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Fangewalt in Zürich
Gewaltbereite FCZ-Fans sollen Tutoren erhalten

23.10.2021; Zuerich; FUSSBALL SUPER LEAGUE - Grasshopper Club Zuerich - FC Zuerich, Fans der Suedkurve versuchen den GC-Sektor zu Stuermen und werfen Pyros in die Zuschauer;
(Claudio Thoma/freshfocus)
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In Kürze:
  • Die Fussball-Fangewalt in Zürich hat zugenommen, besonders nach Matches.
  • Der FC Zürich und die Stadt investieren mehr Geld in die Fansozialarbeit.
  • Bis zu acht Tutorinnen und Tutoren sollen gewaltpräventiv tätig sein.
  • Der Stadtrat beantragt, städtische Beiträge auf 130’000 Franken zu erhöhen.

«Es reicht!», hatte der Stadtzürcher Sportminister Filippo Leutenegger bereits im Februar verkündet. Abseits der Stadien «knalle» es immer heftiger, besonders nach den Fussballmatches. «Trams und Busse werden beschädigt, die Polizei oder gegnerische Fans angegriffen und Mitarbeitende der VBZ massiv bedroht», schrieb Leutenegger im «Tagblatt der Stadt Zürich».

Oft stecken kleine, gewaltbereite Gruppen aus den Fankurven hinter solchen Gewaltvorfällen. Sie sollen nicht einmal davor zurückschrecken, Familien mit Kindern anzugreifen und Jugendliche zu zwingen, ihre Trikots auszuziehen.

Adrenalin, das süchtig machen kann?

Die Liste an Vorfällen, die allein seit vergangenem Sommer für Schlagzeilen gesorgt haben, ist lang: Beim Züri-Fäscht 2023 griffen rund 30 bis 40 FCZ-Ultras zweimal das GC-Festzelt an, versprühten Pfefferspray und warfen Tische und Bänke um. Wenige Monate später kam es beim Fünftligamatch der dritten GC-Mannschaft in Zürich-Affoltern zu einer Schlägerei, worauf der Schiedsrichter ins Spital musste und die Hopper-Mannschaft Polizeischutz benötigte.

Im Januar 2024 gab es in Schwamendingen sechs Verletzte und ein demoliertes Tram, als nach dem Stadtzürcher Derby Dutzende GC- und FCZ-Fans aufeinander losgingen. Ende Mai wurde ein Mann im GC-Trikot bei der Bäckeranlage im Kreis 4 – einer FCZ-Hochburg – zusammengeschlagen, wie die NZZ berichtete. Er erlitt einen Bruch der unteren Augenhöhle.

Die Fangewalt hat sich aus den Stadien in die Stadt verlagert: Bild eines Überfalls von FCZ-Fans auf GC-Anhänger aus dem Jahr 2018.

«Gewalt und Wut lösen allgemein Adrenalin aus, das süchtig machen kann. Diesen Ausbrüchen entgegenzuhalten, bleibt herausfordernd», schreibt die einzige Fansozialarbeiterin im letzten Jahresbericht des Vereins Fansozialarbeit FCZ.

Bis zu acht Tutorinnen und Tutoren

Nun scheint der Leidensdruck bei Stadt und FC Zürich gross genug geworden zu sein, dass beide reagieren und künftig deutlich mehr Geld als bisher für die Fansozialarbeit in die Hand nehmen. Ab 2025 soll es beim Verein Fansozialarbeit FCZ ein «gewaltpräventives Angebot» mit bis zu acht Tutorinnen und Tutoren geben.

Dabei sollen junge erwachsene FCZ-Fans, die schon länger eine aktive und positive Rolle in der Fanarbeit spielen, ein «angemessenes Verhalten inner- und ausserhalb der Stadien und im öffentlichen Raum» vermitteln, sagt Heike Isselhorst vom städtischen Sozialdepartement auf Anfrage. Auch Zivildienstleistende sollen als Tutorinnen und Tutoren eingesetzt und diese für ihren Einsatz bezahlt werden. Zudem soll beim Verein Fansozialarbeit FCZ eine zweite Stelle mit rund 50 Stellenprozenten geschaffen werden.

Doppelte Fans, aber gleiche Mittel

Die Kosten für das geplante Angebot belaufen sich auf rund 100’000 Franken pro Jahr. Die Betriebsgesellschaft FCZ erhöht ihren Beitrag an den Verein Fansozialarbeit um 20’000 auf 70’000 Franken. Der Kanton wird unverändert 50’000 Franken beisteuern. Der Stadtrat beantragt dem Gemeinderat, den städtischen Beitrag um 80’000 auf 130’000 Franken aufzustocken.

«Seit der Gründung des Vereins Fansozialarbeit FCZ 2009 sind die Mittel gleich geblieben, aber die Fanbasis hat sich verdoppelt», sagt Vereinspräsident Marcel Tappeiner. Die Zahl der Besucherinnen und Besucher bei FCZ-Heimspielen ist laut Stadt in den vergangenen fünf Jahren um rund 50 Prozent gestiegen.

Gleichzeitig habe sich auch die Südkurve stark vergrössert, wobei insbesondere der Anteil der sehr jungen neuen Fans sowie von Mädchen und jungen Frauen – ihr Anteil wird mittlerweile auf rund 20 Prozent geschätzt – überproportional zugenommen habe. In der Südkurve des Stadions Letzigrund verfolgen heute jeweils rund 4000 Fans die Fussballspiele. Bei Auswärtsspielen hat sich die Zahl der FCZ-Fans im gleichen Zeitraum von 800 auf bis zu 2000 mehr als verdoppelt.

Südkurve als «Auffangbecken für teils sehr auffällige Kids»

Mit dem geplanten Tutorenkonzept und den zusätzlichen Stellenprozenten erhofft sich Vereinspräsident Tappeiner eine bessere Wirkung in der Fansozialarbeit. Zielgruppe des Vereins sind vor allem jugendliche FCZ-Fans. «Die Kurve ist zum Auffangbecken von teils sehr auffälligen Kids zwischen 9 und 14 Jahren geworden», schreibt die Sozialarbeiterin im Jahresbericht des Vereins Fansozialarbeit FCZ.

Sie verstehe sich als Bezugsperson für die jungen Fans und sei bei allen Spielen präsent. Sie spreche Themen wie Pyros, Gewalt und Sicherheit an, unterstütze die Kinder und Jugendlichen aber auch bei Anliegen aus ihren Lebenswelten, zum Beispiel bei Problemen in der Familie, mit Freunden, in der Schule und der Ausbildung.