Black Lives MatterEr war schon politisch, als das noch nicht cool war
Muhammad Ali war einer wie keiner: witzig, kampfeslustig und schlagfertig – im Ring und daneben. Die BBC hat ein Interview ausgegraben, das den Jahrhundertboxer von seiner besten Seite zeigt.
Er war: Grossmaul. Rebell. Freiheitskämpfer. Friedensaktivist. Und ständig angefeindet. Als Verweigerer des Wehrdienstes und eines Einsatzes im Vietnamkrieg. Als Konvertit zum Islam. Vor allem aber schlicht: wegen seiner Hautfarbe. Gerade in seiner Heimatstadt Louisville im Bundesstaat Kentucky. Die Gegend ist durch und durch ländlich und weiss, sehr weiss, viel konservativer als in diesem Teil des Bibelgürtels geht es kaum.
Als ein junger Mann namens Cassius Clay einige Tage nach seinem Olympiasieg bei den Sommerspielen 1960 in Rom im Zentrum von Louisville einen Hotdog essen wollte, wies ihn die Bedienung aus dem Restaurant: «Wir bedienen keine Schwarzen.»
Gestorben ist der grösste Boxer der Geschichte und einer der herausragendsten Sportler überhaupt vor fast genau vier Jahren, doch Muhammad Ali hätte einiges zu sagen gehabt über die Geschehnisse in den USA in den letzten Tagen. Hätte viel beitragen können zur Debatte seit dem gewaltvollen Tod des Afroamerikaners George Floyd durch das Knie eines weissen Polizisten in Minneapolis. Und er hätte wohl seine Freude daran gehabt, wie sehr sich gerade zahlreiche Sportlerinnen und Sportler jetzt äussern. Schwarz oder weiss, Frau oder Mann, Superstar oder Mitläufer: «Black Lives Matter» ist nicht zuletzt dank des Sports endlich in der Mitte der amerikanischen Gesellschaft angekommen.
Muhammad Ali jedoch war schon politisch, als das noch nicht opportun war für einen Sportler oder sogar hip und cool. Als er noch Cassius Clay hiess. Der Rausschmiss aus dem Restaurant in Louisville traf ihn hart – und prägte ihn fürs Leben. Er sagte einst: «Ich hatte für mein Land gekämpft, doch ich konnte in meiner Heimatstadt nichts essen gehen? Da war mir klar: Etwas läuft gewaltig schief. Also trat ich zum Islam über.» Als Muhammad Ali schliesslich feierte er noch grössere Siege als damals als schmächtiger Halbschwergewichtler. Als Muhammad Ali erlangte er Weltruhm.
Ein Museum erinnert an den Champ
Seine Geschichte wird eindrücklich im fantastischen Muhammad Ali Center nacherzählt, das 2005 in Louisville zu Ehren des berühmtesten Sohnes der Stadt am Ohio River eröffnet wurde. Und dass ihm hier und jetzt dieser Artikel gewidmet ist – daran ist die BBC schuld. Der englische TV-Sender hat vor ein paar Tagen ein Interview ausgegraben und seither in den sozialen Medien verbreitet, das Ali dem Talkmaster Michael Parkinson gegeben hat. Viermal war er in dessen beliebter Show zu Gast, dieser Auftritt datiert vom Jahr 1971:
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Es ging, wie meistens, um die Rassenfrage und die Ungleichbehandlung von Schwarz und Weiss im Amerika jener Tage. «Ich habe meine Mama gefragt: ‹Mutter, warum ist alles weiss? Warum ist Jesus weiss, hat blonde Haare und blaue Augen? Warum sind beim Letzten Abendmahl nur weisse Männer? Die Engel sind weiss, der Papst und Maria und sogar die Engel.› Ich fragte: ‹Mutter, wenn wir sterben, kommen wir dann auch in den Himmel?› Sie sagte: ‹Natürlich.› Und da fragte ich: ‹Aber was war mit all den schwarzen Engeln, als sie die Fotos gemacht haben?›»
Oder dann die Sache mit Tarzan. «Ich habe mich immer gewundert: Tarzan ist der König des afrikanischen Dschungels, doch er ist weiss. Und dieser weisse Mann schwingt mit einer Windel in der Gegend herum. Und dann spricht Tarzan mit den Tieren, jedoch all die Afrikaner, die seit Jahrhunderten dort leben, können nicht mit den Tieren sprechen.» Oder: «Es gibt Schneeweisschen und den weissen Weihnachtsmann. Und der Präsident lebt im Weissen Haus. Aber das hässliche Entlein ist schwarz, und die schwarze Katze bringt Pech.»
Der Clip, nur wenige Minuten lang (oder vielmehr kurz), zeigt alles, was Ali so einmalig machte und so faszinierend, all seinen Charme und Witz und Scharfsinn, seine Aura und Präsenz – und die Fähigkeit, eine Botschaft messerscharf beim Publikum anzubringen. Aber, erzählte Michael Parkinson Jahre später einmal, der eben auch eklig widerborstig und unnachgiebig sein konnte. «Wehe, du hast ihn herausgefordert. Dann drehte der Wind schnell.»
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