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Meinung

Analyse zu Wirtschaft und Klima
Glencore bleibt bei der Kohle, das zeigt: Klimaschutz braucht Steuern und Verbote

dpatopbilder - 07.02.2023, Niedersachsen, Hohenhameln: Die Sonne geht hinter dem Kraftwerk Mehrum im Landkreis Peine auf. Das Kohlekraftwerk ist seit August 2022 als ·Marktrückkehrer· wieder am Netz. Eine Verordnung hatte erlaubt, dass Steinkohlekraftwerke aus der sogenannten Netzreserve wieder in Betrieb gehen konnten, um Erdgas einzusparen. Foto: Julian Stratenschulte/dpa +++ dpa-Bildfunk +++ (KEYSTONE/DPA/Julian Stratenschulte)
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Die Glencore-Chefs wollten das Kohlegeschäft in einem neuen Unternehmen separat an die Börse bringen und das Geschäft in Baar auf die für die Energiewende benötigten Metalle ausrichten. Doch die Aktionäre haben den Plan der Konzernleitung versenkt. Begründung: Das Geschäft mit der Kohle ist sehr profitabel.

Seit einigen Jahren führen Umweltorganisationen, Klimaschützer und viele Politiker aufwendige Kampagnen mit dem Ziel, fossile Brennstoffe aus den Portfolios der Investoren zu drängen. Banken, Anlagefonds, Pensionskassen und Zentralbanken sollen solche Anlagen abstossen, und Unternehmen sollen sich von solchen Geschäften trennen.

Der Klimaschutz braucht politische Massnahmen

Das Problem mit dieser Debatte: Sie lenkt davon ab, dass für eine wirksame Klimapolitik letztlich politische Massnahmen notwendig sind.

Die Überlegung hinter solchen Devestitionskampagnen: Wenn das viele machen, entzieht es Kohleförderern, Ölkonzernen oder Zementfirmen Kapital. Es wird für sie schwieriger, Geld aufzunehmen oder zu leihen, was sie dazu zwingen wird, ihr Verhalten zu ändern, weniger CO₂ auszustossen und so zum Klimaschutz beizutragen.

Leider ist das eine oberflächliche Betrachtung. Viele scheinen Devestitionen mit Boykotten zu verwechseln. Weil der Gewinn eines Unternehmens unter einem Boykott direkt leidet, genügt manchmal schon die Drohung, um die Firma zum Einlenken zu bewegen. Aber wenn Anlagefonds oder Pensionskassen ihre Ölaktien abstossen, kauft sie einfach jemand anderes. Und wenn viele verkaufen, drückt das den Aktienkurs, und die neuen Investoren profitieren gar von höheren Renditen.

Ölverbrauch nimmt in den nächsten Jahren zu

Devestitionen verteuern zwar Kredite und die Aufnahme von neuem Kapital, sie könnten auf diesem Weg einen Klimaeffekt haben. Aber die Finanzierung des Abbaus und des Handels von Kohle, Öl und Gas ist angesichts der hohen Nachfrage und der möglichen Gewinne kein Problem.

Und das wird noch lange so bleiben. Gemäss Prognosen nimmt der Ölverbrauch in den nächsten Jahren zu, nicht ab. Im vergangenen Jahr wurden weltweit neue Kohlekraftwerke mit einer Stromerzeugungskapazität von 70 Gigawatt in Betrieb genommen. Stillgelegt wurden Kapazitäten von bloss 21 Gigawatt. Es war der grösste Nettozuwachs an Kohlekraft seit 2016. Selbst Deutschland setzt auf Kohlestrom, und die deutsche Braunkohle steckt im Strommix, den die Schweiz importiert.

In den Förderländern springen lokale oder staatliche Finanzdienstleister ein, wo sich westliche Unternehmen und Banken zurückziehen. Wenn Glencore seine Kohleminen abstösst, mag es sein Klimarating verbessern. Aber Konkurrenten und Anleger in den Abbauländern sind gern bereit, diese zu übernehmen. Und sie haben keine Bedenken, die Produktion auszubauen, investieren weniger in den Umweltschutz und lassen sich von westlichen Klimakampagnen nicht unter Druck zu setzen.

Holcim beispielsweise hat vor drei Jahren seine Zementwerke in Malawi und Sambia an ein chinesisches Unternehmen verkauft. Wer glaubt, damit sei der Umwelt gedient, ist naiv.

Vertrauen auf Finanzbranche ist eine gefährliche Illusion

Aber das Problem geht tiefer. Der ehemalige Chief Investment Officer für nachhaltige Anlagen beim weltweit grössten Vermögensverwalter Black Rock, Tariq Fancy, bezeichnet die Idee, Klimaschutz über die Finanzindustrie zu betreiben, als «gefährliches Placebo». Es sei ein unwirksames Instrument, das die dringend notwendigen politischen Massnahmen für die Bekämpfung des Klimawandels bloss verzögere.

Der Anlagehorizont der Finanzbranche ist viel zu kurz und die Verdienstanreize sind viel zu mächtig, als dass sie der langfristigen Beschaffenheit des Klimawandels gerecht werden könnte.

Es ist eine gefährliche Illusion, zu glauben, man könne sein Geld arbeiten lassen und nebenbei noch das Klimaproblem lösen, und dass die Verlagerung von Anlagegeldern von einem «dreckigen» Investmentfonds in einen «sauberen» wesentlich dazu beitragen könnte, den Klimawandel zu beeinflussen.

Eine wirksame Klimapolitik braucht politische Entscheide: CO₂-Steuern, Verbote umweltschädlicher Verfahren und Investitionen in Forschung und Entwicklung, damit saubere Energiequellen so günstig werden, dass auch arme Länder darauf umsteigen.