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Sieben ETH-Spin-offs mit Potenzial
Diese Erfindungen aus Zürich verändern die Welt

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In der Flut aus Schreckensmeldungen in einer Pandemie, die gerade auf einen neuen Höhepunkt zusteuert, tut diese Nachricht gut: 72 Millionen Franken hat die US-Firma i-Robot zwei ETH-Abgängern bezahlt für die Entwicklung ihres Luftfilters Aeris, der unter anderem Viren zuverlässig aus der Zimmerluft waschen kann. 2017 hatten die beiden ihren ersten Filter auf den Markt gebracht, heute produziert ihre Firma über 100’000 im Jahr, wie der «Blick» schreibt.

Auf die Idee für ihr Produkt kam der Ingenieur, als er nach seinem Bachelor an der ETH nach Peking reiste. Bald entdeckte er, dass was er dort für Nebel hielt, in Wirklichkeit schlechte Luft war, wie der «Blick» schreibt. 2017 brachten die beiden ihren Filter auf den Markt, heute produziert ihre Firma über 100'000 im Jahr. Im australischen Bundesstaat New South Wales werden gerade alle Schulzimmer damit ausgerüstet.

Die ETH vermeldete am Mittwoch 25 Neugründungen von Start-ups fürs vergangene Jahr. Darunter ein weiterer Gewinner der Pandemie: das Unternehmen Diaxxo. Es bietet einen PCR-​Test, der das Ergebnis innerhalb von zehn Minuten anzeigt, direkt in der Arztpraxis.

Die spezielle Kartusche, mit der die Analyse durchgeführt wird, kann gleichzeitig bis zu sieben Krankheitserreger diagnostizieren und ist monatelang ohne Kühlkette lagerbar. Nun arbeiten die Gründer Michele Gregorini und Philippe Bechtold daran, ihre Geräte zuzulassen und weitere Tests für sexuell übertragbare und tropische Krankheiten zu entwickeln.

Doch nicht erst das Coronavirus hat ETH-Forscher zu Höchstleistungen angespornt. Die Spin-offs und Entwicklungen der Zürcher Hochschule der vergangenen Jahre besitzen ebenfalls viel Potenzial:

Ein Regenwasserfänger, der überall funktioniert

Trinkwasser gewinnen, wo es knapp ist – dazu braucht es heute meist Meerwasser und viel fossile Energie. Was, wenn man Wasser ohne weiteres aus der Luft gewinnen könnte? Ein vielversprechendes Verfahren und den dazugehörigen Prototyp hat Iwan Hächler an der ETH Zürich entwickelt. Sein «Wassersammler» ist eine silbern glänzenden Box, obendrauf ein ebenfalls glänzender Trichter. Zwischen den beiden Objekten: eine mehrfach beschichtete Glasscheibe, an der feuchte Luft kondensiert. Die Beschichtung kühlt die Scheibe auf bis zu 15 Grad unter Umgebungstemperatur, und sie sorgt auch dafür, dass das Wasser abperlt und aufgefangen werden kann. Der Trichter strahlt die bei diesem Prozess anfallende Kondensationswärme wieder ab.

Das Verfahren besticht durch seine Einfachheit, eine Lowtech-Methode, wie sie in ärmeren, unter Wassernot leidenden Staaten gefragt ist. Seine Schwäche ist noch die Ausbeute: Die Pilotanlage auf dem Dach der ETH Zürich produziert gerade einmal 4,6 Milliliter Wasser pro Tag. Würde man allerdings eine Anlage von 100 mal 100 Metern bauen, mit Zehntausenden «Wasser-Sammlern», würden diese gemäss Hächler 297 bis 519 Liter Trinkwasser pro Tag liefern.

Seenotrettung mithilfe der Mathematik

An der Wasseroberfläche treibende Menschen sammeln sich an kurvenähnlichen Linien, sogenannten Traps. 

Hunderte Menschen ertrinken jedes Jahr bei Schiffsunfällen auf dem offenen Meer. Auch bei Flugzeugabstürzen bleibt den Rettern nur wenig Zeit, Menschen zu finden und zu bergen, die auf dem Wasser treiben.

Ein internationales Team rund um ETH-Professor George Haller hat die gängigen Suchstrategien mit neuen Erkenntnissen zu solchen instabilen Strömungen erweitert. Mit Werkzeugen der dynamischen Systemtheorie sowie Daten der Küstenwache entwickelten die Forscher eine Berechnungsmethode, die voraussagen kann, wohin Menschen und Objekte an der Meeresoberfläche treiben.

In zwei Experimenten vor der amerikanischen Nordostküste testeten die Forschenden mit US-Partnerorganisationen den neuen Suchalgorithmus. Sie verwendeten dieselben Echtzeitdaten wie die amerikanische Küstenwache und beobachteten, wie sich ausgesetzte Bojen und Testpuppen entlang der berechneten Kurven sammelten.

Flugzeuge mit Sonnenlicht, Luft und Wasser antreiben

Die Mini-​Solarraffinerie an der ETH Zürich hat sich in zwei Jahren Testbetrieb bewährt. 

Auf dem Dach des ETH-Maschinenlaboratoriums steht seit zwei Jahren eine Anlage, die verspricht, in naher Zukunft das CO₂-neutrale Fliegen zu ermöglichen. Es ist eine Mini-​Solarraffinerie, die aus Licht und Luft synthetischen Treibstoff herstellt. Grösster Bestandteil der Anlage ist ein Parabolspiegel, der Sonnenwärme für den thermochemischen Prozess konzentriert, bei dem aus CO₂ und Wasser flüssiger Treibstoff wird.

ETH-Professor Aldo Steinfeld hat bereits vor Monaten gezeigt, dass man so CO₂-neutralen Treibstoff herstellen kann. In einem Fachartikel weist sein Team nach, dass sich die Mini-Solarraffinerie auch unter realen Bedingungen zuverlässig betreiben lässt, und zeigt auf, wie sich ihr nachhaltiger Treibstoff im Markt einführen lässt. Das Spin-off Synhelion betreibt in Deutschland und Spanien bereits grössere Anlagen, um die industrielle Produktion der Solartreibstoffe zu testen.

Aber Achtung: Die Anlage auf dem ETH-Dach hält zwar mit einem Wirkungsgrad von 5,6 Prozent den Weltrekord für die solare thermochemische Spaltung, aber das ist noch nicht gut genug. Damit lässt sich in Zürich an einem Tag gerade einmal ein halber Deziliter Treibstoff herstellen. Daher wollen die Forscher den Wirkungsgrad nun auf über 20 Prozent erhöhen.

Auf der Intensivstation den Kreislaufkollaps voraussagen

Ärzte und Pfleger wechseln die Lungenersatzmaschine eines Covid-Patienten auf der Intensivstation des Stadtspitals Triemli. 

Kritische Fälle auf der Intensivstation eines Spitals stehen unter genauer Beobachtung: Puls, Blutdruck und Blutsauerstoffsättigung werden laufend gemessen, ein Intensivbett ist Hightech-Messstation und Werkbank zugleich. Eingegriffen wird aber oft erst, wenn ein Wert den kritischen Punkt erreicht. Besser wäre es, aufgrund der Informationen voraussagen zu können, ob sich lebensbedrohliche Veränderungen ankündigen.

Forschende der ETH Zürich und des Berner Inselspitals setzen hier an: Das Spital sammelt seit 2005 detaillierte Daten von Intensivpatientinnen und -patienten in digitaler Form. Die Forscher konnten daher die Aufzeichnungen von 36’000 Aufenthalten mit Methoden des maschinellen Lernens analysieren. Das Ergebnis: «Die so entwickelten Algorithmen und Modelle konnten im Datensatz 90 Prozent aller Kreislaufversagen vorhersagen», sagt ETH-Professor Gunnar Rätsch. «In 82 Prozent aller Fälle erfolgte die Vorhersage mindestens zwei Stunden im Voraus, womit den Ärzten Zeit für eine Intervention geblieben wäre.»

CO₂ aus der Luft filtern und im Boden speichern

Diese Anlage von Climeworks auf der Kezo Hinwil reichert das nahe Gewächshaus der Gebrüder Meier mit CO₂ an und erhöht so die Ernte.

Das ETH-Spin-off Climeworks vermarktet eine Technologie zur CO₂-Abscheidung aus der Luft. Im September vergangenen Jahres konnte es die weltweit grösste Anlage zu diesem Zweck fertigstellen: Sie heisst Orca und steht in Island. Climeworks hatte 2016 in Hinwil eine erste Anlage aufgebaut. Das aus der Luft gewonnene CO₂ wurde als Dünger eingesetzt und Getränken beigemischt. Orca leistet mit 4000 Tonnen CO₂ im Jahr ein Vielfaches mehr und geht einen Schritt weiter: Das CO₂ wird mit Wasser aufbereitet und in den Boden gepumpt. Dort reagiert es mit dem Gestein und soll so sicher gelagert bleiben.

Der Haken an der Sache: Gemäss Climeworks-Co-Chef Jan Wurzbacher ist es auch mit der neuesten Anlage immer noch sehr teuer, CO₂ aus der Atmosphäre zu entfernen. Es kostet 600 bis 1000 Dollar pro Tonne. Bereits Ende des Jahrzehnts will die Firma aber Werke bauen, die im Megatonnenbereich arbeiten, also eine Million Tonnen CO₂ pro Jahr absorbieren – das ist so viel, wie die Stadt Zürich derzeit pro Jahr ausstösst. Im Jahr 2040 soll der Preis zwischen 100 und 200 Dollar liegen.

Lernen, welcher Kanton für Flüchtlinge der richtige ist

Asylbewerber helfen, die Insel Ufenau für den Frühling wieder auf Vordermann zu bringen. Ihre Integration gelingt besser, wenn sie schlauer auf die Kantone verteilt werden.

Europa sieht sich einer wachsenden Anzahl Asylsuchender gegenüber. Deren Erwerbstätigkeit in der Schweiz könnte mit einem datengestützten Ansatz von 15 auf 26 Prozent fast verdoppelt werden, wie Sozialwissenschaftler aus der Schweiz und den USA mit Beteiligung der ETH-​Professur für Politikanalyse herausgefunden haben.

Asylsuchende und vorläufig aufgenommene Ausländer dürfen heute nur in jenem Kanton einer Arbeit nachgehen, dem sie der Bund im Asylverfahren zuteilt. Deshalb sollte die Kantonszuteilung laut den Forschern besser auf die Arbeitsmarktintegration abgestimmt werden. In den Kantonen Waadt und Zürich besitzen beispielsweise Frauen aus Sri Lanka relativ gute Erwerbschancen, dies wegen vergleichsweise grosser regionaler Netzwerke von Landsleuten.

Auch dieser Ansatz beruht auf maschinellem Lernen, der Algorithmus benutzt Daten des Staatssekretariats für Migration. «In einem nächsten Schritt könnte man diesen in der Praxis testen, denn er lässt sich gut in das bestehende Zuteilungsverfahren integrieren», sagt ETH-​Professor Dominik Hangartner.

Ein Datenspeicher für den Wiederaufbau der Erde

Haelixa, mitgegründet von Michela Puddu, speichert Information in künstlicher DNA. Die Bekleidungsindustrie nutzt die Technologie bereits zur Prüfung der Lieferkette.

Wir kennen das Szenario aus Science-Fiction Filmen: Falls wir es nicht schaffen, die Klimaerwärmung zu stoppen, könnte es sinnvoll sein, das aktuelle Wissen an eine zukünftige, bessere Zivilisation weiterzugeben. Das Problem: Eine solche «Wikipedia für die Ewigkeit» müsste einige Jahrtausende überdauern und nachher noch einwandfrei lesbar sein.

Genau dies ermöglicht die Forschung der ETH-Professoren Robert Grass und Wendelin Stark: Sie schreiben die Information in Erbgut, also DNA-​Stücke. Verkapseln diese Stücke in winzig kleine Glaskügelchen. Und entwickeln dann einen Algorithmus, um Fehler in den ausgelesenen Daten zu korrigieren.

Um in kurzer Zeit den Verfall des Informationsträgers DNA über lange Zeiträume zu simulieren, lagerten sie diesen bis zu einem Monat bei Hitze zwischen 60 und 70 Grad Celsius. Bei idealer, kühler Lagerung – wie im weltweiten Saatgut-​Tresor auf Spitzbergen – könnte die DNA-​codierte Information über eine Million Jahre überdauern.

Genutzt wird die Methode fürs Erste nicht zur Rettung der Zivilisation: Das 2016 gegründete ETH-Spin-off Haelixa braucht sie, um Edelsteine, Gold oder Bio-​Baumwolle zu kennzeichnen. So lassen sich Produktherkunft und Arbeitsbedingungen über die Lieferkette hinweg nachverfolgbar machen.