Ihr Browser ist veraltet. Bitte aktualisieren Sie Ihren Browser auf die neueste Version, oder wechseln Sie auf einen anderen Browser wie ChromeSafariFirefox oder Edge um Sicherheitslücken zu vermeiden und eine bestmögliche Performance zu gewährleisten.

Zum Hauptinhalt springen

Gewerkschaften machen Druck
Lohnhammer? Wegen Inflation bis zu 5 Prozent höheres Salär gefordert

Mehr Lohn beim Blick in die Höhe: Für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in der Schweiz wird mehr Geld im Portemonnaie gegen höhere Preise zum Muss.

Nach zwei Jahrzehnten relativer Ruhe bahnt sich jetzt ein heisser Lohnherbst an. Die Gewerkschaften wollen nicht nur die Kaufkraft ihrer Mitglieder erhalten, indem sie einen Ausgleich der Teuerung von gegen 3 Prozent fordern. Zusätzlich sollen auch die Reallöhne wieder spürbar steigen; sprich, die Beschäftigten sollen nach Abzug der Teuerung mehr Geld in der Lohntüte behalten. 

Die grosse Frage lautet: Wie hoch fallen die Lohnforderungen aus? Noch haben die Gewerkschaften ihre Forderungen nicht offiziell festgelegt. Doch die ersten namhaften Arbeitnehmer­vertreter reden jetzt Klartext.

«Bei fast allen Lohnklassen – mit Ausnahme der obersten – besteht Nachholbedarf.»

Katharina Prelicz-Huber, Präsidentin VPOD

So die Grünen-Nationalrätin Katharina Prelicz-Huber, die den Verband des Personals öffentlicher Dienste (VPOD) präsidiert: «Bei fast allen Lohnklassen – mit Ausnahme der obersten – besteht Nachholbedarf», sagt sie. Prelicz-Huber fordert unmissverständlich eine Anhebung der unteren und mittleren Löhne. Und sie sagt auch, in welchem Ausmass: «Eigentlich um 4 bis 5 Prozent», das habe der Gewerkschaftsbund ausgerechnet. 

Diese Grössenordnung nennt auch Travailsuisse-Präsident Adrian Wüthrich: «Wenn Sie zur Teuerung noch die Erhöhung der Krankenkassenprämien dazurechnen, kommen Sie etwa auf 4 bis 5 Prozent». 

Arbeitgeber lassen Muskeln spielen

Von einem «Teuerungsausgleich plus» spricht Daniel Lampart. Der Chefökonom des Schweizerischen Gewerkschaftsbundes (SGB) will sich aber partout keine Zahl entlocken lassen, er sagt nur: «Wir wollen mindestens eine Reallohnerhöhung erkämpfen.»

SGB-Präsident Pierre-Yves Maillard, sonst nie um Äusserungen in der Öffentlichkeit verlegen, reagiert gar nicht erst nicht auf Anfragen. Zuerst wollen sich die Gewerkschaften noch vor der Sommerpause ein erstes Mal absprechen, um im August oder September den Arbeitgebern geeint entgegentreten zu können. 

Diese lassen schon mal die Muskeln spielen. «Es wird ein Lohnherbst wie jeder andere», sagte Arbeitgeber-Präsident Valentin Vogt am Montag in einem Interview mit CH Media. Nach zwei Corona-Jahren seien in etlichen Firmen die Reserven aufgebraucht und müssten erst wieder geäufnet werden.

Die Lohnerhöhungen in den letzten Jahren seien ungenügend gewesen, begründet Prelicz-Huber die happigste Forderung seit Jahren. Die Produktivität sei gestiegen, die Wirtschaft laufe auf Hochtouren. Deshalb brauche es nicht nur eine Lohnerhöhung um mindestens die Teuerung plus 1 bis 2 Prozent mehr Reallohn, sondern auch eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen.  

Im öffentlichen Dienst bestehe ebenfalls Nachholbedarf: Den automatischen Teuerungsausgleich und Stufenanstieg habe es in den letzten Jahren kaum mehr gegeben, dafür aber massive Sparrunden. Konkret stellt sich die Lohnfrage in der Baubranche, wo der Landesmantelvertrag Ende Jahr ausläuft.

«Teuerungsausgleich plus 1 Prozent, also eine generelle Reallohnerhöhung – das heisst für alle», lautet gemäss Sprecher Christian Capacoel die Forderung der Gewerkschaft Unia für den Bau. In der Gastronomie seien die Mindestlöhne schon auf Anfang Juni um bis zu 1 Prozent erhöht worden.

Weil aber die ungelernten Arbeitskräfte nur den Teuerungsausgleich erhalten, führe das zu einer vergrösserten Lohnschere. «Diese ungesunde Entwicklung müssen wir brechen, deshalb braucht es reale Lohnerhöhungen für alle», sagt Capacoel.

Harzige Verhandlungen in der Baubranche

Die Verhandlungen mit dem Bauhauptgewerbe bezeichnet er als bisher eher harzig: «Die Baumeister sind zwar bereit, über die Lohnerhöhung zu sprechen, aber im Gegenzug fordern sie eine Deregulierung der Arbeitszeit. Das können wir nicht hinnehmen.» 

Heuer steht ein heisserer Lohnherbst bevor: Menschen demonstrieren im Oktober 2021 in Genf für mehr Lohn im Baugewerbe.

Auf voraussichtlich 3 Prozent mehr Lohn im nächsten Jahr können die rund 40’000 Angestellten des Bundes hoffen. 2022 war ihnen die Teuerung des Vorjahres nicht voll ausgeglichen worden, obschon das Bundespersonalgesetz das so vorsieht. Bei einer Inflation von 0,6 Prozent im Jahr 2021 stiegen ihre Löhne in diesem Jahr nur um 0,5 Prozent.  

Bundespersonal will vollen Teuerungsausgleich

«Wir haben gesagt, dass wir es so akzeptieren und kein ‹Riesendrama› draus machen», sagt die St. Galler SP-Nationalrätin Barbara Gysi, Präsidentin des Personalverbandes des Bundes. Im Folgejahr müsse das aber ausgeglichen werden. Bei einer Teuerung von 2,9 Prozent Ende Jahr würden dem Bundespersonal auf Anfang 2023 demnach 3 Prozent mehr zustehen.  

Beim letzten Sozialpartnergespräch habe es geheissen, Bundesrat Ueli Maurer stehe hinter dem Teuerungsausgleich, wolle ihn aber mit der Wirtschaft abgleichen: «Wir fordern auf jeden Fall den vollen Teuerungsausgleich, das ist das Minimum», so Gysi.  

Zumal der oberste Bundespersonalchef, Finanzminister Maurer, in der Sommersession erklärt habe, es brauche keine besonderen Massnahmen zum Abfedern der Teuerung – weil die Wirtschaft ja die Löhne erhöhe. Nichts anderes verlangen die Bundesbeschäftigten.