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Meinung

Kolumne «Heute vor»
Ein Hauch von Rio de Janeiro am Zürichsee

Hoher Gast mit grossem Interesse am Schweizer Milizsystem: Oberst Ortiz liess sich 1992 vom damaligen Erlenbacher Pikettchef Albert Riethmann (rechts) und vom Oberkommandanten Hans Wüthrich (links) das Tanklöschfahrzeug zeigen.
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Zeitungen erfüllen auch eine wichtige Bildungsaufgabe, ist immer wieder zu hören. Das scheint sich auch die Redaktion des «Allgemeinen Anzeigers vom Zürichsee» zu Herzen genommen zu haben. Im Januar 1992 veröffentlicht sie unter dem Titel «Schaumstreifen auf dem Zürichsee» ein umfassendes Erklärstück über das Phänomen der Gischt. Zur Illustration wird ein Bild vom Seeufer in Kilchberg verwendet. Im Wasser sind feine weisse Streifen zu erkennen. Sie sehen den Kondensstreifen von Flugzeugen am Himmel zum Verwechseln ähnlich. Ihre Lebensdauer ist denn auch ähnlich lang respektive kurz, nämlich einige Sekunden.

Wie der Küsnachter Ferdinand Schanz, Oberassistent an der Limnologischen Station der Universität Zürich in Kilchberg, erklärt, «treten Schaumstreifen parallel zur Windrichtung auf». Und bildeten sich in der Regel erst ab einer Windgeschwindigkeit von 10 Kilometern pro Stunde. Sie entstünden da, wo sich grössere Mengen an Organismen im Wasser zersetzten, «beispielsweise beim Absterben grosser Algenmassen oder höherer Wasserpflanzen». Das Phänomen ist also durch und durch natürlich und nicht – wie von besorgten Bürgern zuweilen vermutet – auf eine chemische Verschmutzung des Sees zurückzuführen.

Wasser ist zu Jahresbeginn 1992 auch am anderen Seeufer, namentlich in Erlenbach, ein Thema. Oberst Adrubal da Silva Ortiz – seines Zeichens Chef von über 10’000 Berufsfeuerwehrmännern in Rio de Janeiro – inspiziert das Tanklöschfahrzeug der Freiwilligen Ortsfeuerwehr. Aber nicht nur das: Der Brasilianer ist gekommen, um zu lernen, «wie hierzulande die freiwilligen Feuerwehren geschult werden», schrieb damals die rechtsufrige «Zürichsee-Zeitung». Ortiz plant, das Milizsystem auch in seinem Land einzuführen. Der Oberst, der dem Journalisten in seiner beigen Uniform, gespickt mit «Goldknöpfen, Patten, Auszeichnungen und Ausbildungsemblemen in allen Farben», wie ein Paradiesvogel erscheint, hat seine gesamten Jahresferien für die Studienreise in die Schweiz geopfert. Für die Flugspesen, so ist zu erfahren, mussten gar befreundete Feuerwehrmänner und Gemeinderäte aus Erlenbach, Herrliberg und Luzern aufkommen. Etwas mehr als zwei Wochen weilte der Colonel am Zürichsee und nahm dabei auch an Übungen des Zivilschutzes Herrliberg und Erlenbach teil.