Urteil zu Telecom-DienstenGericht stoppt die Swisscom beim Ausbau des Glasfasernetzes
Der Entscheid des Bundesverwaltungsgerichts hat Signalwirkung: Die Konsumenten können schweizweit auf schnellere Internetgeschwindigkeiten hoffen.
Die Swisscom erleidet vor dem Bundesverwaltungsgericht in St. Gallen eine Schlappe: Die Richter haben entschieden, dass der staatsnahe Betrieb seinen Konkurrenten den Zugang zu einer eigenständigen Glasfaser gewähren muss. Das geht aus einem aktuellen Urteil hervor, das am Dienstagabend veröffentlicht wurde.
Damit bestätigt das Gericht die vorsorgliche Massnahme, welche die Wettbewerbskommission im Dezember 2020 gegen die Swisscom verhängt hatte. Damals untersagten die Wettbewerbshüter dem Unternehmen per sofort, Konkurrenten den direkten Zugang zu den Glasfaserleitungen zu erschweren. Dagegen legte der grösste Schweizer Telecomanbieter beim Bundesverwaltungsgericht Rekurs ein.
Das erstinstanzliche Urteil bedeutet, dass die Swisscom ihre neue umstrittene Praxis beim Ausbau der Glasfaserinfrastruktur ändern muss. Nationale wie regionale und lokale Telecombetreiber wiederum erhalten ungehinderten Zugang auf das Glasfasernetz von Swisscom.
Das sollte vor allem Konsumentinnen und Konsumenten zugute kommen, die in schlecht erschlossenen Regionen wie Agglomerationen oder ländlichen Gebieten wohnen. Die Nutzer können mit höheren Geschwindigkeiten bei den den Internetanschlüssen rechnen.
Der Ursprung des Konflikts reicht Jahre zurück: Zwischen 2008 und 2012 hatten sich die Telecomanbieter zusammen mit den zuständigen Bundesbehörden an einem runden Tisch geeinigt, dass beim Aufbau des neuen Glasfasernetzes alle Haushalte mit vier Glasfasern erschlossen werden. So sollte sichergestellt werden, dass jeder Betreiber eine separate Leitung erhält. Die Federführung beim Bau der schnellen Infrastruktur übernahm die Swisscom.
Laut der Wettbewerbskommission hält sich die Swisscom aber nicht mehr an die Abmachung von einst. Der blaue Riese soll in Gebieten, welche er alleine ausbaut, die Bauweise des Netzes so verändert haben, dass Wettbewerber keinen uneingeschränkten Zugang mehr zur Netzwerkinfrastruktur erhalten.
Konkurrenten können beispielsweise die Leitungen nicht mehr eigenständig steuern und nur noch Geschwindigkeiten von höchstens 10 Gigabit pro Sekunde anbieten. Möglich sind aber 100 Gigabit pro Sekunde. Swisscom-Mitbewerber wie Init7 aus Winterthur hatten die Wettbewerbshüter auf diese Missstände aufmerksam gemacht und damit den Stein ins Rollen gebracht.
Gericht: Swisscom nicht glaubhaft
Nun stützt das Bundesverwaltungsgericht in seinem aktuellen Urteil die Wettbewerbskommission. Die Swisscom habe nicht glaubhaft machen können, dass ausreichende technologische oder wirtschaftliche Gründe bestehen, um vom festgelegten Standard mit vier Glasfasern pro Haushalt abzuweichen.
Vielmehr gehe das Gericht zum jetzigen Zeitpunkt davon aus, dass die Swisscom durch ihre neue Praxis ein missbräuchliches Verhalten eines marktbeherrschenden Unternehmens an den Tag lege. Konkret schränke die Swisscom damit eine technologische Entwicklung ein, was einen Verstoss gegen das Kartellgesetz darstelle.
Die Richter liessen sich dabei auch nicht davon beeindrucken, dass die Swisscom im Frühling zusammen mit dem Mobilfunkbetreiber Salt einen Glasfaser-Pakt geschlossen hat. Salt erhält dabei einen direkten Zugang.
Swisscom prüft Weiterzug ans Bundesgericht
Die Swisscom prüft, ob sie das Urteil ans Bundesgericht in Lausanne weiterzieht. In einer Stellungnahme bezeichnete das Unternehmen die vorsorglichen Massnahmen als «verfehlt».
Swisscom-Chef Urs Schaeppi sagte, die neue Bauweise habe sich international durchgesetzt und bewährt: «Der Netzausbau droht im schlimmsten Fall um Jahre verzögert zu werden. Der Wettbewerb spielt heute auf allen Ebenen, und am Ausbau beteiligen sich zahlreiche Kooperationspartner an den Investitionen in Milliardenhöhe.»
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