managers der GKB: Er berichtet, wie er die Thurgauer an Bord holen will. Fanconi ist in der Mail einkopiert und leitet diese an René Benko weiter. Ob ein Geschäft zustande gekommen ist, ist unklar. Die Bank schreibt auf Anfrage, sie könne wegen des Bankkundengeheimnisses mögliche Kundenbeziehungen weder bestätigen noch verneinen. 

Im Mailverkehr erwähnt wird auch die St. Galler Kantonalbank (SGKB): So schrieb Benko im September 2020 an Fanconi, die St. Galler Kantonalbank habe den Kredit für das Haus in St. Gallen «final bereits genehmigt». Ob die Finanzierung tatsächlich zustande gekommen ist, ist unklar. 2022 hat Signa die Liegenschaft an der Multorgasse 47 in St. Gallen wieder verkauft. Auf Anfrage verneint die SGKB ein Kreditverhältnis mit der Signa-Gruppe. 

Auch wenn letztendlich nicht alle anvisierten Kantonalbanken bereit waren, einen Kredit zu sprechen, schien Benko Fanconis Unterstützung durchaus geschätzt zu haben. Seine Danksagung in der E-Mail vom Dezember 2020 beendet Benko mit den Worten: «Wenn immer wir in Österreich oder Deutschland Dir mal behilflich sein können, lass es mich wissen.» Fanconi beantwortet kurz darauf die E-Mail: «Sehr gerne. Herzliche Grüsse und auf bald.»