Covid-Massnahmen des BundesBundesrat verzichtet vorerst auf schärfere Massnahmen
Die Wissenschafts-Taskforce empfiehlt schärfere Vorschriften gegen die Corona-Pandemie. Der Bundesrat wartet aber vorerst ab – und fokussiert auf Hilfsgelder für die Wirtschaft.
Restaurants und Freizeitbetriebe schliessen, private Treffen auf zwei Haushalte beschränken: Das empfiehlt die Covid-Wissenschafts-Taskforce in ihrem jüngsten Papier. Zuzuwarten bedeute, die Risiken zu erhöhen für die körperliche und geistige Gesundheit der Bevölkerung sowie für die Wirtschaft und die Gesellschaft.
Diese Risiken nimmt der Bundesrat jedoch in Kauf: Er bereitet für seine Sitzung vom Mittwoch keine Verschärfung der Massnahmen vor, wie aus zuverlässiger Quelle zu erfahren ist. Im Zentrum der Corona-Entscheide dürfte das Hilfspaket für die Wirtschaft stehen. Dieses will der Bundesrat von total 400 Millionen auf neu 1 Milliarde Franken aufstocken. Davon soll der Bund zwei Drittel statt die Hälfte übernehmen, den Rest müssen die einzelnen Kantone beisteuern.
Abwarten, wie sich die jüngsten Massnahmen auswirken
Die Vertagung weiterer Massnahmen wird in Bern unter anderem damit begründet, dass derzeit noch unklar sei, wie sich die bisherigen Schritte vom 28. Oktober ausgewirkt haben. Üblicherweise zuverlässigen Informationen zufolge wurde am Dienstag eine neuerliche Lagebeurteilung durch die Wissenschafts-Taskforce auf Ende Woche erwartet. Sowohl das Innendepartement von Gesundheitsminister Alain Berset als auch die Taskforce kommunizierten am Mittwoch aber, es sei vorerst keine neue Lagebeurteilung vorgesehen.
Derzeit sinkt die Zahl der vom Bundesamt für Gesundheit (BAG) gemeldeten Neuinfektionen, auch hat sich die Verbreitung des Coronavirus verlangsamt. Am Dienstag bezifferte das BAG die neuen Fälle auf 4560, deutlich weniger als am Freitag, als 6739 erfasst wurden. Das BAG äussert sich dennoch zurückhaltend. «Wir sind vorsichtig optimistisch, dass die Entwicklung sich verbessert», sagte Virginie Masserey, Leiterin der Sektion Infektionskontrolle, am Dienstag. Die Zahlen müssten aber noch viel stärker sinken.
Auf weitere Verschärfungen drängt auch Epidemiologe Christian Althaus:
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Die normalen Intensivbetten sind voll
In den Spitälern wird sich die Situation wegen der zeitlichen Verzögerung vorerst weiter zuspitzen, wie Andreas Stettbacher vom Koordinierten Sanitätsdienst der Armee sagte. Aktuell sind die 900 regulären Intensivbetten komplett besetzt. Nicht zertifizierte Reservebetten seien aber noch verfügbar, und diese könnten noch einmal auf total 1400 Betten aufgestockt werden. Das bedinge den Verzicht auf Wahleingriffe. Zudem organisiert die Rettungsflugwacht Rega täglich bis zu sechs Verlegungen von vollen in weniger stark ausgelastete Spitäler.
Noch bestehen grosse Unsicherheiten bei der Interpretation der Lage. Der Anteil positiver Tests liegt unverändert bei rund 25 Prozent, sehr viele Ansteckungen werden nicht erfasst. Zudem sinkt die Zahl der Tests, wofür das BAG keine schlüssige Erklärung hat. «Die Situation ist weiterhin sehr fragil», fasste Masserey zusammen. Auf die Frage, ob das BAG weitere Einschränkungen des öffentlichen Lebens für nötig halte, antwortete sie ausweichend: «Die Entscheidung darüber obliegt der Politik.»
Schnelltests kommen an die Schulen
Das BAG bereitet andere Massnahmen vor, um das Virus besser zu kontrollieren. Die Schnelltests etwa, von denen pro Tag 50’000 zur Verfügung stünden, werden zu wenig genutzt. Es brauche etwas Zeit, bis sich die Abläufe in allen Arztpraxen und Apotheken eingespielt haben. Das BAG will das nun forcieren: Die Schnelltests sollen dazu dienen, bei einem Infektionsherd rasch alle möglicherweise Angesteckten abzuklären, beispielsweise an Schulen. «Wir überlegen uns, wie wir Schnelltests an Schulen am besten einsetzen könnten», sagte Masserey.
Interessiert ist das BAG ferner an Massentests. Die Slowakei liess Ende Oktober alle rund 5,5 Millionen Einwohner testen. Österreich prüft, vor Weihnachten möglichst allen Interessierten einen Test zu ermöglichen. Darüber könne man auch in der Schweiz diskutieren, sagte Masserey, schränkte aber ein: Aktuelle Schnelltests erkennen Infizierte ohne Symptome nur bedingt.
Bund beschafft Sonderkühlgeräte für Impfstoff
In Vorbereitung ist zudem eine grosse Impfaktion, nachdem Verlautbarungen der zwei Hersteller Pfizer/Biontech und Moderna vermuten lassen, dass die Vakzine zum Greifen nah sind (Lesen Sie dazu: Was man über die beiden Impfstoffe weiss). BAG-Sprecherin Masha Maria Foursova sagt: «Zurzeit laufen die Vorbereitungen der Lagerungs- und Transportkapazitäten bei Bund und Kantonen.» Der Impfstoff von Pfizer/Biontech etwa muss bei minus 70 Grad Celsius transportiert und gelagert werden. Laut Andreas Stettbacher vom Koordinierten Sanitätsdienst hat der Bund dafür Kühlgeräte beschafft.
Noch unklar ist, wo die Impfungen stattfinden. «Dies ist abhängig vom Impfstoff, dessen Eigenschaften und den Impfempfehlungen», sagt Foursova. Deshalb bereiteten sich Bund und Kantone auf mehrere Varianten vor: Spitäler, Apotheken, Arztpraxen, Impfzentren und allenfalls mobile Equipen. Offen ist, wer zuerst und wer erst später geimpft werden soll. Die Priorisierung sei noch nicht geklärt, bestätigt Virginie Masserey. Dazu brauche es weitere Studien über Wirksamkeit und Verträglichkeit der Impfstoffe bei verschiedenen Alterskategorien.
In einer früheren Version dieses Artikels stand, der Bundesrat habe bei der Taskforce eine neuerliche Lagebeurteilung bestellt. Diese Information trifft gemäss dem Eidgenössischen Departement des Innern sowie der Taskforce nicht zu.
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