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Meinung

Kommentar zu Lohnforderungen
Firmen, die jetzt die Löhne nicht erhöhen, werden verlieren

Die Swiss will die Löhne nicht anheben, obwohl ihr das Personal fehlt: Flight-Attendant auf einem Langstreckenflug.

Schon jetzt ist klar: Auf die Sommerhitze wird ein besonders heisser Lohnherbst folgen. Denn die Gewerkschaften sehen sich durch die stark steigenden Lebenskosten beflügelt, mit für Schweizer Verhältnisse unüblich hohen Lohnforderungen in die Verhandlungen zu steigen. Wegen der anziehenden allgemeinen Teuerung, der steigenden Krankenkassenprämien und der erhöhten Produktivität der vergangenen Jahre, die sich nicht angemessen auf die Löhne ausgewirkt habe, fordern sie Lohnerhöhungen von bis zu 5 Prozent.

Arbeitgeberpräsident Valentin Vogt hat in einem Interview mit CH Media schon mal vorsorglich abgeblockt. Seine Argumente: Es gebe in der Schweiz keinen automatischen Teuerungsausgleich für Löhne. Die Inflation werde wieder zurückgehen. Und die Löhne würden grossmehrheitlich in den Firmen ausgehandelt. Folglich würden jene Unternehmen, die den finanziellen Spielraum hätten, die Löhne anheben – andere hingegen seien nicht in der Lage, dies zu tun. Vogts Schlussfolgerung: «Es wird ein Lohnherbst wie jeder andere.»

Vieles, was Vogt sagt, stimmt. Doch der letzte Satz nicht. Es wird eben gerade kein Lohnherbst wieder jeder andere. Allerdings nicht weil die Inflation anzieht. Und auch nicht wegen des angeblichen Nachholbedarfs, den die Gewerkschaften geltend machen.

Der Preis steigt, wenn das Angebot unter der Nachfrage liegt. Es gibt keinen Grund, dieses Gesetz nicht auf den Arbeitsmarkt zu übertragen.

Der Treiber für deutlich höhere Löhne liegt vielmehr im eklatanten Personalmangel, über den die Arbeitgeber seit Jahren klagen – und in diesem Jahr besonders laut. Praktisch alle Branchen sind betroffen, von Restaurants, Hotels und Fluggesellschaften über das Handwerk, die Informatik und die Transportbranche bis hin zum Gesundheits- und zum Bildungswesen.

Gemäss dem marktwirtschaftlichen Gesetz von Angebot und Nachfrage steigt der Preis, wenn das Angebot unter der Nachfrage liegt. Es gibt keinen Grund, dieses Gesetz nicht auf den Arbeitsmarkt zu übertragen. Sprich: Wenn das Personal knapp wird, steigt der Lohn. Darum haben die Beschäftigten jetzt die Oberhand und geben in den Verhandlungen den Takt vor.

Gewiss: Viele Firmen haben es schwer, die Löhne einfach so anzuheben. In vielen Restaurants etwa sind die Margen klein. Trotzdem: Arbeitgeber, die über Personalmangel klagen und nicht einsehen, dass sie diesen letztlich nur mit höheren Löhnen und attraktiveren Arbeitsbedingungen beheben können, werden es noch schwerer haben als jetzt schon, neues Personal zu finden – und die guten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu halten.

Beispielsweise die Fluggesellschaft Swiss. Sie sieht keine Notwendigkeit, die Löhne anzuheben, obwohl sie Flüge streichen muss, weil ihr das Personal an allen Ecken und Enden fehlt. Oder das Gastgewerbe, wo es so stark an Köchen und Servicepersonal fehlt, dass Restaurants und Hotels das Angebot einschränken müssen. Arbeitgeber und Gewerkschaften haben sich zwar soeben auf höhere Mindestlöhne geeinigt – aber ausgerechnet bei der tiefsten Lohnkategorie, den Ungelernten, gibt es keine Anpassung. Kann man machen, aber dann sollen sich die Arbeitgeber nicht beklagen, wenn sie keine Servicemitarbeitenden, Küchenhilfen und Reinigungskräfte finden.

Die Bauarbeiter sollen im Sommer noch länger arbeiten und die Überzeit dann im Winter kompensieren.

Fragwürdig ist auch das Verhalten der Baumeister. Ihr Verband ist zwar zu Lohnerhöhungen bereit, aber nur unter der Bedingung, dass die Gewerkschaften einer Flexibilisierung der Arbeitszeit zustimmen. Sprich: Die Bauarbeiter sollen im Sommer noch länger arbeiten und die Überzeit dann im Winter kompensieren. Damit aber wird der ohnehin körperlich anspruchsvolle Beruf unattraktiver, weniger familientauglich und – Stichwort Sommerhitze – ungesünder. Wir wollen dann einfach kein Klagen der Baumeister über den Fachkräftemangel hören.