Überraschendes zum WohlfühlgewichtWerden wir zufriedener, wenn wir weniger wiegen?
Viele Menschen versuchen abzunehmen in der Hoffnung, dann zufriedener zu sein. Das kann man sich sparen, sagt unsere Autorin.
Von all den Dingen, die einem zuverlässig die Laune verderben können, ist die Waage ganz vorne dabei. Viele Menschen sind überzeugt: Würde sie endlich weniger anzeigen, wäre alles besser. Interessanterweise hängt die Unzufriedenheit dabei aber weniger vom realen (Über-)gewicht ab, sondern vielmehr davon, wie man seine Figur wahrnimmt und bewertet.
Ich zum Beispiel bin schlank und wiege seit der Pubertät immer etwa gleich viel – ausser nach einem mehrmonatigen Aufenthalt in New York mit täglichen Kalorienbomben in Form von übersüssten Eiskaffees, Cupcakes und Bagels mit Frischkäse.
Das kümmerte mich jedoch nicht, weil ich erstens eine Vorliebe für elastische Hosen und zweitens keine Waage habe. Erst als ich bei einer ärztlichen Routinekontrolle von den sechs, sieben Kilogramm Mehrgewicht erfuhr, fühlte ich mich plötzlich unwohl. Dabei war ich doch eben noch zufrieden mit meinem Körper.
Darum habe ich keine Waage
Dass Waagen kontraproduktiv sein können, zeigte unter anderem eine Studie mit rund 2000 jungen Frauen aus dem Jahr 2015. Demnach kann regelmässiges Wiegen zu einem geringeren Selbstwertgefühl, einer Unzufriedenheit mit dem eigenen Körper und gar Depressionssymptomen führen. Auch deshalb habe ich keine Waage. «Die kann leicht reden», werden Sie jetzt vielleicht denken. «Ich bräuchte auch keine Waage, hätte ich kein Problem mit meinem Gewicht.»
Aber ganz ehrlich: Haben Sie tatsächlich ein Problem? Schmerzen Ihre Gelenke wegen der vielen Kilos oder leiden Sie unter Begleiterscheinungen wie Bluthochdruck oder Diabetes Typ 2, sodass Abnehmen tatsächlich mehr Lebensqualität bringen könnte? Oder ist es vielmehr das frustrierende Gefühl, nicht richtig reinzupassen – in die einstige Lieblingshose oder in die Idealvorstellungen der Gesellschaft? Denn rein gesundheitlich gesehen wäre leichtes Übergewicht sogar gesünder als das sogenannte Normalgewicht.
Es gibt einen Ausweg aus dem Diät-Teufelskreis
Trotzdem versuchen viele Menschen abzunehmen in der Hoffnung, dann glücklicher zu sein. Das kann man sich sparen: In einer mehrjährigen deutschen Studie fühlten sich Personen, die Gewicht verloren hatten, überraschenderweise schlechter – auch wegen des nie endenden Drucks, der mit Diäten einhergeht. Stress wiederum hat einen negativen Einfluss auf den Stoffwechsel und löst Heisshunger auf süsse, fettige oder salzige Speisen aus. Am Ende futtert man mehr, nervt sich, schämt sich, stopft aus Frust noch mehr in sich hinein.
Dabei gäbe es einen Ausweg aus dem Teufelskreis: Statt krampfhaft zu versuchen, abzunehmen, sollten Sie sich lieber darauf konzentrieren, mit sich und Ihrem Körper im Reinen zu sein. Das mag paradox bis zynisch klingen, aber wenn es Ihnen mental und körperlich besser geht, werden Sie Ihre Wohlfühlfigur zuverlässiger erreichen – unabhängig des Gewichts.
Der simpelste Trick ist ein Spaziergang an der frischen Luft – am besten nach dem Essen, weil das hilft, die Blutzuckerkurve abzuflachen. Moderates Gehen reduziert Stress und Stimmungsschwankungen, was wiederum Heisshungerattacken sowie emotionales Essverhalten minimiert, das gerne zu Übergewicht führt. Eine halbe bis eine Stunde spazieren täglich ist ideal für ein besseres Körpergefühl. Dass man dabei innert Monaten mehrere Kilogramm überschüssiges Fett verbrennen kann, ist da nur die Zugabe.
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