Mamablog: Katze, Hund oder SchildkröteWie Haustiere den Familienalltag bereichern
Eigentlich hatte sich unsere Autorin darauf eingestellt, mit ihren Kindern ins Legoland zu fahren. Stattdessen zog eine Katze ein.
Zugegeben, ich hatte kurz gehofft, die Entscheidung würde aufs Legoland fallen. Damals, als die Kinder sich für die Erfüllung eines Herzenswunsches entscheiden durften: Legoland oder Haustier. Auf ein Haustier hatte ich wirklich mässig Lust. Zu sehr verband ich das mit noch einem Wesen, das versorgt sein will. Zu sehr widerstrebt es mir, ein Tier zur Belustigung des Menschen einzusperren. Und eigentlich war ich auch ganz siegessicher. Schliesslich waren die Augen meiner Kinder beim Wort Legoland jeweils beinahe aus ihren Höhlen geploppt.
Mangelnder Kuschelfaktor
Doch der Schuss ging nach hinten los. Einträchtig wie selten schrien beide: «Ein Haustier!» «Aber ihr wolltet doch schon immer ins Legoland?», stotterte ich nervös, was aber von einem lautstarken «eine Schildkröte!» übertönt wurde. Ich schaltete auf Optimismus und sah vor mir zwei pflegeleichte Schildkröten, die im Garten umherwandern und dann monatelang im Winterschlaf versinken. Okay, easy.
Doch plötzlich schob sich ein anderes Bild vor mein inneres Auge: Mein Mann und ich in einem winzigen Zimmerchen im Altersheim, in dem unsere Rollatoren kaum Platz finden, weil der ganze Raum mit einem Schildkrötengehege ausgefüllt ist, während ich resigniert seufze: «Schatz, ich fürchte, sie werden uns überleben!» Und der Schatz: «Ja, zu dumm, dass unsere erwachsenen Kinder sie nicht bei sich aufnehmen können.»
Es war beinahe so, als würde ich wehenfrei noch einmal Mutter werden.
Plötzlich schienen mir die Schildkröten keine so gute Idee mehr zu sein. Und ihr mangelnder Kuschelfaktor führte endgültig zum Schildkröten-Nein. «Dann halt eine Katze!», schrien die Kinder und der Mann schrie: «Geht nicht, ich habe eine Katzenallergie!»
Irgendwie wollte ihm das aber keiner so richtig glauben. Und so kam es, dass der Mutige sich Blut abzapfte und es ins Labor schickte, wo es kurz darauf als katzenallergiefrei befunden wurde, sodass wir uns auf die Suche nach einem Katzenbaby machten.
Schockverliebt!
Zwei Monate später zog das Katzenwelpen Lia bei uns ein. Doch nicht nur sie. Mit ihr auch eine Flut von Liebe, mit der ich nicht gerechnet hatte. Es war beinahe so, als würde ich wehenfrei noch einmal Mutter werden. Ein Wunder, dass ich die Kleine nicht auch noch an die Brust nahm. Und wenn die ganze Familie über sie gebeugt sass, ihr weiches Fell streichelte und ihre winzigen Pfötchen betrachtete, gab es nur ein Wort, das unser aller
Zustand beschreiben konnte: schockverliebt.
Lia schenkte uns eine pädagogisch wertvolle Erfahrung nach der anderen.
Doch über jene romantischen Gefühle hinweg, brachte dieses kleine Wesen Qualitäten in unsere Familie, die bei den Kindern ein Verhalten auslösten, die auch die rhetorisch besten elterlichen Vorträge nie möglich gemacht hatten. Lia schenkte uns eine pädagogisch wertvolle Erfahrung nach der anderen. Zum Beispiel mussten die Kinder Lia lesen lernen, um eine Beziehung zu ihr aufzubauen. Waren die Kinder etwas zu ungestüm und zu sehr auf ihre eigenen Bedürfnisse fokussiert, haute Lia ab und versteckte sich. Und obwohl wir keinen eigentlichen Plan haben, wer wann füttert oder das Kistchen säubert, war bei den Kindern die von uns oft erfolglose geforderte Verantwortung automatisch da, weil sie wollten, dass es Lia gut geht.
Lia lernte uns auch viel über Autonomie. Darüber, dass für andere nicht immer gut ist, was wir für richtig halten. Nie mehr kehrte sie an ihren Lieblingsplatz im Regal, inmitten von Büchern und Ordern zurück, als wir beschlossen, dass das doch furchtbar unbequem für sie sein muss und ihr fürsorglich ein Kissen ins Regal legten.
Wie wäre es mit einem weiteren Haustier?
Und mich lehrte die Kleine, alte Gewohnheiten abzulegen, in Form meiner seit Jahren rot lackierten Zehennägel. Jedes Mal drehte Lia durch, wenn sie diese ins Visier bekam und sie – Autsch – versuchte einzufangen. Nach unzähligen Kämpfen wurde es mir dann zu rot. Seit da sind meine Nägel blau lackiert und interessieren Lia kein bisschen mehr. Dafür habe ich aber eine neue Vorliebe für blaue Zehennägel entdeckt.
So viel Empathie, Liebe und Verantwortung hat diese kleine Katze in unsere Familie gebracht, wie ich es nie für möglich gehalten hätte und nicht mehr missen möchte. Und sollten die Kinder eines Tages fragen, ob wir nicht mal ins Legoland fahren können, werde ich wohl antworten: «Naja, können wir natürlich. Aber sagt mal Leute, wie wäre es eigentlich mit einem weiteren Haustier?»
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