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Demos gegen Polizeigewalt
Die Bewegung «Black Lives Matter» wird weisser

Solidarität mit den Afroamerikanern: Weisse Amerikaner an einer Kundgebung gegen Polizeigewalt in Washington.
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Egal, ob in Washington oder Minneapolis, in Los Angeles oder New York: An den Protesten gegen den Tod des Afroamerikaners George Floyd, die in den USA von Küste zu Küste stattfinden, nehmen auffallend viele weisse Menschen teil. Sie marschieren, demonstrieren und legen sich Seite an Seite mit den Afroamerikanern auf den Boden. Sie stimmen in die Gesänge ein oder stimmen sie gleich selbst an. Auch viele der Freiwilligen, die an den Protesten Wasserflaschen, Snacks und Desinfektionsmittel verteilen, sind Weisse.

Auf den Plakaten, die sie hochhalten, steht oft der universelle Slogan der ursprünglichen Bewegung gegen Polizeigewalt, «Black Lives Matter», Schwarze Leben zählen, und «Justice for George», Gerechtigkeit für George. Bei einem Polizeieinsatz in Minneapolis war George Floyd ums Leben gekommen, sein Tod hat die jüngsten Unruhen in den USA ausgelöst. Aber nicht selten liest man darauf auch «White Privilege», weisses Privileg, oder Sätze wie diesen: «Ich verstehe, dass ich es nicht verstehe. Aber ich stehe hier mit euch.»

Auch die junge weisse Studentin, die am Dienstagabend am Washingtoner Lafayette Square gegenüber dem Weissen Haus demonstriert, trägt ein «White Privilege»-Plakat. «Ich kann so vieles, was schwarze Männer und Frauen in diesem Land durchmachen, nur erahnen», sagt Rachel Lewis. «Wenn ich einkaufen gehe, werde ich beim Verlassen des Ladens nie nach dem Kassenbeleg gefragt. Wenn ich mit meinem Freund in eine Polizeikontrolle gerate, muss ich nie Angst haben, dass ihm etwas zustösst.» Es sei ein anderes Leben, das Weisse in den USA führten, ein privilegiertes Leben. «Und wenn wir uns nicht solidarisch zeigen mit den Menschen, die diese Privilegien nicht haben, ändert sich nichts.»

Die Einstellung von weissen Amerikanern gegenüber Rassismus und Polizeigewalt hat sich in den letzten Jahren verändert.

Es sind nicht nur junge Weisse, die so denken. Inmitten der Demonstranten steht auch David Galligan, ein 65-jähriger Managementberater. Das letzte Mal demonstriert hat er als Student zu Beginn der 1970er-Jahre. «Aber jetzt reicht es. Ich verfolge mit Abscheu, was in unserem Land gerade geschieht, und ich schäme mich dafür.»

Galligan hat 30 Jahre in Minneapolis gelebt, der Stadt, in der sich der Polizeieinsatz gegen Floyd zutrug. «An der Oberfläche glänzt es. Aber darunter steckt eine rassistische Gemeinde, in der schwarze Menschen in jeder Hinsicht benachteiligt werden.» Galligan hat als Student ein Jahr in Deutschland gelebt, er sagt: «Die Deutschen haben ihre dunkle Vergangenheit aufgearbeitet. Bei uns in den USA ist das nie geschehen. In meiner Jugend wurde unsere Geschichte nur wahnsinnig geschönt vermittelt.»

Weisse sollen sich für echten politischen Wandel einsetzen

Es gibt Anzeichen dafür, dass sich die Einstellung von weissen Amerikanern gegenüber Rassismus und Polizeigewalt in den vergangenen Jahren verändert hat – aber sie ist vor allem der Entwicklung bei Anhängern der Demokraten geschuldet. Nach einer Umfrage des Pew Research Center von 2019 finden 88 Prozent der weissen Demokraten, dass Schwarze in den USA von der Polizei weniger fair behandelt werden als Weisse. 86 Prozent finden, dass Schwarze vom Justizsystem systematisch benachteiligt werden. Damit decken sich weisse Demokraten in ihrer Ansicht mit den Afroamerikanern.

Das war nicht immer so. Noch vor zehn Jahren sagten nur 50 Prozent der weissen Demokraten, dass das Land mehr dafür tun müsse, gleiche Rechte für Schwarze durchzusetzen. Inzwischen finden das 80 Prozent.

Dass bei den Protesten so viele Weisse mitmachen, ist den Afroamerikanern aufgefallen – ihre Gefühle darüber sind gemischt.

Bei den Republikanern, deren Wählerschaft in den vergangenen Jahren zunehmend weisser und konservativer geworden ist, verhält sich die Lage etwas anderes: Republikaner messen den rassistischen Strukturen in der Justiz und im Alltag deutlich weniger Bedeutung zu. Doch auch 43 Prozent der weissen Republikaner gaben in der gleichen Pew-Umfrage an, dass Schwarze von der Polizei weniger fair behandelt würden als Weisse, und 39 Prozent fanden, dass Schwarze vom Justizsystem benachteiligt würden.

Dass bei den jetzigen Protesten so viele Weisse mitmachen, ist auch vielen Afroamerikanern aufgefallen – und ihre Gefühle darüber sind gemischt. Bei den frühen «Black Lives Matter»-Demonstrationen, die 2013 nach der Erschiessung von Trayvon Martin stattfanden, habe er kaum je Weisse gesehen, sagt Eric, ein schwarzer Lehrer, der am Lafayette Square steht und seinen Nachnamen nicht nennen will. Natürlich sei er froh um jedes Zeichen der Solidarität. «Aber ich hoffe, dass diese Leute auch noch an unserer Seite stehen, wenn sich die Nachrichten wieder um andere Dinge drehen.»

Ähnlich sieht das Alicia Garza, eine der Mitgründerinnen von «Black Lives Matter». Sie wünsche sich, dass sich Weisse die Proteste nicht nur aneigneten, sondern sich auch für echten politischen Wandel einsetzten, sagte sie in der «Washington Post». Das bedinge, dass sich Weisse ihrer Privilegien bewusst seien. «Sagt also nicht, dass ihr nicht atmen könnt», so Garza in Anspielung an die letzte Worte George Floyds: «Ihr atmet ganz problemlos.»

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