Kommentar zu FrankreichEmmanuel Macron zeigt menschliche Grösse
Frankreichs Staatspräsident kann auch anders. In einer Rede zur Pandemie hat er seine elitäre Arroganz abgelegt und erschien erstmals als mitfühlender Seelentröster.
Er kann also auch anders. Bisher haben die Franzosen ihren Präsidenten meist in der Rolle eines forschen, kühlen und strengen Landesvaters erlebt, der sich selbst und den anderen viel abverlangt. Ein schneidiger Macher, ein Überflieger gar, der schon in jungen Jahren sehr viel erreicht hat und wenig Verständnis für Schwächere und nicht so Begabte zeigte.
Seine leistungselitäre Attitüde und sein bisweilen arroganter Tonfall wurden zu Emmanuel Macrons grossem Handicap. Offenbar hat der Präsident dies nun endlich erkannt. Die Franzosen erlebten jedenfalls am Montagabend einen ganz anderen Macron.
Seine leistungselitäre Attitüde und sein bisweilen arroganter Tonfall wurden zu Emmanuel Macrons grossem Handicap.
Anstatt wie vorher zum «Krieg» gegen das Virus zu blasen und dem Volk Blut, Schweiss und Tränen abzufordern, erschien ihnen ihr Präsident auf einmal als mitfühlender Seelentröster. Er verneigte sich rhetorisch vor den stillen Heldinnen und Helden der Krise, vor Krankenschwestern und Pflegern etwa. Er versprach mehr Hilfe für die Ärmsten.
Höchste Zeit, dass er menschelt
Kurzum, Macron menschelte. Es war höchste Zeit. Wenn er die Franzosen bis in zwei Jahren noch davon überzeugen will, ihn wiederzuwählen, dann reicht es nicht, recht zu haben. Um zu gewinnen, muss er gewinnend werden, Sympathien erzeugen, Mitgefühl zeigen. Hoffentlich gelingt es ihm.
Denn recht hat Macron in vielen seiner grundsätzlichen Analysen: Ja, das seit langem müde, pessimistische Frankreich braucht eine lange Phase von Reformen. Ja, die europäischen Staaten werden nicht durch weniger, sondern nur durch viel mehr Europa die Zukunft meistern.
In seinem Leben hat Emmanuel Macron schon öfters alle Skeptiker verblüfft.
Doch Macron gelang es häufig nicht, andere von seinen richtigen politischen Plänen zu überzeugen. In seiner Heimat marschierten die Gelbwesten gegen ihn auf. Seine bislang fragwürdige Bilanz im Kampf gegen Corona könnte ihn nun weiter bremsen.
Macron scheint das zu wissen. In seiner Ostermontagsrede sagte er, alle müssten sich nun neu erfinden, zuallererst er selbst. Viele bezweifeln, dass ihm das gelingt. Doch in seinem Leben hat Emmanuel Macron schon öfters alle Skeptiker verblüfft.
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