Bilanz der Schweiz am ESCDie grössten Erfolge und Tiefschläge aus 69 Jahren Eurovision Song Contest
Im Mai startet in Basel der 69. ESC. Davor nutzen wir die Ruhe vor dem Sturm für einen Rückblick.
![Der Moment, in dem Céline Dion 1988 in Dublin zur Siegerin gekürt wird.](https://cdn.unitycms.io/images/1HmgzgQZ4_SBYfEKL1CILd.jpg?op=ocroped&val=1200,800,1000,1000,0,0&sum=RKX5Aei34bI)
- Lys Assia gewann 1956 den ersten Eurovision Song Contest für die Schweiz.
- Céline Dion holte 1988 den nächsten Sieg für die Schweiz mit einem internationalen Hit.
- Immer wieder erzielte die Schweiz eine Bewertung von null Punkten.
- Luca Hänni erreichte 2019 den vierten Platz und erzielte einen Punkterekord.
Der Eurovision Song Contest kehrt nach 36 Jahren wieder an seinen Ursprungsort, in die Schweiz, zurück. Das nehmen wir zum Anlass, in Erinnerungen zu schwelgen. Das sind die höchsten Hochs und die tiefsten Tiefs, die die Schweiz seit 1956 erlebt hat:
Wie 1956 alles begann
![Schweizer Sängerin Lys Assia erhält in den 1950er Jahren die Goldene Schallplatte von Decca für ihr Lied "Refrain".](https://cdn.unitycms.io/images/7xmYNnSVqK_9mescaCICPL.jpg?op=ocroped&val=1200,800,1000,1000,0,0&sum=8PvteAnAiyI)
Als die gebürtige Aargauerin Lys Assia 1956 den ersten Eurovision Song Contest gewinnt, trägt dieser noch den etwas sperrigen Namen «Grand Prix Eurovision de la Chanson». An der ersten Ausgabe, die in Lugano über die Bühne geht, singt sie sich mit «Refrain» in die Herzen der Zuhörerinnen. Als sie im Folgejahr wieder für die Schweiz teilnimmt, landet sie auf dem zweitletzten Platz. Wieder ein Jahr später, 1958, schafft sie es mit nur drei Punkten Rückstand wiederum auf den zweiten Platz.
Eurovision: Auf einen Flop folgt der nächste
![Géraldine Gaulier vertritt die Schweiz beim Eurovision Song Contest 1967 in der Wiener Hofburg.](https://cdn.unitycms.io/images/Ft4eZoaaagIApP85upYB7K.jpg?op=ocroped&val=1200,800,1000,1000,0,0&sum=Y3bh_5-0xAo)
Nach anfänglichem ESC-Glück verfliegt die Euphorie in den darauffolgenden Jahren schnell. Die Schweizer Beiträge scheinen beim Publikum einfach nicht richtig anzukommen. 1964 erhält Anita Traversi für ihre Performance des Liedes «I miei pensieri» nicht einmal einen einzigen Punkt. Das Dilemma mit den «Zero Points for Switzerland» wird bald schon ein etabliertes: Nur drei Jahre später erhält die Kandidatin Géraldine ebenfalls die zerschmetternde Bewertung von null Punkten.
Und so vergeht Jahr um Jahr, in denen die Schweiz mal neben dem Podest, viel öfter jedoch irgendwo im belanglosen Mittelfeld landet mit ihren Auftritten. In den 80ern geht es dann wieder etwas bergauf: 1982 erreicht Arlette Zola mit «Amour on t’aime» den dritten Platz, und vier Jahre später schafft es Daniela Simons sogar auf den zweiten Platz.
Die Kanadierin Céline Dion siegt beim ESC für die Schweiz
![ESC-Gewinnerin Céline Dion schneidet im Beisein der Songschreiberin Nella Martinetti (Mitte) und des Komponisten Attila Sereftug (links) eine Torte an.](https://cdn.unitycms.io/images/1tHLkDji4Ro8eIrHvdTyw0.jpg?op=ocroped&val=1200,800,1000,1000,0,0&sum=9yymQ_dfgzE)
So richtig stolz sind die Schweizerinnen und Schweizer dann aber erst wieder, als eine damals in Europa noch unbekannte 20-Jährige mit braunem Lockenschopf und unverkennbarer Stimme auf der ESC-Bühne in Dublin den Startschuss für ihre internationale Karriere gibt. Céline Dion stürmt 1988 mit «Ne partez pas sans moi» zuoberst aufs Podest und sorgt dafür, dass der Eurovision Song Contest 1989 wieder in der Schweiz durchgeführt wird. Dabei glauben sich die Engländer schon als Sieger – das damalige Jugoslawien reisst das Steuer mit seiner Punktevergabe aber noch herum.
![Die Band Riva feiert ihren Sieg beim Eurovision Song Contest 1989 in Lausanne. Mitglieder jubeln während der Punktevergabe.](https://cdn.unitycms.io/images/4_Gei-92KrMBxyAW2-Lc5Y.jpg?op=ocroped&val=1200,800,1000,1000,0,0&sum=PwDyWEpQzjs)
In Lausanne vertritt im folgenden Jahr dann die Gruppe Furbaz das Gastgeberland mit dem bis heute einzigen rätoromanischen ESC-Lied: «Viver senza tei». Furbaz landet auf Platz 13 von 22, den Sieg holt 1989 Jugoslawien, das die Band Riva mit dem Song «Rock me» ins Rennen schickt.
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Die Schweiz muss aussetzen
In den kommenden Jahren schafft es die Schweiz nicht, am internationalen Musikwettbewerb zu überzeugen. 1993 kommt Annie Cotton auf den 3. Platz. Dieses Erfolgserlebnis soll aber vorerst das letzte bleiben, denn es folgt eine längere Durststrecke. Daran schuld ist nicht nur mangelnde Gunst der Zuhörer, sondern möglicherweise auch eine neue Regelung. Diese besagt nämlich, dass aufgrund der wachsenden Zahl an partizipierenden Ländern nur noch die Nationen auf den Plätzen 1 bis 18 im Folgejahr teilnehmen dürfen.
Darum muss die Schweiz 1995 zum ersten Mal aussetzen. Als Gunvor Guggisberg drei Jahre später für die Performance von «Lass ihn» null Punkte erhält, muss die Schweiz am ESC 1999 gezwungenermassen zum zweiten Mal aussetzen. Auch in den Jahren 2001 und 2003 darf die Schweiz nicht teilnehmen, weil es nicht für eine Platzierung unter den Top 18 reicht.
Als 2004 dann der Halbfinal eingeführt wird, scheidet die Schweiz mit «Celebrate!» von Piero Esteriore & The MusicStars bereits in der Vorentscheidung aus – «Zero Points for Switzerland», schon wieder. Zu dieser Zeit gehört die Schweiz zu den erfolglosesten Nationen, die am Eurovision Song Contest dabei sind.
Ein ESC-Song verletzt religiöse Gefühle
2007 schickt die Schweiz ihren Popstar DJ Bobo ins Rennen in Helsinki – und staunt nicht schlecht, als dieser dann schon im Halbfinal rausfällt, obwohl er als Favorit gehandelt wird. Bereits im Vorfeld gibt es Tumult um den anstehenden ESC-Auftritt. Grund dafür: Der Song «Vampires Are Alive» sorgt mit seinem Inhalt bei einigen Christen und Christinnen im Land für Unmut.
Im März 2007 reicht die Schweizerische Evangelische Allianz Beschwerde ein, weil sie der Ansicht ist, «Vampires Are Alive» würde eine «Bedrohung für suizidgefährdete Menschen» darstellen. Die Eidgenössisch-Schweizerische Union sammelt indessen 50’000 Unterschriften, die verhindern wollen, dass DJ Bobo am Eurovision Song Contest auftritt. Sie fordern, «dass die Schweiz im europäischen Gesangswettbewerb nicht mit Satanismus und Okkultismus, sondern mit schweizerischen Werten» vertreten werde.
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Die Schweiz lässt sich jedoch nicht beirren und schickt DJ Bobo trotzdem nach Finnland. Als dieser dann grandios scheitert, kommentiert er seine Niederlage damit, dass er nicht 100 Prozent abrufen konnte. Den eigentlichen Grund sieht DJ Bobo aber woanders: «Ich will die Schuld nicht nur auf andere schieben, das bin ich nicht. Aber für die westlichen Länder wird es im Finale nichts zu lachen geben.» Damit spielt er darauf an, dass der «Ostblock» seine Punkte unter sich verteile. Neun von zehn Ländern, die es 2007 ins Finale schaffen, sind aus dem Osten.
Neues Auswahlverfahren bringt Hoffnung für die Schweizer
Viele ESC-technisch mehr oder weniger irrelevante Jahre gehen ins Land, bis es Luca Hänni gelingt, das musikalische Image der Schweiz aufzupolieren. Nachdem die Schweiz so viele Niederlagen durchstehen musste, entscheidet sich SRF nämlich, ein neues Auswahlverfahren einzuführen: In einem mehrstufigen Prozess werden die ESC-Teilnehmenden seither von Publikums- und Fachjurys bestimmt.
Und siehe da: Luca Hänni schafft es 2019 auf den 4. Platz in Tel Aviv und bricht mit insgesamt 364 Punkten den bis anhin geltenden Rekord der Schweiz.
![Luca Hanni singt beim Eurovision Song Contest 2019 in Tel Aviv, umgeben von Tänzern in Rot, auf der Bühne vor leuchtenden Streifen.](https://cdn.unitycms.io/images/1zkf_yXVaQI8qQCf0LAttS.jpg?op=ocroped&val=1200,800,1000,1000,0,0&sum=5AhdH03NC2M)
Das neue Auswahlverfahren scheint aber nur bedingt Wirkung zu zeigen: Als der Freiburger Gjon’s Tears nach einer Corona geschuldeten Zwangspause 2021 «Tout l’univers» performt, schafft er es damit, nach zwischenzeitlicher Führung im Jury-Voting, auf den dritten Platz. Als dann Marius Bear und Remo Forrer in den zwei darauffolgenden Jahren auftreten, fällt das Schlussurteil hingegen eher schlecht als recht aus, und die Schweiz schafft es nur auf den 17. beziehungsweise 20. Platz.
Dann kam Nemo
![Nemo feiert den Sieg für die Schweiz mit dem Song ’The Code’ beim Eurovision Song Contest 2024 in Malmö. Er hält die Trophäe hoch, umgeben von Kameraleuten.](https://cdn.unitycms.io/images/DM87tEzJ42pBKy-LJOK6ad.jpg?op=ocroped&val=1200,800,1000,1000,0,0&sum=ExuuGVvJ4eU)
Das jüngste Highlight in der Schweizer ESC-Geschichte ist Nemo mit dem Lied «The Code», das am Eurovision Song Contest 2024 Malmö so sehr gefällt, dass es der Schweiz nach langem Warten wieder einmal den ersten Platz einbringt. «The Code» bricht hierzulande ausserdem Streaming-Rekorde, was für einen ESC-Song eher ungewöhnlich ist.
Nemo hat sich 2023 gegenüber dieser Redaktion als nonbinär geoutet. In «The Code» gehe es um die Reise zu sich selbst. Zum 1. Platz sagt Nemo: «Dieser Sieg gehört nicht nur der Schweiz und der Schweizer Musikszene, er ist vor allem auch ein Sieg für die ganze LGBTQIA±Community. Ich bin so stolz, als erste nonbinäre Person den ESC gewonnen zu haben!»
Dank Nemos Performance wird dieses Jahr ein ganz besonderes Stückchen Geschichte geschrieben, wenn der Eurovision Song Contest zum dritten Mal in der Schweiz stattfindet.
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