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Einfluss des starken Frankens
Führen die steigenden Zinsen zu einem Währungskrieg?

Wie stark schützt der Franken die Schweiz vor Inflation? SNB-Präsident Thomas Jordan.
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Fast alles wird teurer – nicht nur der Strom oder das Erdgas, auch Kaffee, Butter oder Damenschuhe. In der Schweiz kletterte die Teuerung auf 3,5 Prozent, in der Eurozone liegt sie bei 9,1 Prozent, und in den USA lag die Inflationsrate im Juli bei 8,5 Prozent. Damit steigt auch der Druck auf die Notenbanken, rasch die Zinsen zu erhöhen. Der nächste grosse Schritt wird am Donnerstag von der Europäischen Zentralbank (EZB) erwartet.

Viele Expertinnen und Experten gehen davon aus, dass sie den Zins gleich um 0,75 Prozentpunkte anheben wird. Die Schweizerische Nationalbank (SNB), mit Präsident Thomas Jordan an der Spitze, dürfte am 22. September nachziehen.

Die steigende Teuerung sorgt nun dafür, dass Notenbanken mit einer starken Währung einen Vorteil haben. Sie dämpft die Wirkung der Inflation, weil die Preise von Importgütern wie Erdöl so weniger stark steigen.

In den vergangenen Jahren war es meist anders, der harte Franken galt als ein Nachteil für die Exportindustrie – Schweizer Maschinen wurden im Ausland teurer. Die SNB war deshalb darauf erpicht, die Währung nicht zu stark werden zu lassen.

Aus den USA ertönte daher jahrelang der Vorwurf, die Schweiz, aber auch China, Japan oder die Länder der Eurozone würden ihre Währung bewusst abwerten lassen, um sich Wettbewerbsvorteile zu verschaffen. In der Fachsprache heisst das martialisch «Währungskrieg».

«Die SNB lässt den Franken zum Euro aufwerten und betont die dadurch resultierenden Effekte auf die Importpreise.»

Marc Brütsch, Chefökonom beim Versicherer Swiss Life.

Dieser findet jetzt mit umgekehrten Vorzeichen statt. «Nun hat sich die Lage geändert; mit einer starken Währung kann man den Inflationsdruck mindern. Wir sehen daher eine neue, umgekehrte Form des ‹Währungskriegs›», sagt Marc Brütsch, Chefökonom beim Versicherer Swiss Life.

Die SNB stärke den Franken, um die Teuerung abzuschwächen. «Sie lässt den Franken zum Euro aufwerten und betont die dadurch resultierenden Effekte auf die Importpreise», sagt Brütsch. «Der stärkere Franken ist somit ein Instrument der Geldpolitik, nebst den klassischen Anpassungen der Leitzinsen.» Auch für UBS-Ökonom Alessandro Bee gehört die SNB am ehesten zu den Notenbanken, die die eigene Währung stärken könnten, um die steigende Inflation abzuschwächen. 

Droht die Schweiz nun wegen dieser bewussten Aufwertung des Franken wieder an den Pranger zu geraten? Bislang ist keine Kritik aus dem Ausland dazu vernehmen. So meinte ein Topbanker einer US-Grossbank jüngst schulterzuckend zur Aufwertungspolitik der SNB: «Dafür hat man doch eine eigene Währung.»

Aufwertung mit Risiken verbunden

UBS-Ökonom Bee beschreibt denn die derzeitige Entwicklung auch weniger martialisch: «Die SNB greift im Moment nicht zu den Mitteln, um eine Währungsaufwertung zu verhindern.» Sprich, sie betreibt keine gezielte Aufwertungspolitik. 

Aus gutem Grund, denn eine bewusste Stärkung der Währung birgt Gefahren. «Eine Zentralbank, die heute ihre Währung stark aufwerten lässt, riskiert, dass in ein paar Quartalen während einer starken Konjunktureintrübung auch noch der Aussenhandel einbricht», so Bee. 

Denn eine Aufwertung entfaltet nicht sofort ihre Wirkung. «Wenn man die konjunkturelle Lage betrachtet, so sind wir heute in einer Situation mit hoher Inflation und robusten Arbeitsmärkten», sagt Bee und ergänzt: «Am Horizont zeichnet sich eine deutliche Konjunktureintrübung, wenn nicht gar eine Rezession ab – insbesondere in Europa.»

Doch wie stark kann der Franken noch steigen? Laut Brütsch ist die SNB derzeit in einer komfortablen Situation. Denn die Aufwertung des Frankens werde in der Öffentlichkeit bislang als vorteilhaft angesehen. «Ab einem Kurs von 0.95 zum Euro dürften die Rufe nach Interventionen lauter werden», sagt Brütsch.

Auch Bee geht davon aus, dass die SNB bei einer zu starken Frankenaufwertung wieder mit Devisenmarktintervention oder einer Abschwächung der Zinserhöhungen eingreifen wird, um den Höhenflug des Frankens zu bremsen.

Wie stark schützt der Franken überhaupt vor Inflation? «Ein stärkerer Franken hilft, die Inflation zu dämpfen, ist in der Inflationsbekämpfung aber sicherlich kein Gamechanger», sagt UBS-Experte Bee. Entscheidend für die Entwicklung der Schweizer Inflation seien die Energiepreise und allfällige sogenannte Zweitrundeneffekte, zum Beispiel über steigende Löhne. 

Das ist das Horrorszenario jedes Notenbankers: dass steigende Preisen zu starken Lohnsteigerungen führen und die Firmen als Reaktion darauf ihre Preise weiter erhöhen. 

«In der Schweiz macht der Anteil der importierten Waren und Dienstleistungen nur etwa ein Viertel des Konsumentenpreisindexes aus.»

Maxime Botteron, Ökonom bei der Credit Suisse

Auch Maxime Botteron, Ökonom bei der Credit Suisse, erachtet den Bremseffekt der Frankenaufwertung als nicht besonders gross: «In der Schweiz macht der Anteil der importierten Waren und Dienstleistungen nur etwa ein Viertel des Konsumentenpreisindexes aus.» Würde sich eine Aufwertung des Frankens um zum Beispiel 10 Prozent sofort und vollständig in den Konsumentenpreisen niederschlagen, würde dies den Preisindex nur um 2,5 Prozent senken.

«In der Praxis und nach unseren Schätzungen sind die Auswirkungen einer Aufwertung des Frankens auf die Inflationsrate geringer», so Botteron. Eine Aufwertung des Frankens gegenüber dem Dollar habe praktisch keinen messbaren Effekt auf die Inflationsrate, während eine Aufwertung des Frankens gegenüber dem Euro um 10 Prozent die Inflationsrate nach CS-Schätzung um 0,5 Prozentpunkte senkt.