Neue CEO bei EmmiEmmi-Chefin will auch in Milchalternativen investieren
Ricarda Demarmels führt neu den Molkerei-Konzern. Sie strebt an, eine «nachhaltige Milchwirtschaft» zur Norm zu machen. Das ist kein leichtes Vorhaben.
«Unsere Welt ist stark im Wandel, jeden Tag», sagt Ricarda Demarmels am Mittwochmorgen in Luzern vor den Medien. Sie ist seit Januar Emmi-Chefin. Zum ersten Mal präsentierte sie die Geschäftszahlen. «Ein respektables Ergebnis», wie sie sagt. Zwar knackte der Molkerei-Konzern letztes Jahr die 4-Milliarden-Grenze beim Umsatz, allerdings erzielte er weniger Gewinn.
Man müsse Freude gewinnen an dieser schnelllebigen Zeit und die hohe Volatilität zu nutzen wissen, sagt Demarmels in einem Hochdeutsch, bei dem eine leichte Färbung aufgrund ihrer Herkunft aus dem Bünderland durchscheint.
Von den Bauern an die Spitze gewählt
Trotz Gleichstellungsbemühungen: Frauen, die wie Demarmels auf dem mächtigsten Chefsessel sitzen, sind sehr rar. Dass nun ausgerechnet Emmi eine Frau an der Spitze hat, passt nicht so richtig ins Bild. Die Schweizer Bauern sind offensichtlich weniger konservativ, als man es von ihnen gemeinhin denkt. Emmi gehört nämlich mehrheitlich den Zentralschweizer Milchproduzenten, drei von neun Verwaltungsratsmitgliedern sind Landwirte. Sie haben Demarmels, die seit 2019 als Finanzchefin bereits für Emmi tätig war, an die Spitze gewählt.
Die 43-jährige Betriebswirtin mit HSG-Abschluss hat den Konzern in guter Verfassung übernommen, weshalb sie am eingeschlagenen Kurs vorerst keine grossen Änderungen vornehmen will. Gleichwohl hat sie eigene Vorstellungen. Wichtig sei profitables Wachstum, mitunter sei dafür Teamwork erforderlich sowie hohe Effizienz.
Nachhaltige Milchwirtschaft als Ziel
Demarmels will, wie sie am Mittwoch sagte, Nachhaltigkeitsinitiativen genau gleich verfolgen wie die finanziellen Unternehmensziele. Dazu möchte sie eine «nachhaltige Milchwirtschaft etablieren» und diese zur Norm machen. Emmi bezieht immer mehr erneuerbaren Strom und baut eigene Solaranlagen auf Dächern von Produktionsanlagen. Dennoch ist das kein leichtes Vorhaben, denn das Unternehmen erzielt den grössten Teil des Umsatzes mit dem Verkauf von Käse, einem Produkt, das als besonders klimaschädlich gilt. Milchkühe produzieren vergleichsweise viele Treibhausgase.
Zwar hat Demarmels ein Büro am Hauptsitz in Luzern, oft ist sie jedoch auch unterwegs. Neben der Schweiz ist Emmi in 13 Ländern mit eigenen Gesellschaften präsent. Die Chefin, die mit ihren Töchtern und ihrem Mann in der Zentralschweiz wohnt, will sich vor Ort ein Bild machen. Wichtige Märkte sind neben dem Hauptmarkt Schweiz die USA, Kanada, Deutschland, die Beneluxländer, Frankreich und Italien.
Ein weiterer Knackpunkt für Demarmels ist die Profitabilität, die mehrere Jahre nicht mehr so tief war wie im vergangenen Jahr. 2022 lag die Reingewinnmarge nur bei rund 4,5 Prozent. Sie hat entsprechend Luft nach oben. «Keine einfache, aber eine machbare Aufgabe für die neue Firmenchefin», sagt Andreas von Arx, Analyst der Baader Bank. Emmis Profitabilität leidet auch unter verteuerten Exportbedingungen und den stark gestiegenen Beschaffungskosten. Diese Mehrkosten hat die Firma teilweise weitergegeben.
Caffè Latte und Joghurts sind bereits letztes Jahr teurer geworden. «Der Peak bei den Beschaffungskosten ist noch nicht erreicht», sagt Demarmels, ohne konkrete Angaben über die Verhandlungen mit den Detailhändlern machen zu wollen.
Die Emmi-Chefin verspricht, die Kostensteigerungen abzufedern. Gleichzeitig will sie die Innovationskraft hochhalten, neue Produkte lancieren, wie etwa den «Fun Latte», der Mitte März lanciert werden soll.
Emmi soll mit hochmargigen Markenprodukten wie Caffè Latte aber auch in strategischen Nischen wie italienischen Desserts oder Spezialitätenkäse weiter wachsen. Zudem will die neue Chefin weiter in pflanzenbasierte Produkte investieren, in die Marke «Beleaf» etwa, eine Produktelinie mit Milch und Käse aus Hafer. Die Tatsache, dass der 4-Milliarden-Konzern letztes Jahr mit pflanzenbasierten Produkten nur gerade 60 Millionen Franken Umsatz machte, zeigt, dass es sich noch um eine kleine Nische handelt und Emmi weiterhin vor allem mit dem Verkauf von tierischen Produkten Geld verdient.
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