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Stellenabbau bei Novartis
Entlassene müssen ihre Nachfolger in Slowenien einarbeiten

Lichterlöschen am Hauptsitz: Novartis zieht einen Teil der Bürojobs ins Ausland ab.
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Homeoffice macht das Einarbeiten von neuen Mitarbeitenden im Ausland einfach: Der Basler Novartis-Angestellte Peter Irmer weist gerade eine neue Bürokraft in Slowenien ein, indem er über Videotelefonie und geteilten Bildschirm die einzelnen Arbeitsschritte erklärt. Auf diese Weise schult Irmer seinen Nachfolger. Denn sein Arbeitsplatz wird aus Spargründen ausgelagert.

«Meine Arbeit wird ab nächstem Jahr in Slowenien gemacht», sagt Irmer. Sein Name ist geändert. Er hat seine Kündigung vor einigen Monaten erhalten und gehört zu den Letzten, die beim vor drei Jahren angekündigten Abbau von 2150 Schweizer Jobs entlassen werden. Zu Beginn der Corona-Krise hatte der Konzern die Kündigungen gestoppt, nun aber erleichtert das weitverbreitete Homeoffice die Auslagerungen sogar.

Irmer ist als KV-Mann seit rund zehn Jahren bei Novartis angestellt. «Mein Verdienst ist schon zu hoch», sagt er. Was er bekommt, jedenfalls im Moment noch, liegt in der Grössenordnung von 7500 bis 8500 Franken brutto. Einen 13. Monatslohn erhält er nicht, aber einen Bonus in der Höhe von rund eineinhalb Monatslöhnen. Der Nachfolger in Slowenien verdient für die gleiche Arbeit weniger als 2500 Euro. Irmer meint dazu: «Was hier zu viel gezahlt wurde, wird dort zu wenig gezahlt.»

Novartis selbst kommentiert individuelle Lohndaten nicht. Konzernsprecher Satoshi Sugimoto erklärt jedoch, dass der Jobabbau zu den 2017 geplanten Sparmassnahmen gehöre, mit denen der Pharmariese seine jährlichen Kosten um eine Milliarde Dollar senken will. «Der Stellenabbau ergab sich vor allem durch neue Technologien, Veränderungen im Produktportfolio, einen Zusammenzug von Funktionen in Servicecentern und die Verschiebungen gewisser Aktivitäten zu Partnerfirmen auch innerhalb der Schweiz», sagt Sugimoto.

Slowenien, Indien, Mexiko, Malaysia, Tschechien, Irland

Die Verlagerung geht jedoch vor allem ins Ausland: Slowenien ist mittlerweile einer der grössten Produktionsstandorte von Novartis. Die für dort nötigen Service- und Supportfunktionen rund um Beschaffung und Vertrieb werden nun auch vor Ort angesiedelt sein. Zusätzlich hat Novartis in dem Land auch einen Teil des Global Operation Center angesiedelt, das den Produktionsstätten weltweit zuarbeitet. Insgesamt arbeiten in Slowenien 5800 Angestellte von Novartis, in welchen Abteilungen, schlüsselt der Konzern jedoch nicht auf.

Auch nach Indien (Hyderabad), Malaysia (Kuala Lumpur), Mexiko-Stadt, Tschechien (Prag) sowie Irland (Dublin) hat Novartis Servicedienste ausgelagert. Forschung und Entwicklung wandern nicht in Niedriglohnländer, wohl aber andere Arbeiten des Pharmakonzerns – etwa Human Resources, IT, Gebäudemanagement.

In Hyderabad wird ein grosser Teil des Medikamentenlagers von Novartis in Pratteln bewirtschaftet: Mitarbeitende in Indien bestellen Produkte nach, wenn ihnen die Daten zeigen, dass die Ware ausgeht. Zudem hat Novartis viele seiner IT-Arbeiten dorthin verlagert.

Ab in den Garten

Peter Irmer arbeitete für Servicedienste bei der Beschaffung. Am Hauptsitz in Basel bleibt von Irmers Abteilung nur noch ein Rumpfteam.

Der Sozialplan von Novartis sieht vor, dass die Entlassung vier Monate im Voraus angekündigt wird, dann erfolgt sie per Freistellung von sechs Monaten. Das heisst, der volle Lohn läuft noch weiter, wenn die Mitarbeitenden schon zu Hause sitzen. Auf Englisch gibt es dafür den schönen Ausdruck Garden Leave.

Beim Abbau der 2150 Jobs musste Novartis bisher lediglich 199 Kündigungen ohne Anschlusslösung aussprechen. Die Mehrheit ging unter Sozialplankonditionen auf eigene Faust, wurde frühpensioniert oder fand innerhalb des Konzerns eine andere Stelle. «Rund 260 Mitarbeitende befinden sich noch im Prozess, und wir suchen nach Lösungen», sagt Sprecher Sugimoto. Insgesamt will Novartis noch rund 900 Stellen des Business Services Center in Basel behalten.

Der Campus von Novartis ist bekannt für seine Architektur: Im Bau des Stararchitekten Frank Gehry vorne rechts ist die Personalabteilung untergebracht.

Seine Büros auf dem Campus hat Novartis inzwischen auch für die Vermietung an Start-ups oder Institute geöffnet. Der Konzern legt jedoch Wert auf die Feststellung, dass dies nichts mit der Stellenauslagerung zu tun habe. Die Öffnung des Novartis-Campus gehöre zur Unternehmensstrategie und zum langfristigen Kulturwandel. «Der Novartis-Campus soll in Zukunft noch stärker ein Ort des Dialogs, der Zusammenarbeit und des wissenschaftlichen Fortschritts werden.»

Zusätzlichen Schub bekommt dies jetzt durchs Homeoffice. So sagt Sugimoto: «Durch neue Arbeitsmodelle erwarten wir, dass Mitarbeitende vermehrt flexible Arbeitsmodelle in ihren Teams vereinbaren und deshalb viele nicht mehr jeden oder jeweils den ganzen Arbeitstag auf dem Campus verbringen werden.»