Corona-Medienkonferenz des Bundes«Die zertifizierten Betten sind schweizweit praktisch ausgelastet»
Der Bund hat über den aktuellen Stand der Pandemie informiert. Sorgen bereiten die Intensivstationen.
Das Wichtigste in Kürze
Auskunft gaben Virginie Masserey, Leiterin Sektion Infektionskontrolle, Bundesamt für Gesundheit BAG, sowie Andreas Stettbacher, Delegierter des Bundesrates für den Koordinierten Sanitätsdienst (KSD).
Zu den Spitalbetten
Die 876 zertifizierten Intensivbetten sind praktisch belegt, schweizweit wurden zusätzlich 240 geschaffen.
Fast 19 Prozent der Patienten in den Akutbetten seien Covid-19-Patienten. Auf den Intensivstationen seien 60,2 Prozent aller Patienten an Corona erkrankt.
Das oberste Ziel sei, eine Spitalüberlastung zu verhindern, sagte Masserey, deshalb der Fokus auf diese Entwicklung.
Sorge bereite insbesondere die steigende Zahl der Todesopfer.
Zu den Impfstoffen und möglichen Impfungen
Eine allgemeine Impfpflicht sei sicher nicht vorgesehen, erklärte Masserey.
Es gelte sicher, die Risikogruppen zuerst zu schützen.
Die Vorbereitungen für Impfungen laufen.
Die Armee soll für die Lagerung und Verteilung des Impfstoffs in die Kantone zuständig sein, sagte Stettbacher.
Zu Tests
Eine Bilanz zu den Schnelltests zu ziehen, sei noch zu früh. Kenntnis von Unzuverlässigkeit oder Problemen haben die Experten aber nicht.
Es könnten noch mehr Schnelltests gemacht werden, aber es brauche wohl noch Zeit.
«Wenn wir mehr Schnelltests durchführen würden, würde die Positivrate sinken.»
Es liege aber an den Kantonen, diese Kapazitäten auszubauen, sagte Masserey.
Massentests wie in Österreich seien aktuell nicht geplant.
Zusammenfassung
«Wir können nicht ewig darauf setzen, dass die Spitäler ständig die Akutbetten aufstocken», sagte Virginie Masserey, Leiterin Sektion Infektionskontrolle beim BAG, am Dienstag vor den Bundeshausmedien. Um Druck von den Spitälern zu nehmen, sei die weitere konsequente Einhaltung der Corona-Massnahmen essenziell.
Im Übrigen sprach Masserey von «immer noch hohen Zahlen», die Anlass zur Sorge seien, auch wenn eine Tendenz zu einer leichten Entspannung festzustellen sei.
Masserey sieht insgesamt «Indizien für einen gewissen Effekt», den die vom Bundesrat zuletzt erlassenen Schutzmassnahmen nun langsam zeigen würden. «Die Dinge gehen in die gute Richtung.» Auch die Positivitätsrate stabilisiere sich. Die Reproduktionszahl sei mit knapp unter 1 jedoch noch zu hoch.
Sorge bereite insbesondere die steigende Zahl der Todesopfer. Die hohe Mortalitätsrate begründete sie mit der Schwere der Krankheit und den zeitlichen Verzögerung der schweren Fälle im Vergleich zu den Infektionszahlen.
Vorerst keine Massenschnelltests
Zur Kritik, die Ärzte via Medien zur Verlässlichkeit und Anwendung von Schnelltests geäussert hatten, sagte Masserey, es sei noch zu früh, um Schlüsse zu ziehen. Sie habe keine Kenntnis von derartigen Problemen. Das BAG arbeite an klaren Vorgaben, welche Tests wie und an wem gemacht werden sollten. In diesem Zusammenhang seien auch die Schulen ein Thema.
Massenschnelltests, wie Österreich diese angekündigt habe, seien aber in der Schweiz im Moment kein Thema. Die Tests seien für asymptomatische Personen zu wenig aussagekräftig. «Wir schauen aber nach Österreich», so Masserey. Die Methode habe grundsätzlich durchaus Potenzial.
Keine Impfpflicht für alle
Zu den bevorstehenden Impfkampagnen sagte sie, es werde sicher keine Impfpflicht für alle geben. Hauptziel werde es sein, die schweren Infektionen in den Griff zu bekommen. Die logistische Planung für die Lagerung und Verteilung der künftigen Impfstoffe sei angelaufen.
Dabei spielt die Armee eine zentrale Rolle. Kühlaggregate sind beschafft und in Validierung. Mit den Kantonen laufen Gespräche, wie die Verteilung der Impfstoffe stattfinden soll.
Laut Masserey braucht es je nach Wirksamkeit und Schutzdauer eine Durchimpfungsrate von 60 bis 90 Prozent, um das Coronavirus einzudämmen.
Ende der Medienkonferenz
Damit ist die Medienkonferenz zu Ende. Wir danken Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit. In Kürze folgt eine Zusammenfassung der PK.
Frage: Warum weniger Tests als in der letzten Woche?
Erneut steht Masserey Red und Antwort. Es gebe keine erklärbare Antwort. Das BAG gehe davon aus, dass die Schnelltests eigentlich die Gesamtzahl der Tests erhöhen würden.
Frage: Warum werden die Schnelltests so stiefmütterlich behandelt?
Sie können noch keine definitiven Schlüsse mit den Schnelltests ziehen. Es brauche einfach Zeit, bis sich das mit den Schnelltests durchgesetzt habe, bis vieles organisiert sei.
Frage: Können Schnelltests helfen, die Positivrate zu senken?
Masseerey erklärt: «Wenn wir mehr Schnelltest durchführen würden, würde die Positivrate sinken.» Damit könne die Epidemie besser kontrolliert werden. Es liege aber an den Kantonen, diese Kapazitäten auszubauen, fährt die BAG-Expertin fort.
Frage: Laufen die Vorbereitungen für neue Impfstoffe?
Masserey sagt ja, es würden viele logistische Arbeiten laufen. Stettbacher ergänzt, dass die Armee für Lagerung und Verteilung in den Kantonen zuständig sein.
Frage: Sind Massentests wie in Österreich geplant?
Massereys Replik: Das BAG werde das Geschehen im Ausland genau verfolgen und dann die Resultate in die Überlegungen miteinbeziehen. Allerdings seien die verfügbaren Tests nicht für Massentests validiert.
Frage: Wird die Bevölkerung mit Prognosen der Spitalüberlastung nicht verunsichert?
Masserey sagt, dass die Prognose dazu da seien, eine Überlastung der Spitäler zu verhindern. Stettbacher ergreift noch das Wort: «Die Intensivstationen sind sehr stark ausgelastet, aber sie haben zusätzliche Reserven aufgebaut.». Die Lage sei anstrengend.
Frage: Wer soll zuerst geimpft werden?
Man habe zu wenig Informationen zu möglichen Impfungen, antwortet Masserey. Es gelte sicher die Risikogruppen zuerst zu schützen. Eine allgemeine Impfpflicht sei sicher nicht vorgesehen – allenfalls sehe das Epidemiengesetz eine Impfpflicht für gewisse Personengruppen vor, etwa Pflegende. Das werde man dann anschauen müssen, dazu sei aber noch nichts entschieden.
Frage: Werden noch schärfere Massnahmen folgen, wie bei den Nachbarn?
Wie man das Virus stoppen könne, dazu gebe es verschiedene Massnahmen. Die Schweiz habe sich für einen Mittelweg entschieden. Man schränke die Aktivitäten so weit wie nötig ein, wolle das wirtschaftliche und gesellschaftliche Leben aber möglichst laufen lassen. Der sich abzeichnende Rückgang der Fallzahlen reiche aber noch nicht aus. Man brauche Geduld, fordert Masserey.
Frage: Ist das BAG zufrieden mit den Schnelltests?
Masserey sagt, dass sie noch keine Schlussfolgerungen machen könne. Es brauche wohl mehr Zeit. Aber sie habe keine Kenntnisse davon, dass das besonders kritisch sein solle.
Frage: Haben die jüngsten Massnahmen etwas gebracht?
Wiederum antwortet Masserey: Momentan reiche die Wirkung der Massnahmen noch nicht aus. Es werde aber etwas getan und die Ansteckungszahlen würden nicht mehr im gleichen Massstab ansteigen. Man gehe davon aus, dass die Verlangsamung auf die Massnahmen zurückzuführen sei. Entscheidend sei das Verhalten der Bevölkerung, fügt sie bei. Man sei vorsichtig optimistisch.
Frage: Wie hoch liegt die Kapazität der Tests?
Erneut antwortet Masserey: Die Kapazität lege sehr hoch, da man jetzt auch über Schnelltests verfüge. Die Kapazität sei höher als die Anzahl Tests, die momentan durchgeführt werden.
Frage: Warum sterben so viele Menschen - trotz sinkender Fälle?
Masserey vom BAG erklärt: «Es gibt so viele Tote, weil es eine sehr schwere Krankheit ist. Bei den Hospitalisationen und Todesfällen gibt es zudem eine Verzögerung von ungefähr drei Wochen. Diese zeigen sich also etwas später in der Statistik.»
Ominöse Grenze bei 80 Prozent
Stettbacher führt weiter aus: In der Schweiz gebe es 876 zertifizierte Intensivbetten. Schweizweit gebe es heute zusätzlich 240 freie, nicht zertifizierte Intensivbetten. Diese seien zusätzlich geschaffen worden. «Die zertifizierten Betten sind schweizweit praktisch ausgelastet.» Patienten aus stark ausgelasteten Regionen werden zunehmend in andere Regionen verlegt. Man rufe die Spitäler auf, ab 80 Prozent Auslastung, Intensivpatienten zu verlegen.
Über 60 Prozent an Covid-19 erkrankt
In beiden Bereichen gebe es eine leichte Zunahme an Patienten, meint Stettbacher weiter. Fast 19 Prozent der Patienten in den Akutbetten seien Covid-19-Patienten. Auf den Intensivstationen seien 60.2 Prozent aller Patienten an Corona erkrankt. In beiden Komponenten steige die Zahl der Patienten.
Knappe Reserven
Nun ergreift Stettbacher das Wort. Es gebe landesweit 24'000 Betten, erklärt er. Es stünden 22'211 Akutbetten zur Verfügung, davon seien 16'889 belegt. Das gebe eine Reserve von 24 Prozent. Darüber hinaus seien von den Intensivbetten noch 21 Prozent verfügbar.
Regeln müssen eingehalten werden
Es gebe zwar noch Platz auf den Intensivstationen, man könne sich aber nicht darauf verlassen, dass dies längerfristig so bleibe. Die Romande vom BAG sagt auch, dass man unbedingt die Vorgaben einhalten müsse. Die bekannten Regeln gelten nach wie vor.
Die MK beginnt
Die Medienkonferenz beginnt. Masserey beginnt. Sie wiederholt die bekannten Zahlen von heute. Sie findet immer noch, dass die Zahl der Neuinfektionen und der Hospitalisierungen zu hoch seien. Die Lage sei immer noch besorgniserregend. Man sähe eine Stabilisierung, wenn nicht gar einen leichten Rückgang.
Zertifizierte Intensivbetten praktisch vollständig belegt
Die 876 von der Schweizerischen Gesellschaft für Intensivmedizin (SGI) zertifizierten und anerkannten Intensivbetten, die in der Schweiz normalerweise zur Behandlung Erwachsener zur Verfügung stehen, sind aktuell praktisch vollständig belegt. Das schreibt die SGI in einer Stellungnahme.
Eine Überlastung dieser ordentlichen Bettenkapazitäten habe bisher vor allem deshalb verhindert werden können, weil vielerorts nicht dringende Eingriffe und Behandlungen verschoben worden seien. Auch habe die Erhöhung der Bettenkapazitäten dazu beigetragen, dass die Intensivstationen aktuell nicht schweizweit überlastet seien.
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