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Verkehrswende droht Rückschlag
Die Nachfrage nach Elektro­autos sinkt – muss die Politik jetzt eingreifen?

Eine Frau schliesst am Donnerstag, 10. November 2022, ein Audi e-tron-Auto an eine der vier Ladestationen des Audi charging hub in Zuerich an. Der Audi charging hub mit vier Ladestationen und einer Ladeleistung von 320 kW ermoeglicht es, ein Auto in 25 Minuten von 10% auf 80% aufzuladen. Der Audi Charging Hub besteht aus Wuerfelcontainern, die mit gebrauchten Lithium-Ionen-Batterien bestueckt sind, so dass diese Infrastruktur das Elektroauto schnell aufladen kann. (KEYSTONE/Gaetan Bally)
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Es geht wieder aufwärts, zumindest ein wenig. Die Autobranche rechnet heuer mit 250’000 verkauften Neuwagen in der Schweiz. Das wäre zwar noch immer unter dem Niveau vor der Pandemie (300’000). Es wäre aber zugleich ein Plus von 10 Prozent im Vergleich zum Vorjahr, als der Schweizer Automarkt mit diversen Problemen kämpfte –  Ukraine-Krieg, Chipkrise, Teilemangel. Für 2024 erwartet Auto Schweiz, die Vereinigung der offiziellen Autoimporteure, ein weiteres Wachstum auf 260’000 Neuwagen.

Wie stark Elektroautos dazu beitragen werden, ist ungewiss. Mehr als 155’000 sind in der Schweiz inzwischen registriert. Im laufenden Jahr hat jeder fünfte verkaufte Neuwagen einen rein elektrischen Antrieb, ein Rekordwert. Nur: Was jetzt in der Zulassungsstatistik erscheint, sind Bestellungen, die Kunden vor Monaten gemacht haben, teils sogar noch aus dem letzten Jahr.

Ein Blick in die Auftragsbücher offenbart etwas anderes. «Wir hören von unseren Mitgliedern, dass vor allem Privatkunden derzeit sehr zurückhaltend sind», sagt Christoph Wolnik, Sprecher von Auto Schweiz. Die Amag-Gruppe zum Beispiel konnte heuer bis jetzt 70 Prozent mehr Elektroautos ausliefern als im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. «Wir stellen aber auch fest, dass das Interesse an rein elektrischen Fahrzeugen aktuell etwas abgenommen hat», sagt Sprecher Dino Graf.

¨Ähnlich tönt es bei den freien Autohändlern. Betrug im Parallelimport der Marktanteil der Elektroautos zu Spitzenzeiten in den Jahren 2021 und 2022 zwischen 25 und 37 Prozent, sind es jetzt nur noch rund 20. «Da der Parallelmarkt schneller auf Trends reagiert und üblicherweise ab Lager verkauft, könnte dies ein Frühindikator sein», sagt Roger Kunz, Präsident des Verbands freier Autohandel Schweiz.

Dass die Nachfrage schwächelt, war diese Woche auch Thema im Parlament. «So wird die Schweiz international nach hinten durchgereicht und erreicht die Klimaziele nicht», sagte GLP-Chef Jürg Grossen, der den Elektromobilitätsverband Swiss E-Mobility präsidiert. 

Für die Importeure wird es zumindest viel schwieriger, die Vorgaben der Politik zu erreichen – und unter Umständen auch teurer. Der Grund: Im Parlament bestehen Pläne, strengere Klimaziele für Neuwagen zu erlassen als die EU.

So schlägt die vorberatende Umweltkommission des Nationalrats vor, ab 2025 jährlich sinkende Durchschnittszielwerte gesetzlich zu verankern, von 93,6 Gramm 2025 bis 58,3 Gramm 2029. Derweil plant die EU mit einem konstanten Emissionsziel von 93,6 Gramm CO₂ pro Kilometer bis und mit 2029. Erst ab 2030 soll das Ziel dann wieder dasselbe sein (49,5 Gramm). 

Importeure, welche die Klimaziele nicht einhalten, müssen Sanktionen bezahlen. Auto Schweiz warnt vor einem «teuren Swiss Finish», den die Importeure auf die Fahrzeugpreise abwälzen müssten. Dies belaste KMU und Familien mit höheren Kosten für Mobilität.

Um wie viel Neuwagen teurer würden, bliebe jedoch abzuwarten. 2016 etwa zeigten Daten des Bundes, dass bei den fehlbaren Generalimporteuren die Sanktionen pro Neuwagen maximal 30 Franken betrugen. Die Befürchtungen der Importeure haben sich in der Vergangenheit denn auch als teils deutlich übertrieben entpuppt. Letztes Jahr gab es Sanktionen in Höhe von 16 Millionen Franken. Diese Woche entscheidet der Nationalrat über den «Swiss Finish», wenn er das neue CO₂-Gesetz berät.

Elektroautos werden teurer

Die getrübten Aussichten für das kommende Jahr haben mehrere Ursachen. Zum einen gibt es immer eine Avantgarde,  die eine neue Technologie möglichst schnell haben möchte. Diese «First Mover» hätten heute ihr Elektroauto, sagt Graf von der Amag-Gruppe. Für umso wichtiger hält die Autobranche gute politische Rahmenbedingungen, die die Ausbreitung der Elektromobilität fördern. 

Die Realität indes sieht so aus: Es gibt nach wie vor kein Recht auf Laden, also die Möglichkeit für Mieter und Stockwerkeigentümer, vom Hausbesitzer den Einbau einer Ladestation zu verlangen. Doch just diese Installation gilt insbesondere in Mehrfamilienhäusern als entscheidende Voraussetzung, damit Autobesitzer auf Elektroautos umstellen können. 

Die Kauflust trüben dürfte auch, dass Elektroautos teurer werden. Ab 1. Januar werden sie neu dem normalen Steuersatz von vier Prozent auf den Importpreis unterstellt. Der Bundesrat hat diese langjährige Fördermittel unlängst gestrichen. Er hält es nicht mehr für nötig, unter anderem weil der Anteil von Elektroautos an den gesamten Autoimporten in den letzten Jahren stark gestiegen sei. Zusätzlich verteuernd wirken die 2024 steigenden Strompreise.

Steuerabzug ja – aber Subventionen?

Die freien Autohändler befürchten zudem, dass der Bundesrat demnächst ein Importverbot für Fahrzeuge erlässt, die nicht für die EU produziert worden sind – und so die Ausbreitung der Elektromobilität weiter bremsen wird.

Unsicher ist schliesslich, ob der Bund die Installation von Ladeinfrastruktur finanziell fördern wird. Der Ständerat lehnt den Vorschlag des Bundesrats ab. Im Nationalrat gibt es nun Bestrebungen für einen Kompromiss: 120 Millionen Franken für die Zeit von 2025 bis 2030, 60 weniger als vom Bundesrat geplant. 

Gänzlich erfolglos ist die E-Auto-Lobby zuletzt aber nicht gewesen. Das Parlament hat diese Woche beschlossen, Ladestationen mit Steuerabzügen zu fördern. Inwieweit dieser Anreiz wirken wird, ist aber unklar. SP-Politiker warnten vor «enormen Mitnahmeeffekten», weil vom Abzug in erster Linie finanzkräftige Einfamilienhausbesitzer profitieren würden, die ohnehin eine Anlage installieren würden.

Jürg Grossen dagegen spricht von einem wichtigen Entscheid. «Aus der verstrickten Situation müssen wir uns nun Schritt für Schritt lösen.» Der erste sei jetzt dieser Steuerabzug.