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Neues Album der Foo Fighters
Eine Platte wie eine Gruppentherapie

Die Foo Fighters mit dem neuen Drummer Josh Freese während eines Auftritts am Festival Rock am Ring auf dem Nürburgring 2023.

Natürlich muss dieser Text über das neue, elfte Studioalbum der Foo Fighters mit Taylor Hawkins beginnen – wie könnte er nicht? Sein Todestag, der 25. März 2022, war der vielleicht einschneidendste Tag in der Geschichte der Band. Nicht so sehr, weil Hawkins (bei allem Respekt) unersetzlich gewesen wäre – ein Ersatzdrummer wurde gefunden, und Dave Grohl spielte selbst das Schlagzeug auf dem neuen Album ein –, sondern weil er zentral für das Bandgefüge und für die Fans war. 

Nein, weil Hawkins nicht nur ein exzellenter Drummer war, der seinem Chef (Grohl war vor den Foo Fighters Schlagzeuger bei Nirvana und gilt als einer der prägenden Drummer der Neunzigerjahre) das Wasser reichen konnte. Er war mit seiner Sonnyboy-Attitüde neben Grohl der Sympathieträger der Band. An jenem 25. März im vergangenen Jahr fand man Hawkins vor einem Foo-Fighters-Konzert tot in einem Hotelzimmer in Bogotá, Kolumbien.

«The show must go on» – oder doch nicht?

Wie macht eine Band nach einem so gravierenden Verlust weiter? Als Grohls Nirvana-Bandkollege Kurt Cobain 1994 starb, war die Band am Ende, obwohl sie auf dem Höhepunkt ihres Ruhms stand. Auch die New Yorker Hip-Hop-Legenden Beastie Boys beendeten ihre Karriere nach dem Tod von Rapper MCA im Jahr 2012.

Metallica machten nach dem Tod von Bassist Cliff Burton 1986 weiter, liessen ihre Wut über den Verlust des Bandmitglieds aber an dessen Nachfolger Jason Newsted aus. Im Februar starb Rapper ​​Trugoy the Dove der amerikanischen Hip-Hop-Gruppe De La Soul, die zwei verbliebenen Mitglieder Maseo und Posdnuos touren dennoch in diesem Sommer. Ähnlich handhaben es Depeche Mode, deren Andy Fletcher im vergangenen Jahr verstorben war.

Und die Foo Fighters? Sie sagten Konzerte ab, nahmen sich den Rest des Jahres 2022 eine Auszeit – und doch hiess es am Ende: The show must go on. Diese Zeilen sang Freddie Mercury 1991 kurz vor seinem Tod, schwer gezeichnet von seiner Aidserkrankung. Seine Band Queen gibt es bis heute. 

Die Foo Fighters bestehen also weiterhin, betonten aber, sie würden ohne Hawkins nicht die gleiche Band sein. Über das Für und Wider des Weitermachens kann man streiten, rein rational spricht aus dem Blickwinkel von Grohl und seinen Bandkollegen alles dafür: Die Gruppe füllt weltweit Stadien, künstlerisch ist offensichtlich noch nicht alles gesagt, ihre Platten verkaufen sich.

Der Neue will einfach nur spielen

Wie aber führt man jetzt den Neuen ein? Nach der Ankündigung eines neuen Albums und der dazugehörigen Tour wurde Hawkins’ Nachfolger in grosser Rockstar-Manier vorgestellt: In einem einstündigen Livestream spielte die Band alte Hits und neues Material in einer Proberaum-Atmosphäre. Zu Beginn des Videos schwatzten die alten Bandmitglieder und wurden dabei von Schlagzeug-Legenden unterbrochen: Chad Smith von den Red Hot Chili Peppers beschwerte sich, dass er zuparkiert worden sei, Mötley-Crüe-Drummer Tommy Lee brachte was zu essen vorbei, und Tools Danny Carey kam mit seinen Hunden ins Studio. Alle hatten ihre Schlagzeugstöcke dabei, aber keiner von ihnen war der Neue. 

Da machen sie grosse Augen: Die Foo Fighters erblicken ihren neuen Drummer, Josh Freese.

Dieser meldete sich hinter der Kamera mit einem lauten «Excuse me!» zu Wort: Er wolle endlich spielen. Es ist der Kandidat, dessen Name zuletzt oft fiel: Josh Freese. Seine Sporen hat er sich bei der Punkband The Vandals verdient, seit den Neunzigern sitzt er ausserdem bei der Postpunkband Devo am Schlagzeug. Weitere namhafte Stationen aus Freeses Berufsleben: Guns N’ Roses, A Perfect Circle, Nine Inch Nails, Weezer. Der Mann ist also hoch qualifiziert.

Wie sich der Fünfzigjährige in die Band einfügt, werden die kommenden Liveauftritte zeigen – die Gruppe tourt bis Anfang 2024 durch Nord- und Südamerika sowie durch den pazifischen Raum. 

Josh Freese mit der Band The Vandals während eines Auftritts am Coachella Festival im April 2022.

«Und doch sind wir hier» – so ungefähr lässt sich der Titel der Platte «But Here We Are» übersetzen. Eine lapidare Feststellung des Status quo der Foo Fighters im Jahr eins nach Hawkins. Trotz aller Widerstände – Grohl beispielsweise verlor im vergangenen Sommer auch noch seine Mutter – erscheint das Album einer Band, die künftig eine andere sein will.

Grohl singt im Duett mit seiner Tochter Violet

So richtig hören kann man das allerdings nicht. «But Here We Are» ist über zehn Stücke und eine Spielzeit von etwas über 48 Minuten unverkennbar Foo Fighters. Wohl nur wenige Songwriter verstehen es wie Grohl, Stadionrock zu schreiben, der nicht peinlich wirkt. Das Hymnische in Stücken wie «Beyond Me» – inklusive grossspurigem Gitarrensolo – verzeiht man ihm, weil er eben auch schmissige Gegenentwürfe wie «Under You» bietet. Hier fühlt man sich an die frühen Foo Fighters erinnert, an die grossen Refrains von Stücken wie «Everlong» oder «Monkey Wrench» von ihrem bislang wohl besten Album «The Colour and the Shape» von 1997.

Der grosse Hit von «But Here We Are» dürfte allerdings «Rescued» werden. Der Song, der das Album eröffnet, war die erste Single und spielt offensichtlich auf Hawkins Tod an. Ein Song als Gruppentherapie, sozusagen. Eine derart öffentliche Verarbeitung des Verlusts eines guten Freundes könnte bei anderen Bands kalkuliert wirken. Grohl ist einer der wenigen Rock-Frontmänner, denen man abnimmt, dass es sich hier um eine aufrichtige Ehrerbietung handelt. Abgesehen von der berührenden Geste ist der Song auch einfach gut: eingänglich, ohne seicht zu sein.

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Das Album hält noch zwei weitere Höhepunkte bereit. Bei «Show Me How» singt Grohl mit seiner Tochter Violet im Duett. Die Siebzehnjährige hatte bereits beim grossen Tribut-Konzert zu Ehren von Taylor Hawkins eine Version von Leonard Cohens «Hallelujah» gesungen und stand zuletzt auch mit den Foo Fighters selbst auf der Bühne. Die feminine Stimme verleiht der Gesangslinie von «Show Me How» eine neue Facette, die man so von den Foo Fighters noch nicht kannte.

Man kann hören, wie die Band in sich ruht

Das zweite Highlight ist das längste Stück, das die Band je veröffentlicht hat: «The Teacher» ist ein zehnminütiger Trip, der am ehesten das einlöst, was Grohl vor einiger Zeit mal angedroht hatte: dass das nächste Album eine Progressive-Rock-Platte werden könnte. Konsequent psychedelisch ist das nicht, doch zeigt sich hier gut, wie die Foo Fighters arbeiten: Sie bleiben immer als sie selbst zu erkennen, auch wenn sie ihre kreativen Fühler in neue Musikrichtungen ausstrecken.

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Bandleader Grohl hat einmal gesagt, dass jedes neue Album der Foo Fighters eine Antwort auf das vorherige ist. Auf ihrem letzten regulären Album entdeckte die Gruppe 2021 auf «Medicine at Midnight» ihre groovige Seite, die Songs gingen in die Hüfte, hatten fast ein bisschen Funk. Danach folgte ein Album mit Coverversionen der Bee Gees sowie der Thrash-Metal-Soundtrack «Dream Widow» zur Horrorkomödie «Studio 666», in dem die Band mitspielt.

Mit «But Here We Are» kehren die Foo Fighters zu früheren Schaffensphasen zurück. Es ist kein überragendes Album, aber ein willkommenes Lebenszeichen. Die Band strahlt eine Ruhe aus, die man wohl nur besitzt, wenn man den Sturm überstanden hat und niemandem mehr etwas beweisen muss. Ob sie jetzt wirklich eine andere Band sind? Wen interessiert das schon!

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