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Hersteller unterzeichnen Erklärung
Süssgetränke sollen weniger süss werden

Künftig soll es weniger süsse Süssgetränke geben – auch Coca-Cola hat eine entsprechende Erklärung unterzeichnet.
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Jetzt wird auch der Zuckergehalt in Getränken zum Thema: Neun Getränkehersteller sowie ein Detailhändler haben sich am Dienstag verpflichtet, Erfrischungs- und Milchmischgetränken und Quark weniger Zucker zuzusetzen. Sie unterzeichneten die sogenannte Erklärung von Mailand, der inzwischen 24 Schweizer Lebensmittelhersteller und Detailhändler angehören.

Neu hinzugekommen sind dort nun Mineralquellen Adelboden, Coca-Cola Schweiz, Goba (Flauder), Mineralquelle Eptingen (Pepita), Ramseier Suisse, Mineralquelle Rhäzüns, Rivella, Trivarga (u.a. Vitamen Well), Vivi Kola und der Detailhändler Volg. 

Das soll aber nicht bedeuten, dass die bisherigen Kassenschlager künftig anders schmecken werden: «Das Rezept von Rivella Rot zu ändern, ist nicht vorgesehen», erklärte Erland Brügger, Geschäftsleiter der Rivella-Gruppe. Die Reduktion bezieht sich vielmehr aufs ganze Sortiment. Mit anderen Worten werden neben den bestehenden Produkten neue Süssgetränke hergestellt, die weniger Zucker enthalten.  

25 Stück Würfelzucker am Tag

Die Weltgesundheitsorganisation WHO empfiehlt eine tägliche Zuckerzufuhr von maximal 50 Gramm pro Tag. Die Schweizerinnen und Schweizer essen jedoch mit durchschnittlich 100 Gramm doppelt so viel. Das entspricht rund 25 Würfelzucker pro Tag. Damit steigt das Risiko von Übergewicht, Herz-Kreislauf-Störungen und Karies. «Zu viel Zucker in der Nahrung macht krank», sagte Gesundheitsminister Alain Berset nach der Unterzeichnung der Erklärung. 

Getränke sind nach Süssigkeiten das Nahrungsmittel, mit dem die Schweizerinnen und Schweizer am meisten Zucker zu sich nehmen. Auf sie entfallen 38 Prozent des Zuckerkonsums.

Der Bund setzt mit dem Schritt darauf, dass die Hersteller den Zuckergehalt freiwillig reduzieren. Eine landesweise Zuckersteuer, wie sie beispielsweise in Grossbritannien existiert, gibt es in der Schweiz nicht. 

Gesundheitsminister Berset sprach von einer Erfolgsgeschichte. Seit 2015 hatten sich bereits 14 Firmen verpflichtet, den Zuckergehalt von Joghurt und Frühstückscerealien zu reduzieren, darunter die Detailhändler Coop, Migros, Aldi und Lidl sowie Nestlé, Emmi, Kellogg’s und der Ovomaltine-Hersteller Wander. Die Ziele seien nicht nur erreicht, sondern übertroffen worden: Der Gehalt an zugesetztem Zucker in Joghurt sei seit 2018 im Schnitt um über fünf Prozent gesunken, in Frühstücksflocken um 13 Prozent. Seit 2015 betrage die durchschnittliche Reduktion sogar 9 Prozent (Joghurt) beziehungsweise 24 Prozent (Cerealien).

Damit der freiwillige Ansatz erfolgreich bleibe, müssten alle wichtigen Produzenten mitmachen, sagte Berset. Das trifft allerdings nicht zu: Hersteller wie Möhl, Pepsi oder Landi mit der Getränkemarke Farmer finden sich nicht auf der Liste.  

Die Shorley-Produzentin Möhl sei als reiner Fruchtsaftproduzent bis anhin nicht angefragt worden, an dem runden Tisch teilzunehmen, sagte Firmenchef Michael Artho. «Wir setzen unseren Naturprodukten keinen Zucker zu, deshalb können wir auch keinen zugesetzten Zucker reduzieren», so Artho. Dennoch suche auch Möhl nach neuen kalorienarmen Varianten seiner Fruchtsäfte - etwa indem diese stärker verdünnt werden. Ein solches Getränk hat Möhl bereits im Angebot, weitere sollen folgen. 

Eine Landi-Sprecherin erklärte, bis auf ein Produkt entsprächen die Getränke der Marke Farmer bereits den Zuckervorgaben, die in der Erklärung von Mailand festgehalten sind. Daher habe das Unternehmen keine Notwendigkeit mehr gesehen, sich dem anzuschliessen. 

Konsumentenschutz spricht von Scheinmassnahme

Mässig begeistert reagierte die Stiftung für Konsumentenschutz (SKS). Sie ortete zwar einen kleinen Schritt in die richtige Richtung: «Grundsätzlich finden wir es gut, dass Getränke auch eingeschlossen sind. Süssgetränke sind eine der grössten Quellen von verstecktem Zucker», sagte auf Anfrage SKS-Ernährungsexpertin Josianne Walpen. Aber sie kritisierte, dass die Zuckerreduktion freiwillig ist und nicht für alle Anbieter vorgeschrieben wird: «Das ist eine Scheinmassnahme der Anbieter. Sie wollen damit verhindern, dass verpflichtende Massnahmen eingeführt werden.» 

Diese wären aus Sicht des Konsumentenschutzes wirksamer. Die Einführung einer Zuckersteuer in anderen Ländern habe gezeigt, dass ungesunde Produkte teurer werden und die Hersteller ihre Rezepturen spürbar anpassen.

«Wenn man Zeit hat, kann man auch gute Lösungen finden», widersprach Rivella-Chef Brügger. Es sei ein typisch schweizerischer Weg, nicht mit Kanonen auf Spatzen zu schiessen, sondern genügend Zeit zu bekommen, um an Rezepten für neue Produkte zu arbeiten, die weniger Zucker enthielten.  

Viel Zucker in Alkoholersatz und Energydrinks

Wie gross der Handlungsbedarf war, zeigt eine Bestandesaufnahme im Auftrag des Bundesamts für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen aus dem Jahr 2021. Sie ergab, dass der Anteil an ungesüssten Softdrinks in den Regalen der Detailhändler bei weniger als zehn Prozent liegt. Den höchsten Zuckergehalt wiesen alkoholfreie Sekt-Alternativen und Energy-Drinks auf. Doch auch Getränke, die sich an Kinder richteten, beinhalteten im Durchschnitt mehr Zucker als Standardprodukte. Zudem waren Getränke mit Kohlensäure stärker gezuckert als solche ohne Kohlensäure. Die Erhebung beinhaltete keine Milchmischgetränke, Fruchtsäfte, Smoothies, Kaffee oder Alkohol. 

Die «Erklärung von Mailand» – sie heisst so, weil sie an der Weltausstellung in Mailand 2015 ins Leben gerufen wurde – sollte nach dem Willen des Bundes auch Ziele zur Reduktion von Salz beinhalten, die die Nahrungsmittelhersteller dann freiwillig umsetzen. Im Fokus standen Suppen und Salatsaucen.

Dieser Plan scheiterte jedoch vorerst, die grossen Hersteller weigerten sich, gemeinsam verbindliche Reduktionsziele festzulegen. Weil sich die Unternehmen nicht freiwillig auf eine Salzreduktion geeinigt haben, prüft der Bund nun eine entsprechende Vorschrift.

(aktualisierte Version mit Stellungnahmen von Möhl und Landi)