Faktencheck zu günstigen Anlageprodukten«Grüne» Aktienfonds tragen oft wenig zum Umweltschutz bei
Nachhaltige Wertschriften liegen zwar im Trend, doch häufig ist ihr Beitrag zur Umwelt nur gering oder überhaupt fraglich. Zudem drohen magere Renditen.
Hochtrabende Versprechungen zu nachhaltigen Aktien sind in verschiedener Hinsicht öfter mehr Schein als Sein. Dieses Fazit lässt sich nach der Lektüre einer neuen Studie des VZ Vermögenszentrums ziehen. Die Finanzdienstleisterin und -beraterin hat mehrere Behauptungen einem Faktencheck unterzogen. Der Fokus der Untersuchung liegt auf passiven Aktienindexfonds, die als nachhaltig angepriesen werden.
Ein verbreitetes Missverständnis besteht offensichtlich bei den ESG-Kriterien, die unter anderem bei der Beurteilung der Nachhaltigkeit eine bedeutende Rolle spielen. Die Abkürzung ESG steht nicht nur für Umwelt, sondern auch für Gesellschaft und Unternehmensführung (Environmental, Social, Corporate Governance). In manchen Bewertungen wird der Umweltschutz aber in der Regel nur mit rund 20 Prozent gewichtet. Deutlich mehr Einfluss auf das Bewertungsresultat haben in diesen Ratings Gesellschaft und Unternehmensführung mit je 40 Prozent.
Kundschaft geht oft von falschen Annahmen aus
«In der Beratung stellen wir häufig fest, dass Kundinnen und Kunden aufgrund des ESG-Ratings von falschen Annahmen ausgehen», sagt Manuel Rütsche, Co-Autor der Studie und Finanzspezialist beim VZ Vermögenszentrum. Rütsche hat verschiedentlich Werbung von Finanzinstituten gesehen, die bei Kundinnen und Kunden falsche Erwartungen schüren dürften.
Immerhin investieren als nachhaltig beworbene Fonds gemäss Studie «tendenziell» in Firmen mit geringeren Umweltbelastungen. Doch leider nicht immer. Je nach Kriterien, Regionen oder Methodik haben klassische Indexfonds teilweise sogar bessere Eigenschaften.
Zudem bleibt fraglich, ob Anlegerinnen und Anleger mit solchen Fonds überhaupt einen positiven Beitrag zum Klima leisten können. Wie stark sich eine solche Investition auswirkt, sei in der Praxis schwierig zu messen oder zu belegen. Deshalb fassen die Studienautoren die Wirkung lapidar zusammen mit: «in gewissen Fällen vielleicht ein bisschen». Gemäss empirischen Studien lasse sich am ehesten etwas über eine aktive Einflussnahme durch Aktionäre erreichen.
Gebührenunterschied ist kleiner geworden
Verschiedentlich wurde schon über hohe Gebühren für nachhaltige Anlagen berichtet. Bei den im Rahmen der Studie untersuchten günstigen Indexfonds gibt es aus Kundensicht erfreuliche Resultate: «Der Gebührenunterschied zwischen nachhaltigen und klassischen Fonds ist kleiner geworden», sagt Rütsche.
«Banken nutzen das ESG-Thema, um den Verkauf der teuren Fonds mit einer neuen Geschichte anzukurbeln, indem sie an die Moral der Kundschaft appellieren.»
Er räumt aber ein, dass es bei den aktiv verwalteten Fonds immer noch grosse Unterschiede gibt: «Banken nutzen das ESG-Thema, um den Verkauf der teuren Fonds mit einer neuen Geschichte anzukurbeln, indem sie an die Moral der Kundschaft appellieren.»
Trotz hoher Gebühren enttäuscht jedoch regelmässig die Rendite bei aktiv verwalteten nachhaltigen Aktienfonds. Sie schneiden also häufig schlechter ab als klassische Fonds, die sich beispielsweise an einem Börsenindex orientieren. Ein Grund liegt laut Rütsche unter anderem in der vergleichsweise schlechten Diversifikation.
Widersprüchliche Ratings
Eine Orientierungshilfe für Anlegerinnen und Anleger bieten verschiedene Agenturen mit Ratings. Doch leider ist der Umgang damit nicht einfach. Gemäss Studie weisen verschiedene Agenturen nur in «einigen Fällen» ähnliche Resultate aus. «Meist» gibt es von Agentur zu Agentur Abweichungen, «teilweise extrem stark».
Manchmal führen auch Banken eigene Ratings durch. Rütsche warnt davor, wenn Banken mit eigenen Ratings eigene Finanzprodukte verkaufen: «Bei einem solchen Interessenkonflikt drohen die Interessen der Kundinnen und Kunden auf der Strecke zu bleiben.»
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