TV-KritikEin «Tatort», entworfen wie von Chat-GPT
Die Fortsetzung, die man in Saarbrücken an den letzten Fall zu pappen versucht hat, ist an den Haaren herbeigezogen – das Spiel geht nicht auf.
Wer sich je vor Augen führen lassen wollte, wie man unfreiwillig eine falsche Fährte legt, erhält hier Anschauung. Bündelweise Geld liegt zu Beginn von «Der Fluch des Geldes» noch bei Ermittler Adam Schürk (Daniel Strässer) im Kofferraum, es ist die Beute von einem Bankraub seines verstorbenen Vaters. Und dann? Spielt das kleine Vermögen erst mal überhaupt keine Rolle mehr: ein Casino-Setting wie aus einem Bingo-Nachmittag, ein lieblos inszenierter Joyride, ein Verkehrsunfall, eine ältere Frau als Opfer.
Der neueste Fall der vierköpfigen Ermittlerbande von Saarbrücken knüpft direkt an ihre letzte Folge an, in der es um ihre Reviergrenzen auskämpfende Hooligans und, nur so am Rande, um die ausklingenden Karrieren alternder Bankräuber ging, einer von ihnen Schürks Vater. Daran anknüpfend experimentiert das Drehbuch von Hendrik Hölzemann mit einem krampfhaft arrangierten Sequel, dessen Legitimation – so viel sei verraten – sich einem bis zum Ende des Films nie wirklich erschliesst.
In den besten Momenten wie «Squid Game»
Vieles wirkt platt und vorhersehbar. Der zweite Ermittler Leo Hölzer (Vladimir Burlakov) will als Einziger nicht glauben, dass die getötete Oma ihren Wagen ohne Fremdeinwirkung in die Leitplanke gefahren hat. Bei der Staatsanwältin wehrt er sich derart pathetisch gegen das Schliessen der Akten, dass das eine persönlichere Verbandelung mit dem Fall vermuten lässt als einzig sein Rencontre als Fussgänger auf der Strasse mit der Casino-Bande. Im Glücksspielhaus schaut er dann auch als Erstes vorbei und trifft dort – warum auch nicht! – nur herbeigeschrieben-zufällig auf die versammelte Runde der Verkehrsrowdys. Worauf er von ihnen – ebenso unglaubwürdigerweise – für ein Spiel willkommen geheissen wird, das die Grenzen des Casinos deutlich sprengt.
Die Gang entpuppt sich als schwer wettsüchtig: Untereinander stellen sie sich Herausforderungen im Stile des pausenhöfischen «I dare you to». Doch nicht jede Mutprobe ist so harmlos wie die Luft anhalten und um die Wette rennen.
Der überschaubare Reiz dieses Krimis liegt in der wechselseitigen Dynamik dieser unberechenbaren Gruppe – jedem und jeder ist zuzutrauen, die anderen übers Kreuz zu legen. Regisseur Christian Theede verpasst der «Gamification» dieser Bandenromanze in ihren besten Momenten einen Anstrich von «Squid Game», wenn auch mit deutlich weniger Dramatik.
Dabei wäre die Existenz des kleinen Vermögens in Schürks Kofferraum fast in Vergessenheit geraten, würde sie im letzten Drittel nicht von Schürk und Hölzer in sperrigen Dialogen wie von zwei Kumpels bei «Gute Zeiten, schlechte Zeiten» aufgegriffen.
Was bleibt, ist ein kurzes und schmerzloses Finale – und ein «Tatort» entworfen wie von Chat-GPT: Das kommt alles schnell, fein und sauber daher. Aber echten Tiefgang hat das nicht.
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