Kolumne «Heute vor»Nach den Sturmschäden werden die Waldbesitzer gerüffelt
Die schweren Sturmschäden im Dezember 1911 lastete die «Zürichsee-Zeitung» damals den Waldbesitzern an. In Schönenberg bat die Kirchenpflege gleichzeitig um mehr als nur Gottes Segen.
Winterstürme kommen immer wieder vor und richten auch immer wieder verheerende Schäden an, zuletzt zum Beispiel die Stürme Sabine (Februar 2020) und Burglind (Januar 2018). Unvergessen bleiben auch die Verwüstungen nach dem Sturm Lothar am Stephanstag 1999.
In der Altjahreswoche 1911 verursachten Sturmwinde ebenfalls grosse Schäden. So schrieb damals die rechtsufrige «Zürichsee-Zeitung», dass in Stäfa ein Sturm «manchem Dach und Baum übel mitgespielt» hat. In der Nacht «prasselten in kurzen Intervallen zersplitternde Scheiben in die Gärten und Hausgänge nieder». In einem Garten habe der Sturm eine gewaltige Pappel gefällt. Der Baum sei quer über die Strasse gefallen, «tat aber glücklicherweise keinen Schaden». In Zumikon lagen in den «Privatwaldungen ganze Parzellen geknickt oder entwurzelt am Boden. Grössere Baumstämme wurden in einer Höhe von 2 Meter abgedreht oder abgebrochen. Der Boden ist ganz mit grünen Zweigen und Nadeln bedeckt.»
Den Hauptschuldigen an der Misere sah der Autor des Artikels aber nicht etwa im Sturm selbst, sondern bei den Waldbesitzern kleiner Grundstücke: Diese würden manchmal erst halbgewachsenes Holz an Händler verkaufen oder selbst fällen. «Durch diese Lichtungen mitten im Walde werden dann Zuglöcher hergestellt, welche dem Sturme die Türen öffnen, sodass auch gut gewurzelte und gesunde Bäume nicht zu widerstehen vermögen.» Der Autor schlug vor, dass sich die Besitzer kleiner Grundstücke zu einer grossen Waldkorporation zusammenschliessen, weil so die Bewirtschaftung und Pflege professioneller und auch einträglicher werde.
In Schönenberg verwandelten die Verantwortlichen der Kirche ihren Anlasshinweis für die Altjahrabendfeier gleich in einen Spendenaufruf. In der Gewissheit, dass die Feier «wohl auch dieses Jahr ihre gewohnte Anziehungskraft ausüben und uns wieder eine volle Kirche bringt», hofften die Vertreter, dass die Anwesenden «gerne noch ein kleines Opfer» für den Kirchenbestuhlungsfonds bringen. Bereits 1800 Franken seien beisammen, war damals im «Allgemeinen Anzeiger vom Zürichsee» zu lesen. Offensichtlich noch zu wenig, man hoffte auf finanzielle Überraschungen in Form von Spenden: «Wenn in Zukunft auch die freiwilligen Kirchensteuern reichlich fliessen, dann werden wir in absehbarer Zeit nicht nur eine schön beleuchtete, sondern – was mindestens ebenso wünschenswert ist – auch eine schön bestuhlte Kirche unser eigen nennen.»
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