Deutsche Ministerin in der KritikEine Helikoptermutter macht Scholz Ärger
Verteidigungsministerin Christine Lambrecht ist nie richtig im Amt angekommen. Für Kanzler Olaf Scholz und seine SPD ist sie längst eine Belastung.
Es ist eine Szene wie gemalt für jene, die glauben, Politik sei im Kern verlogen und korrupt. Kürzlich wurde ein Bild öffentlich, das den 21-jährigen Sohn von Verteidigungsministerin Christine Lambrecht in einem Helikopter der Bundeswehr zeigt – offenbar auf dem Weg in die Osterferien auf der friesischen Nobelinsel Sylt. 66 Likes heimste der junge Mann dafür auf Instagram ein.
In den Medien hagelte es darauf Empörung, zumal noch bekannt wurde, dass der Filius die Mutter bereits siebenmal auf Auslandreisen begleitet hatte, seit diese ab 2018 Justizministerin war. Es ging nach Paris und Lissabon, nach Helsinki oder Prag.
Rechtlich korrekt, aber peinlich
Das Echo in den Medien fiel verheerend aus. Peinlich instinktlos habe sich die 56-jährige Sozialdemokratin verhalten, urteilten sogar die Zurückhaltendsten. Als grosser Skandal, der zum sofortigen Rücktritt hätte führen müssen, taugte der Heliflug dann aber doch nicht, wie sich schnell herausstellte: Lambrecht hielt sich an das Gesetz, hatte den Mitflug ihres Sohnes ordnungsgemäss angemeldet und sich verpflichtet, privat den dafür vorgesehenen Betrag zu bezahlen: rund 100 Euro. Das Ziel ihrer Dienstreise war auch nicht Sylt, sondern eine militärische Lauschstation in Ostfriesland. Ferien mit ihrem Sohn machte sie erst am Tag danach, privat.
Als sich Lambrecht am Mittwoch erstmals zum Fall äusserte, tat sie es schuldbewusst: Auch wenn alles «rechtlich korrekt» abgelaufen sei, werde sie es künftig «völlig anders» handhaben. Sie habe nur Zeit mit ihrem Sohn verbringen wollen, verteidigte sie sich, das sei ihr wichtig. Sie habe sonst schon wenig Privatleben.
Das Bild eines etwas abgehobenen Mutter-Sohn-Ausflugs wäre vielleicht eine Randnotiz geblieben, wenn Lambrecht als Verteidigungsministerin bisher einen starken Eindruck hinterlassen hätte. Doch das Gegenteil ist der Fall: Von Beginn weg gab es nur Irritationen und Zweifel, ob sie ihrer Aufgabe gewachsen sei.
Die ausgewiesene Juristin Lambrecht hatte eigentlich Innenministerin werden wollen, mit Fragen der Sicherheit hatte sie sich noch nie befasst. Das wäre vielleicht nicht schlimm gewesen, wenn sie sich als Verteidigungsministerin gleich mit aller Energie in die Arbeit gestürzt und sich bemüht hätte, ihre Aufgabe möglichst schnell und tief zu durchdringen.
Stattdessen verbrachte sie, so tönt es aus dem Ministerium, ihre Zeit damit, Vertraute ihrer Partei im Haus zu installieren, und machte Dienst nach Vorschrift. Statt um Akten und um die Abstimmung mit dem Rest der Regierung, so die Kritik, habe sie sich lieber darum gekümmert, dass der Nagellack perfekt zu den Schuhen passe. In der SPD beklagte man hingegen eine «Medienkampagne», die offen frauenfeindliche Züge trage. Allerdings waren auch Lambrechts Vorgängerinnen im Amt Frauen. Annegret Kramp-Karrenbauer und Ursula von der Leyen wurde aber nie mangelnder Eifer vorgeworfen.
Hätte Scholz gewusst, dass Europa in einen Krieg stürzt und die Bundeswehr aufgerüstet werden muss, hätte er Lambrecht dieses Amt nie anvertraut.
Als Russland die Ukraine überfiel, wurde Lambrechts Passivität zum politischen Problem. Und wieder geriet eine unglückliche Aktion zum Symbol ihrer angeblichen Unfähigkeit: Als die Ukrainer längst verzweifelt um Panzerabwehrraketen flehten, bot Lambrecht 5000 Schutzhelme an. Wenig später rief Kanzler Olaf Scholz eine «Zeitenwende» aus, auch Deutschland lieferte nun tödliche Waffen. Bekannt gegeben wurden die Entscheide jedoch vom Kanzleramt, nicht von Lambrecht, der Scholz die Führung in dieser heiklen Frage längst entzogen hatte.
Hätte Scholz gewusst, dass Europa in einen Krieg stürzt und die marode Bundeswehr mit 100 Milliarden Euro aufgerüstet werden muss, hätte er Lambrecht dieses Amt nie anvertraut, sagen Eingeweihte. Für die Bundeswehr hat sich der Kanzler noch nie interessiert, Lambrecht sollte ihm in dem schwierigen Ressort nur Ärger und Probleme vom Hals halten. Das jedenfalls ist missglückt.
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