Best of Mamablog: Gedanken vor der GeburtGeplanter Kaiserschnitt – na und?
Als sich unsere Gastautorin mit ihrer bevorstehenden Geburt auseinandersetzte, wurde ihr klar, dass sie nicht vaginal gebären wollte. Ihre Gründe.
Unsere Bloggerinnen und Blogger sind in den Ferien. Daher publizieren wir heute diesen Beitrag vom 19. April 2021, der besonders viel zu reden gab.
Hätte mir vor zwei Jahren eine Mutter erzählt, dass ihr Kind per Kaiserschnitt auf die Welt kam, so wäre vermutlich auch mir ein «Ou» über die Lippen gerutscht. Aber warum erschrecken wir eigentlich noch immer beim Wort Kaiserschnitt? Natürlich denken einige zuerst an mögliche Geburtskomplikationen. Fair enough. Doch was ist mit all den endlos schmerzhaften, traumatisierenden vaginalen Geburten? Ist der weibliche Körper im 21. Jahrhundert denn wirklich noch immer dafür bestimmt, Babys «so ganz natürlich» aus sich rauszupressen?
Dammriss, Inkontinenz und Wochenfluss sind unsexy
Obwohl ich es lange vor mir herschob, kam auch ich aufgrund der sich im Rekordtempo abklatschenden Höchstleistungen des schwangeren Körpers irgendwann nicht mehr darum herum, mich mit der Geburt auseinanderzusetzen. Ich muss zugeben, dass ich zu diesem Zeitpunkt nicht wirklich eine Ahnung hatte, auf was ich mich da eingelassen hatte. Schade auch, dass niemand wirklich offen über den Geburtsvorgang und seine möglichen Folgen spricht. Eine Art Tabuthema, ähnlich dem Sterben. Dammriss, Inkontinenz oder Wochenfluss sind halt keine wirklich sexy Themen.
Zur Klärung von medizinischen, versicherungstechnischen und sonstigen für werdende Mamis lebenswichtigen Fragen halfen mir Podcasts. Dank diesen konnte auch ich mir endlich ein reales Bild von der Geburt machen. Und mit jeder weiteren Geschichte wurde mir klarer, dass ich nicht vaginal gebären wollte. Ich fürchtete mich vor dem Unplanbaren, den nicht vorhersehbaren Komplikationen und Verletzungen. Ebenso bereitete mir der Gedanke, womöglich während Stunden vor fremden Menschen Nackt-Yoga praktizieren zu müssen, Unbehagen.
«Möchtest du nicht einmal im Leben eine Geburt erleben?»
Ich begann mich also vertieft mit dem Kaiserschnitt auseinanderzusetzen und mir den Ablauf erklären zu lassen – Hebammen sind doch nichts Mittelalterliches, sondern wahre Heldinnen. Ich sprach offen über meine Absichten, wobei ich einmal mehr spürte, dass wir hierzulande noch immer tendenziell hinterwäldlerisch unterwegs sind. Leute, die keine Ahnung von Geburten haben, also Männer, fragten mich ernsthaft, ob ich denn nicht einmal im Leben eine natürliche Geburt erleben möchte. Das gehöre doch dazu. Aha. Aber ein Muttermal würde sich niemand ohne vorhergehende Betäubung entfernen lassen. In sämtlichen anderen medizinischen Belangen haben Frauen wie Männer das Privileg, frei über ihre körperliche und seelische Integrität zu entscheiden – etwa was Impfungen während Pandemien betrifft. Nur beim Kinderkriegen gehört der Schmerz dazu, notfalls trinkt man halt einen Schnaps.
Als Tag X näherrückte, war ich ziemlich ruhig. Natürlich wusste ich um die Risiken des bevorstehenden Bauchaufschneidens. Und selbst als ich beim Setzen des Katheters erstmals das Handtuch werfen wollte, das Ziehen und Saugen sicherlich unangenehm waren und auch die Anästhesie etwas zu früh nachliess, wusste ich, dass die vielen im OP-Raum anwesenden Fachleute stets auf alles reagieren konnten. So erblickte mein Sohn schliesslich nach ein paar Minuten das Licht der Welt, wurde durchgecheckt und mir auf die Brust gelegt. Ich fand auch nicht, dass dabei das «Bonding» zu kurz kam.
Es muss erlaubt sein, «traditionelle Geburten» zu hinterfragen
Ich möchte die vaginale Geburt keinesfalls schlechtmachen. Im Gegenteil. Es gibt viele Argumente, die dafür sprechen und zig Geschichten von komplikationsfreien, schönen Geburten. Erschöpft ist Frau nach der Geburt sowieso und die Regeneration dauert beim Kaiserschnitt meist sogar länger. Aber ein geplanter Kaiserschnitt ist kalkulierbarer. Für mich damals als zukünftig alleinerziehendes Mami ein entscheidendes Argument. Ausserdem bin ich der Ansicht, dass es heutzutage erlaubt sein muss, «traditionelle Geburten» zu hinterfragen.
Und mehr noch: Sich nicht von gesellschaftlichen Verurteilungen leiten zu lassen, sondern auf sein Bauchgefühl zu vertrauen und für sich selbst zu entscheiden, wie man gebären möchte. Das sollte man im Übrigen auch bei anderen Dingen tun, die mit der Mutterschaft in Verbindung stehen – ganz unabhängig davon, was und wie es die Frauen vor uns «immer schon» gemacht haben.
Und gerade auch, weil viele Frauen, die nie einen Kaiserschnitt in Betracht gezogen haben, nicht selten aus medizinischen Gründen während der Geburt unvorbereitet unter dem Messer landen, wäre es hilfreich, das Thema Kaiserschnitt endlich zu enttabuisieren. Beispielsweise in Schwangerschafts-Yogastunden – und nicht erst während dem Rückbildungstraining. Denn ein Kaiserschnitt ist weder der Lord Voldemort noch die Sissy unter den Geburten.
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