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Russlands Krieg
EU-Spitze auf Solidaritätsvisite in Kiew

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Im Moment ist es gerade keine Mutprobe, aber immerhin ein Zeichen der Solidarität. EU-Kommissions-Präsidentin Ursula von der Leyen ist am Freitagmorgen mit dem Nachtzug von der polnischen Grenze in Kiew eingetroffen. «Wir stehen an eurer Seite, wenn ihr von Europa träumt», sagte von der Leyen an der Seite des ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenski: «Meine heutige Botschaft lautet, dass die Ukraine zur europäischen Familie gehört.»

Zuvor hatte die Kommissionschefin im Vorort Butscha haltgemacht, einem mutmasslichen Schauplatz russischer Kriegsverbrechen. Mit Schussweste ausgestattet und umringt von ukrainischen Militärs, blickte sie auf eine Reihe schwarzer Leichensäcke mit den getöteten Zivilisten. «Wir haben das grausame Gesicht von Putins Armee gesehen, wir haben die Rücksichtslosigkeit und die Kaltherzigkeit gesehen, mit der sie die Stadt besetzt hat.»

EU-Kommissions-Chefin Ursula von der Leyen (Mitte) vor den Leichensäcken mit den Opfern von Butscha, einem Vorort von Kiew. 

Angriff auf Bahnhof

Die Ukraine und auch westliche Beobachter machen russische Truppen für die Gräueltaten an Hunderten Bewohnern verantwortlich. Der Besuch in Butscha sei ein «deutliches Zeichen an das tapfere Volk der Ukraine», dass man an seiner Seite stehe und es wo immer möglich unterstütze, sagte Ursula von der Leyen. Vor Ort wurde sie von der Brutalität von Wladimir Putins Krieg gegen die Ukraine eingeholt. Den russischen Raketenangriff auf den Bahnhof der ostukrainischen Stadt Kramatorsk bezeichnete sie als «verabscheuungswürdig».

Wann fahren Sie nach Kiew, und warum waren Sie noch nicht dort? Das ist die Frage, mit der Politikerinnen in Regierungsverantwortung sich derzeit konfrontiert sehen. Die Regierungschefs Polens, Tschechiens und Sloweniens waren als Erste in Kiew, als die Reise gefährlich war und die russischen Streitkräfte die Hauptstadt noch beschossen. Inzwischen haben sich die russischen Streitkräfte rund um die Hauptstadt zurückgezogen. Ursula von der Leyen war mit dem EU-Aussenbeauftragten Josep Borrell und dem slowakischen Regierungschef Eduard Heger angereist.

Kein Wodka und keine Kohle mehr

Die Kommissionschefin kam nicht mit leeren Händen. Die EU hat am Freitag ihr fünftes Sanktionspaket in Kraft gesetzt. Lastwagen aus Russland dürfen keine Waren mehr in die EU transportieren oder dort abholen, Lebensmittel und Medikamente ausgenommen. Schiffe unter russischer Flagge dürfen nicht mehr in europäischen Häfen anlegen. Die EU nähert sich zudem langsam dem Energieembargo. Neben Wodka und Holz soll auch für russische Kohle nach einer Übergangsfrist von vier Monaten ein Einfuhrverbot gelten. 

Deutschland hatte die relativ lange Übergangsfrist durchgesetzt. Nach dem Massaker am Bahnhof von Kramatorsk dürfte der Druck für ein Gas- und Ölembargo weiterwachsen. Ein Ölembargo werde am Montag beim Treffen der EU-Aussenminister in Luxemburg ein Thema sein, sagte der Aussenbeauftragte Borrell. Einschränkungen der Einfuhren von Gas aus Russland seien nicht nur für Deutschland eine grosse Herausforderung, zeigte der Spanier für die Zurückhaltung in Berlin Verständnis. Die deutsche Wirtschaft sei stark mit der europäischen verflochten. Die Energiefrage sei der «grosse Elefant im Raum».

Mehr EU-Geld für Waffen

Die EU will der Ukraine zudem weitere 500 Millionen Euro für Waffenkäufe zur Verfügung stellen. Die Führung in Kiew soll alle Mittel bekommen, um die Souveränität des Landes verteidigen zu können, so Diplomaten. Gab es anfänglich Vorbehalte gegen die Lieferung von schwerem Kriegsgerät, sind inzwischen selbst Panzer nicht mehr tabu. Die tschechische Regierung hat bereits einige Dutzend ältere Panzer sowjetischer Bauart vom Typ T-72 per Eisenbahn in die Ukraine transportieren lassen. Die Slowakei hat der Ukraine ein Flugabwehrsystem vom Typ S-300 überlassen, mit der hoch fliegende Flugzeuge und Raketen abgeschossen werden können. Das System sowjetischer Bauart könnte der Ukraine im umkämpften Osten nützlich sein.

Wichtigstes Ziel für Präsident Selenski werde wohl der Weg seines Landes in die EU sein, sagte Ursula von der Leyen: «Wir wollen die Ukraine unterstützen und ihr Hoffnung geben.» Die Kommission prüft derzeit den Beitrittsantrag der Ukraine. Ziel sei es, bis zumSommer den Mitgliedsstaaten einen Antrag vorlegen zu können. Am Freitagabend wollte Ursula von der Leyen mit dem Nachtzug wieder nach Warschau zurückreisen. Dort soll diesen Samstag eine Geldgeberkonferenz stattfinden, die von der EU und Kanada gemeinsam organisiert wird. Die Ukraine müsse als demokratisches Land aus dem Krieg hervorgehen, sagte von der Leyen: «Wir sind bereit, das Land wieder aufzubauen und zu reformieren.»

Ursula von der Leyen mit dem EU-Aussenbeauftragten Josep Borrell in einer Kirche in Butscha, Ort mutmasslicher Kriegsverbrechen ausserhalb von Kiew.