100 Milliarden Börsenwert verlorenGoogles neuer Chatbot gibt falsche Antwort: Aktienkurs bricht ein
Die Suchmaschine hat ihre künstliche Intelligenz vorgestellt. Nach einem Fehler in der Präsentation hat der Mutterkonzern gleich 100 Milliarden Dollar an Börsenwert verloren.
Google will mit einem eigenen Chatbot namens Bard seine Suchmaschine aufrüsten. Der Internetgigant steht dabei gehörig unter Druck, denn Konkurrent Microsoft steht mit seiner künstlichen Intelligenz ChatGPT bereits in den Startlöchern.
Dies hat Google nun offenbar dazu verleitet, seine Version eines Antwortenroboters etwas vorschnell vorzustellen. In einem Werbevideo für Bard gab der Chatbot prompt eine falsche Antwort – mit kostspieligen Konsequenzen. Der Aktienkurs von Google-Mutterkonzern Alphabet verlor innert Stunden bis zu neun Prozent oder 100 Milliarden Dollar an Börsenwert.
In der verhängnisvollen Frage in der Werbung geht es um das James Webb Teleskop im Weltall und seine neuen Entdeckungen. Google wollte damit demonstrieren, dass der eigene Chatbot auch aktuelle Antworten geben kann, ist das Teleskop doch erst seit Mitte 2022 in Betrieb. Microsofts Konkurrent hat bisher in der Testversion nur Daten bis Ende 2021 geliefert.
Doch die Demonstration scheiterte. Der Chatbot gab mehrere Antworten zu den Entdeckungen des Teleskops, behauptete dabei aber auch, dass James Webb die ersten Bilder von einem Planeten ausserhalb unseres Sonnensystems aufgenommen habe. Das gelang dem Very Large Telescope (VLT) aber bereits 2004, lange bevor James Webb auf seine Reise geschickt wurde.
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Ein Google-Sprecher versuchte zu beschwichtigen und sagte, man habe den Fehler kurz vor der Präsentation noch entdeckt. Die falsche Antwort von Bard zeige, wie wichtig ein gründlicher Testprozess sei. Diesen werde man nächste Woche starten.
Wie weit der Chatbot wirklich schon ist und wann er einsatzbereit sein könnte, blieb unklar. Kurz davor hat Microsoft hingegen bekannt gegeben, dass die künstliche Intelligenz ChatGPT nun in die Suchmaschine Bing integriert werde. (Unsere Analyse zum Kampf der Techkonzerne: Microsoft setzt voll auf künstliche Intelligenz – Google mahnt zur Vorsicht)
Die Aktionärinnen und Aktionäre reagierten deutlich auf den Fehler von Bard und den offensichtlichen Rückstand, den Googles Chatbot gegenüber dem grossen Konkurrenten hat. Der Aktienkurs gab von rund 107 auf 98 Dollar nach. Innert zwei Stunden verlor Mutterkonzern Alphabet damit rund 100 Milliarden Dollar Börsenwert. Ins Jahr 2023 startete der Internetriese bei 89 Dollar.
Chatbots werden bereits verboten
Die neuen Chatbots ermöglichen ganz neue Anwendungsmöglichkeiten, sind aber auch umstritten. Die Software ChatGPT erstellt beispielsweise binnen Sekunden ganze Texte – Essays, Gebrauchsanleitungen oder Programmiercodes. Nutzerinnen und Nutzer können der Anwendung einzelne Befehle oder Sätze vorgeben, die das System dann auf der Grundlage von Unmengen an vorhandenen Daten eigenständig ergänzt.
Die Technologie birgt enormes Potenzial, Bildungseinrichtungen haben aber auch ihre Probleme damit: Die französische Hochschule Sciences Po untersagte ChatGPT sowie den Einsatz von künstlicher Intelligenz überhaupt und wertet dies als Betrug. Auch in einigen Schulen in den USA ist die Software bereits verboten. Der Facebook-Mutterkonzern Meta musste im November zudem ein eigenes Chatbot-Projekt zunächst wieder einstampfen, nachdem Nutzerinnen und Nutzer tendenziöse und falsche Antworten der Programme gepostet hatten.
Google will bei dem Hype mitmischen. Die Anwendung Bard basiert auf dem Google-eigenen Sprachmodell LaMDA, das über mehrere Jahre entwickelt und an Texten und Dialogen trainiert wurde. Bard könne damit die «volle Bandbreite des Weltwissens mit der Macht, Intelligenz und Kreativität unserer Sprachmodelle» kombinieren, erklärte Unternehmenschef Pichai.
Bard bedient sich direkt der Infos aus dem Internet und könne damit «frische, hochwertige Antworten» liefern. Damit unterscheidet sich das Google-Projekt von ChatGPT, das sich nicht direkt auf das Internet stützt. Bard arbeitet so gesehen eher wie eine Suchmaschine. Ironischerweise liefert die Google-Suchabfrage auf die James-Webb-Frage aber eine korrekte Antwort und macht den Bard-Fehler nicht.
«Alarmstufe Rot» bei Google
Google nimmt mit seinem Projekt den direkten Kampf im Bereich der Künstlichen Intelligenz gegen Microsoft auf, denn der Konkurrent hatte im Januar angekündigt, mehrere Milliarden Dollar in OpenAI zu investieren. ChatGPT soll ausserdem in die Microsoft-Dienste wie das Office-Paket, die Besprechungssoftware Teams und möglicherweise auch die Suchmaschine Bing integriert werden. Das wiederum greift den Suchmaschinen-Platzhirschen von Google an.
Besonders in der Weiterentwicklung von Suchmaschinen durch Künstliche Intelligenz liegt grosses Potenzial. Diese würden dann «strukturierte Antworten auf Fragen geben, statt nur Links zu liefern», sagt Thierry Poibeau vom Forschungszentrum CNRS in Paris. Bots wie ChatGPT gäben aber auch falsche Antworten und das sei für eine Suchmaschine dann «ärgerlich».
Laut Medienberichten hatte der enorme Erfolg von ChatGPT eine Art «Alarmstufe Rot» bei Google ausgelöst. Firmengründer Larry Page und Sergey Brin seien zum Brainstorming zurück in die Firma geholt worden, um mit Softwareentwicklern herauszuarbeiten, wie dem Programm möglichst schnell etwas entgegengesetzt werden könnte. Zuletzt enttäuschten auch die Zahlen der Google-Mutter Alphabet, was den Handlungsdruck zusätzlich erhöhte.
In den Wettlauf um den besten Chatbot reihte sich auch China ein: Der Internetkonzern Baidu entwickelt eine eigene Anwendung Künstlicher Intelligenz namens Ernie Bot – deren Testphase werde im März abgeschlossen sein, sagte eine Unternehmenssprecherin. Dann werde der Chatbot der «breiten Öffentlichkeit» zugänglich gemacht. Ein Datum dafür sei noch nicht festgelegt worden.
Mit Material der Nachrichtenagentur AFP
AFP/anf
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