Eklat wegen PlagiatsaffäreGewerbeverband lässt designierten Direktor fallen
Henrique Schneider hätte sein Amt am 1. Juli antreten sollen. Das darf er nun aber nicht, weil sich Plagiatsvorwürfe erhärteten. Jetzt steht der Gewerbeverband ohne neuen Direktor da.
Drei Wochen vor dem geplanten Chefwechsel kommt es beim Schweizerischen Gewerbeverband zum grossen Knall: Henrique Schneider, der am 1. Juli die Nachfolge des bisherigen Direktors Hans-Ulrich Bigler hätte antreten sollen, darf dies nicht tun. Dies hat heute Freitag der Verbandsvorstand entschieden. Grund dafür ist die Plagiatsaffäre.
Begonnen hat sie mit einem Artikel der «NZZ am Sonntag» im März dieses Jahres. In diesem erhob der österreichische Plagiatsforscher Stefan Weber den «begründeten Verdacht von schwerwiegendem wissenschaftlichen Fehlverhalten» gegenüber Henrique Schneider, dem heutigen stellvertretenden Direktor des Schweizerischen Gewerbeverbands (SGV).
Das war insofern brisant, als die Gewerbekammer Schneider im Februar bereits einstimmig zum künftigen Direktor gewählt hatte. Der SGV-Vorstand hat deshalb die Anwaltskanzlei Bratschi beauftragt, die Vorwürfe in einem unabhängigen Rechtsgutachten zu untersuchen. Das Resultat liegt jetzt vor und bestätigt ein «serienmässiges Plagiieren», wie der Verband heute mitteilte.
Glaubwürdigkeit nicht gefährden
Damit ist Schneider als künftiger Direktor für den Vorstand des Gewerbeverbands nicht mehr tragbar. «Für den SGV ist die Glaubwürdigkeit das höchste Gut. Daher hat sich der Vorstand nach eingehender Diskussion für diesen Schritt entschieden», so Verbandspräsident Fabio Regazzi. Der Tessiner sitzt für Die Mitte auch im Nationalrat.
Die Anwaltskanzlei Bratschi habe das serienmässige Plagiieren als klares Fehlverhalten und als Verletzung der Treuepflicht eingestuft, wenn auch nicht als gravierend erachtet, weil es sich beim Gewerbeverband nicht um einen wissenschaftlichen Betrieb handle. Der SGV-Vorstand bedauert die Widerrufung der Wahl, hält sie aber für nötig, um die Glaubwürdigkeit des Verbands nicht zu gefährden.
Wie es weitergehen soll, will der Vorstand nun beraten und die Suche eines neuen Direktors in Angriff nehmen. Viel Zeit bleibt ihm nicht, geht doch Hans-Ulrich Bigler per Ende dieses Monats in Pension. Ob er allenfalls bereit wäre, seine Amtszeit zu verlängern, war heute Abend nicht in Erfahrung zu bringen. Weder Bigler noch Regazzi noch Schneider waren telefonisch erreichbar.
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