Schockmoment in St. MoritzGut-Behrami klagt über Schmerzen, Gisin beseitigt ihre Zweifel
Nach bester Zwischenzeit stürzt Lara Gut-Behrami im Super-G fürchterlich – die Tessinerin scheint aber mit dem Schrecken davongekommen zu sein. Zu reden gibt die Kurssetzung.
Sie ist schnell, sehr schnell, zu schnell! Lara Gut-Behrami ist kaum zu bremsen im Super-G, seit Monaten ist das so, und in St. Moritz gilt das ganz besonders. Am Sonntag fährt sie abermals grandios, doch nach knapp 40 Sekunden passiert es: Sie verliert die Kontrolle, drischt durch die Fangnetze.
Es ist ein Abflug der üblen Sorte, im Ziel schlägt sich die spätere Dritte Mikaela Shiffrin die Hände vors Gesicht, mehrere Swiss-Ski-Betreuer wirken wie paralysiert. Cheftrainer Beat Tschuor ist innert Sekunden bei der Tessinerin, die zwar benommen und geschockt wirkt, aber bald aufsteht. Der Rettungsschlitten kommt vergebens, nach einigen Minuten kurvt Gut-Behrami selbstständig ins Ziel.
«Klar, es hätte viel schlimmer kommen können.»
Im Bereich des Oberkörpers tue ihr alles ein wenig weh, heisst es. Der Schweizer Alpinchef Walter Reusser erwähnt die Schulter, welche angeschlagen sein soll. «Es hätte viel schlimmer kommen können. Aber wie intensiv die Schmerzen sind, erfährt eine Athletin nach solch einem Unfall oft erst am Tag danach, wenn das Adrenalin nicht mehr wirkt und alles abgekühlt ist», hält der Berner fest.
Gut-Behrami habe vor dem Sturz intuitiv richtig gehandelt, meint Reusser. «Sie hat gerade noch rechtzeitig einen Bremsschwung eingelegt und sich abgedreht. Das schützte mehrere Körperstellen.» Die 30-Jährige reist noch am Sonntag heim, am Montag folgen genauere Abklärungen.
Tina Weirathers klare Ansage
Sicher ist: Nach ihrer Fabelfahrt 24 Stunden zuvor, als sie zum 33. Mal im Weltcup gewann, hat Gut-Behrami Glück im Unglück. Inwiefern der böige Wind auf der verkürzten Strecke Einfluss genommen hat, ist nicht schlüssig zu beurteilen, die Fahrerinnen jedenfalls sprechen von einem fairen Rennen. Das Tempo aber ist höher am Sonntag, wegen der Schneebeschaffenheit, des Rückenwinds, vor allem aber wegen der direkteren Kurssetzung.
Nicht in Ordnung sei diese, echauffiert sich SRF-Expertin Tina Weirather, die Rennleitung hätte eingreifen müssen, weil der unerfahrene kanadische Coach einen viel zu schnellen Parcours gesetzt habe. Reusser will davon nichts wissen. «Es war alles okay. Lara hat einfach einen Fahrfehler gemacht.»
Am besten zurecht mit den Verhältnissen kommt Federica Brignone, sie siegt vor Landsfrau Elena Curtoni. Drei weitere Italienerinnen schaffen es in die Top 10. Beste Schweizerin wird Jasmine Flury als Siebte, ihr strahlendes Gesicht zeigt überdies Michelle Gisin. Sie wird Zehnte und sagt, sie habe «mega Spass» gehabt.
Noch am Vortag wollte Gisin nicht sprechen. Nicht aus Enttäuschung wie Weltmeisterin Corinne Suter nach den Rängen 21 und 26, sondern zum eigenen Schutz. Es mag erstaunen bei der Engelbergerin, die gemeinhin redet, als gäbe es weder Punkt noch Komma. Aber Medientermine ermüden sie, erst recht im lärmigen Zielbereich mit den vielen Eindrücken.
Gisins emotionale Achterbahnfahrt
Es sind Nachwirkungen des Pfeifferschen Drüsenfiebers, das die 28-Jährige im Sommer so heftig erwischt hatte. Damals sagte sie, dass sie sich während Spaziergängen fühle, als hätte sie den Rollator dabei. Sie stellte sich die Frage: «Kommt das je wieder gut?»
Die Antwort lautet: Ja. Die Dritte des Gesamtweltcups im letzten Winter sagt, sie sei selbst erstaunt, wie sie wieder mithalten könne. Die Ränge 14 und 10 sind mehr als ansprechend, umso mehr, weil Gisin im Speedbereich keine Vorbereitung absolvierte. «Ihr Trainingsumfang lässt sich nicht mit jenem aus dem Vorjahr vergleichen», sagt Trainer Alois Prenn.
Noch immer hat Gisin Tiefs, vorab nach extremer Anstrengung. Gegenüber dem «Blick» erklärte sie, das fühle sich an, als würde ihr jemand den Stecker ziehen. «Das Emotionale ist das Schlimmste. Es haut mich in eine Abwärtsspirale.» Sie wisse zwar jeweils, dass diese bald ende, könne sich aber kaum zusammenreissen und habe sich nicht mehr unter Kontrolle. Prenn sagt, diese emotionalen Achterbahnfahrten gebe es hin und wieder in den Trainings, «aber es wird je länger, desto besser».
Nach wie vor wird Gisin schneller ihrer Kräfte beraubt als vor der Erkrankung. Anstrengung, Stress, Flugreisen – darauf reagiert sie empfindlich. Was den Energiehaushalt betreffe, sei es in St. Moritz aber einen Schritt vorwärtsgegangen. Die Zweifel werden kleiner, und Gisin resümiert, es fehle nicht mehr viel. «Ich hoffe, dass bald wieder alles normal ist.»
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