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Wechsel der EU-Ratspräsidentschaft
Der Donald Trump von Slowenien übernimmt

Ministerpräsident Janez Janša scheut den Konflikt mit Brüssel nicht. Bis Ende Jahr führt Slowenien den halbjährlich rotierenden EU-Ratsvorsitz. 
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Janez Janša ist einer, der gerne auf Krawall macht und keine Konfrontation scheut. Nun führt Sloweniens Ministerpräsident bis Ende Jahr die EU-Ratspräsidentschaft, mit einigem Einfluss auf die Agenda in Brüssel. Für die Schweiz ist das vielleicht eine gute Nachricht. Immerhin drängt Slowenien seit einem Besuch von Bundespräsident Guy Parmelin in Ljubljana auf Nachsicht gegenüber der Schweiz im Nachgang zum Abbruch des Rahmenabkommens. Für die EU könnten die nächsten sechs Monate aber holperig werden.

Zum Beispiel, weil Klimapolitik hoch auf der Agenda stehen wird und ausgerechnet der Klimaskeptiker Janez Janša die Beratungen über die neuen Gesetze führen muss. Vor allem aber, weil der Slowene ein Vertreter der «illiberalen Demokratie» ist. Der 62-Jährige bewegt sich im Fahrwasser von Ungarns Regierungschef Viktor Orban und war bis zuletzt ein treuer Bewunderer von Donald Trump. Im EU-Parlament ist man alarmiert. Abgeordnete der Liberalen, Sozialdemokraten und Grünen haben rechtzeitig zum Auftakt von Sloweniens Ratspräsidentschaft einen besorgten Brief an Kommissionschefin Ursula von der Leyen und EU-Ratspräsident Charles Michel geschrieben. Die europäischen Werte seien in Slowenien unter wachsendem Druck, die Zivilgesellschaft und unabhängige Medien Dauerangriffen ausgesetzt. Die Abgeordneten rufen die EU auf, Zahlungen aus den Brüsseler Geldtöpfen an Slowenien zu suspendieren.

Janez Janša galt zu Zeiten des ehemaligen Jugoslawien als Dissident und wurde verhaftet. Jetzt vertritt er sein Land in Brüssel. 

Konkreter Anlass ist, dass Slowenien als einziges Land bisher keine Staatsanwälte für die neue europäische Staatsanwaltschaft (EPPO) ernannt hat. Slowenien steht also ausgerechnet zum Auftakt seines EU-Ratsvorsitzes am Pranger. Die neue Behörde soll grenzüberschreitend Missbrauch von EU-Geldern verfolgen können. Die Behörde ist wichtiger denn je, weil in den nächsten Monaten die ersten Gelder aus dem 750 Milliarden Euro schweren Corona-Wiederaufbaufonds ausgezahlt werden sollen. Zwar waren schon zwei slowenische Kandidaten nominiert. Doch Janez Janša hat die Ernennung im letzten Moment blockiert. Die beiden Kandidaten waren in der Vergangenheit in Korruptionsermittlungen gegen den Regierungschef involviert.

Zu Zeiten des ehemaligen Jugoslawien wurde Janez Janša kurz vor der Wende wegen regimekritischer Artikel zu einer Haftstrafe verurteilt. Er war ein Dissident, der den Kommunismus besser machen wollte. Später war er an der Gründung der ersten Oppositionspartei beteiligt und 1991 Verteidigungsminister während Sloweniens kurzem Unabhängigkeitskrieg. Vom Heldenstatus aus dieser Zeit zehrt Janez Janša noch immer. Er hat die letzten 30 Jahre die Politik im Land dominiert. Dreimal war er schon Regierungschef. Einmal musste er wegen Korruptionsvorwürfen zurücktreten und wurde zu einer Haftstrafe verurteilt, die später wieder aufgehoben wurde.

Ungarns Premierminister Viktor Orban und Sloweniens Staatsoberhaupt Janez Janša (rechts) verfolgen eine ähnliche Strategie. Gratulation am 30. Jahrestag von Sloweniens Unabhängigkeit vor einer Woche.

Janez Janša hat eine ähnliche Reise wie sein Vorbild Viktor Orban hinter sich. Beide starteten als Kämpfer für Demokratie und rückten über die Jahrzehnte immer weiter nach rechts. Beide haben nach Niederlagen Rache geschworen und wollen nach dem Comeback ihre Macht für alle Zeiten zementieren. Das Narrativ geht so: Alte Seilschaften aus der kommunistischen Ära versuchen dem Volk linksliberale Ideologien aufzuzwingen, ziehen in Wirtschaft und Politik im Hintergrund noch immer die Fäden. Janez Janša hat deshalb dem «kulturellen Marxismus» den Kampf angesagt und will wichtige Posten in Verwaltung und Kultur mit seinen Leuten besetzen.

Der slowenische Mini-Orban kann sich seiner Macht aber nicht ganz sicher sein.

Janša will sein Land umbauen, ähnlich wie das Viktor Orban in Ungarn schon getan hat. Anders als sein Vorbild kann sich der slowenische Mini-Orban seiner Macht aber nicht ganz sicher sein. Bei den letzten Wahlen 2018 hat seine rechtskonservative Demokratische Partei Sloweniens (SDS) nicht mehr als 25 Prozent der Stimmen bekommen. Seine Anhänger leben hauptsächlich auf dem Land. Janez Janša regiert in einer Koalition mit knapper Mehrheit. Misstrauensanträge hat er nur mit Mühe überstanden. Umso heftiger greift er seine Kritiker per Twitter an. Janez Janša soll mehrere Stunden am Tag auf dem Kurznachrichtendienst verbringen.

Er gratulierte Trump zum «Wahlsieg»

Das hat er mit dem früheren US-Präsidenten gemeinsam, bevor der gesperrt wurde. Janez Janša gratulierte dem Wahlverlierer in Washington noch per Twitter, als Donald Trumps Wahlniederlage längst klar war. Per Twitter beschimpft er Journalistinnen als «Prostituierte», pöbelt überhaupt gegen Kritiker und setzte die nationale Nachrichtenagentur STA mit Kürzungen der Mittel unter Druck. Als Janez Janša sich kürzlich einer Diskussion im EU-Parlament über Medienfreiheit stellen sollte, kam es zum Eklat. Der Ministerpräsident wollte nicht diskutieren, sondern zuerst einen Propagandafilm über Verschwörungstheorien und angebliche kommunistische Seilschaften zeigen. Einzig die Fraktion der konservativen Volkspartei im EU-Parlament hält sich mit Kritik zurück, und keiner ihrer Abgeordneten hat den Protestbrief zum Auftakt der slowenischen Präsidentschaft unterzeichnet. Nach dem Austritt von Viktor Orbans Fidesz-Partei haben die Konservativen mit Janez Janša einen neuen Problemfall in ihren Reihen.