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Meinung

Leitartikel zu den USA
Ein bisschen Hoffnung in Trumps Amerika

Trump hofft auf den Nixon-Effekt. Er könnte sich täuschen: Anders als 1968 ist heute der Protest gegen Rassismus in der Bevölkerung breit verankert. Demonstranten vor dem Weissen Haus.
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Sie lassen sich nicht abhalten von der Pandemie. Sie lassen sich auch nicht einschüchtern von Polizisten, die sie mit Gummikugeln beschiessen und mit Stöcken schlagen. Sie lassen sich nicht einmal von den Kampfhelikoptern über ihren Köpfen beeindrucken und von den Soldaten ohne Abzeichen, die in den Strassen von Washington patrouillieren.

In fast jeder Stadt der USA gehen die Menschen in diesen Tagen auf die Strasse, um gegen die Polizeibrutalität zu protestieren, die der Tod des Afroamerikaners George Floyd auf so erschütternde Weise gezeigt hat. Donald Trump hat nur sehr wenige Worte über den Schmerz verloren, den Floyds Tod im Land ausgelöst hat, und er hat auch nichts gesagt über die grundlegenden Probleme, die die überwiegend friedlichen Demonstranten anprangern.

Stattdessen redet er fast nur über die Randalierer, die für die Ausschreitungen verantwortlich sind, die vor allem zu Beginn der Proteste zu sehen waren. Es ist diese Gewichtung, an der man ihn messen muss.

Trump drückt sein Knie auf die amerikanische Demokratie, um sie zu ersticken.

Der Präsident warnte in den Worten eines rassistischen Polizeichefs aus den 1960er-Jahren, dass Plünderer erschossen würden. Er liess einen Protest vor dem Weissen Haus gewaltsam auflösen, um sich mit einer Bibel als Kulturkämpfer zu inszenieren. Er drohte an, Soldaten gegen die eigene Bevölkerung einzusetzen. Er machte aus Washington, der selbst ernannten Hauptstadt der freien Welt, eine waffenstarrende Festung.

Falls es noch einen letzten Beleg für Trumps autoritäre und demagogische Züge brauchte, hat er ihn mit seiner Antwort auf die Proteste geliefert. Trump drückt sein Knie auf die amerikanische Demokratie, um sie zu ersticken.

In der Person von George Floyd kommt alles zusammen

Es wäre leicht, in Trumps Amerika in diesen Tagen nur Dunkelheit zu sehen. Es ist die Fortsetzung einer ewigen Geschichte. Rassismus und staatliche Gewalt gegen Schwarze sind so alt wie die USA selbst. Sie sind keine Frage der Parteipolitik. Polizisten töteten Schwarze, als der Präsident Barack Obama hiess. In der Stadt Minneapolis, in der George Floyd ums Leben kam, regieren seit mehr als 40 Jahren die Demokraten.

An Floyds Person zeigt sich vieles, woran die USA und besonders die Afroamerikaner leiden: Bevor er von einem Polizisten getötet wurde, hatte Floyd im Zug der Pandemie seine Stelle verloren und war am Coronavirus erkrankt.

Weisse an der Seite von Schwarzen

Und doch gibt es auch Licht. Wer die Proteste besucht, erlebt keine Stimmung des Bürgerkriegs, sondern eine des gewaltlosen Widerstands. Im Gegensatz zu den Unruhen von 1968 und den ersten Protesten der «Black Lives Matter»-Bewegung sind unter den Teilnehmern viele weisse Amerikaner, mancherorts sind sie sogar in der Mehrheit. Das ist neu.

Die meisten Amerikaner unterstützen die Demonstrationen. In den Umfragen ist das Verständnis der Weissen für die Bedrohung, die vom Justiz- und Polizeiapparat für Schwarze ausgeht, in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen.

«Ich sehe Hoffnung und Fortschritt in diesem Moment», sagt der Autor Ta-Nehisi Coates, eine führende Stimme des schwarzen Amerika. Hoffnung auf Reformen von Gesetzen und Verfahren, die übergriffige Beamte vor Konsequenzen schützen. Hoffnung auf eine Abrüstung von Polizeikräften, die zum Teil militarisierter daherkommen als die Armeen kleinerer Staaten.

Der Kulturwandel zeigt sich in der breiten Unterstützung für die friedlichen Proteste.

Dass ein Kulturwandel im Gang ist, zeigt sich auch in den Statements der Unterstützung für die Proteste, die von US-Unternehmen abgegeben werden. Es zeigt sich darin, dass gegen die vier an Floyds Tod beteiligten Polizisten rasch eine Anklage erhoben wurde, und es zeigt sich nicht zuletzt in den bemerkenswerten Aussagen von Vertretern des Militärs.

«Die Proteste werden geprägt durch die Zehntausende gewissenhafter Menschen, die darauf bestehen, dass wir unseren Werten gerecht werden», sagte Trumps früherer Verteidigungsminister James Mattis. Die Gefahr für die Verfassung gehe nicht von einigen wenigen Randalierern aus, sagte er – sondern von Trump.

Erinnerungen an Nixon – aber welche?

Was die Demonstrationen bewirken, hängt letztlich davon ab, wie sie sich weiter entwickeln. Ob sie nach dem gewalttätigen Beginn friedlich bleiben – oder ob sie in neue Unruhen ausarten. Darauf scheint Trump zu hoffen. Er vergleicht sich zunehmend mit Richard Nixon, der im Protestjahr 1968 die Präsidentschaftswahl gewann, indem er sich den entscheidenden Wählern in den Vorstädten als Law-and-Order-Kandidat verkaufte.

Möglich, dass dies auch Trump gelingt. Bloss: Nixon war damals nicht Präsident, sondern Herausforderer. Und im Vergleich zu Trump klang Nixon gemässigt. Vom Ton und vom Gestus her erinnert der heutige Präsident eher an den wütenden Rassisten George Wallace, der im gleichen Jahr für die Präsidentschaft kandidierte. Die meisten Amerikaner wandten sich angewidert von ihm ab.

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