Ihr Browser ist veraltet. Bitte aktualisieren Sie Ihren Browser auf die neueste Version, oder wechseln Sie auf einen anderen Browser wie ChromeSafariFirefox oder Edge um Sicherheitslücken zu vermeiden und eine bestmögliche Performance zu gewährleisten.

Zum Hauptinhalt springen

Freispruch für Drogenboss
Er verbreitet wieder Angst

Im Juni 2016 wird El Güero Palma Salazar von den USA in seine Heimat Mexiko ausgeliefert. Nun steht er kurz vor seiner Entlassung.

Wenn Sie die Serie «Narcos: Mexico» geschaut haben, erinnern Sie sich vielleicht, dass er in der ersten Staffel auftritt, gespielt vom spanischen Schauspieler Gorka Lasaosa.

Jesús Héctor Luis Palma Salazar alias El Güero Palma (der blonde oder hellhäutige Palma) gehört zu den wenigen noch lebenden historischen Bossen der mexikanischen Drogenmafia. Bis vor kurzem sass er im Hochsicherheitsgefängnis Altiplano in der Nähe der mexikanischen Hauptstadt. Der 80-Jährige hat in den USA und in Mexiko eine insgesamt 26-jährige Haftstrafe hinter sich. Doch Anfang Mai fällt ein Gericht im Bundesstaat Jalisco ein überraschendes Verdikt: Mehrere Anschuldigungen gegen den Drogenboss habe die Staatsanwaltschaft zu wenig überzeugend nachgewiesen, weshalb er sofort auf freien Fuss zu setzen sei.

Ein schauderndes Raunen geht durch die Öffentlichkeit, durch Justiz- und Polizeibehörden, bis hinauf zum Präsidenten Andrés Manuel López Obrador.

Der spanische Schauspieler Gorka Lasaosa (3. v. l.) als El Güero Palma in «Narcos: Mexico».

El Güero Palma beginnt seine Karriere in den 1980er-Jahren als Killer für das damalige Kartell von Guadalajara. Für die mexikanische Drogenmafia sind es goldene Zeiten. Zwischen den Syndikaten herrscht Frieden, mit dem Staat besteht ein Stillhalteabkommen, und dank der Zusammenarbeit mit kolumbianischen Kartellen explodiert der Schmuggel von Kokain in die USA – und der Reichtum des organisierten Verbrechens.

Unvorstellbare Gräuel

Als die mexikanische Pax mafiosa Ende der 1980er-Jahre zerbricht, gründet El Güero Palma gemeinsam mit Joaquín Guzmán Loera alias El Chapo Guzmán das Sinaloa-Kartell. Im Kampf mit dem Kartell von Tijuana, angeführt von den Arellano-Félix-Brüdern, spielen sich unvorstellbare Gräuel ab.

Einmal erhält El Güero eine Kühltruhe mit dem abgetrennten Kopf seiner Ehefrau darin. Ein andermal ein Video, auf dem er mit ansehen muss, wie seine beiden Kinder, die vierjährige Nataly und der fünfjährige Héctor, von einer 150 Meter hohen Brücke in den Tod gestossen werden. El Güero rächt sich, indem er Familienangehörige und Anwälte seiner Gegner ermorden lässt. Verhaftet wird er 1995, nachdem auf dem Weg zu einem Hochzeitsfest sein Privatjet abgestürzt ist.

Experten befürchten, dass El Güero nach seiner Freilassung offene Rechnungen begleichen könnte.

In Mexiko befürchten nun Sicherheitsexperten, dass aus jener Zeit noch immer Rechnungen offen sind und El Güero versuchen könnte, sie nach seiner Freilassung zu begleichen. Während einer Pressekonferenz sagt Präsident López Obrador: «Wir müssen die Ehre und Würde des mexikanischen Staates schützen.»

Wahrscheinlich denkt er dabei an einen anderen historischen Capo, nämlich an Rafael Caro Quintero. Er kam 2013 nach 28-jähriger Haft wegen eines juristischen Formfehlers frei, stieg wieder ins Geschäft ein und ist heute der meistgesuchte Verbrecher auf der Liste der amerikanischen Drogenpolizei DEA – für Mexiko eine nationale Schmach.

Es bleiben 40 Tage

Ein 80-Jähriger verbreitet Angst. So viel Angst, dass sich die mexikanische Regierung in einer rechtsstaatlich fragwürdigen Aktion entschlossen hat, das Gerichtsurteil zu ignorieren. Als El Güero im Morgengrauen des 4. Mai das Hochsicherheitsgefängnis verlässt, nimmt ihn die Polizei gleich wieder fest. Nun haben die Behörden 40 Tage Zeit, um in sämtlichen Bundesstaaten nachzuforschen, ob noch irgendetwas gegen El Güero vorliegt, das sich strafrechtlich verwerten lässt.

Falls nicht, müsste er eigentlich freikommen. Eigentlich. Denn in Mexiko, dem schönsten und zugleich schrecklichsten Land der Welt, weiss man in solchen Fällen nie.