Ihr Browser ist veraltet. Bitte aktualisieren Sie Ihren Browser auf die neueste Version, oder wechseln Sie auf einen anderen Browser wie ChromeSafariFirefox oder Edge um Sicherheitslücken zu vermeiden und eine bestmögliche Performance zu gewährleisten.

Zum Hauptinhalt springen

Die «kleine Schweizer Firma», die in den USA gross rauskommt

Jetzt abonnieren und von der Vorlesefunktion profitieren.
BotTalk

Die Zürcher Firma Climeworks erhält in den USA gerade viel Aufmerksamkeit. Die Idee der Schweizer Jungunternehmer, Kohlendioxid aus der Luft zu filtern, «könnte die Zukunft der Menschheit verändern», schreibt das «New York Times Magazine». «Die kleine Schweizer Firma, die denkt, sie könne helfen, den Klimawandel aufzuhalten» titelt der Autor.

Die beiden Gründer Christoph Gebald und Jan Wurzbacher betreiben mit ihrer Firma seit zwei Jahren auf dem Dach einer Kehrichtverwertungsanlage in Hinwil eine Anlage, die CO2 aus der Luft filtert. Das Gas verkaufen sie an einen Gemüseproduzenten, dessen Treibhäuser in der Nähe stehen.

Den grossen Wurf planen die beiden ETH-Absolventen, die mittlerweile rund 60 Angestellte haben, allerdings in Island. Dort wird ihre Technik in einem Geothermie-Kraftwerk genutzt, um das Gas in den Untergrund zu leiten und so zu binden. Das Kohlendioxid wird mit Wasser vermischt, reagiert mit dem Basaltgestein und wird innerhalb von zwei Jahren zu einem harmlosen Carbonatmineral. Bis Ende Jahr soll das Projekt CarbFix ausgebaut werden und helfen, den Klimawandel aufzuhalten. Geplant ist bis zu 4000 Tonnen CO2 pro Jahr zu filtern.

«Die kleine Schweizer Firma, die denkt, sie könne helfen, den Klimawandel aufzuhalten»: So berichtet das New York Times Magazin über das Zürcher Unternehmen. (Bild: Screenshot nytimes.com)

Weltweit arbeiten drei Firmen an der Idee, CO2-Emissionen rückgängig zu machen, indem man das Gas aus der Luft filtert – Climeworks sei aber am weitesten, sagt Christoph Beuttler, Manager für negative Emissionstechnologien bei der Firma, auf Anfrage. Berichte wie im «New York Times Magazine» würden nicht nur helfen, Investoren anzuziehen, sondern auch auf den aktuellen Stand der Klimakrise aufmerksam zu machen. «Die Klimawissenschaft weiss heute, dass wir in Zukunft riesige Mengen an CO2 wieder aus der Atmosphäre holen müssen, um die Ziele des Pariser Abkommens einzuhalten», so Beuttler. Der Artikel mache deutlich, dass man im Klimaschutz neue Ansätze brauche.

Eigene Emissionen rückgängig machen

So sollen Private bald ihre CO2-Emissionen rückgängig machen können und beispielsweise einen Flug von Zürich nach London kompensieren. «Aktuell würde das rund 120 Franken kosten», sagt Beuttler. Verglichen mit anderen Kompensationsmassnahmen sei das noch teuer, da die Technologie noch am Anfang stehe. «Je mehr Abnehmer wir finden, desto schneller fallen die Preise.» Man sei daran, ein Angebot zu entwickeln. Bereits jetzt habe man aber Kunden in diesem Bereich, die sich auf eigene Initiative melden – darunter auch Schweizer Firmen.

«Wir nehmen seit einigen Monaten ein stark wachsendes Interesse wahr», sagt Beuttler. Die aktuellen Proteste für den Klimaschutz in Schweizer Städten seien ebenfalls ein wichtiges Zeichen dafür, dass das Thema bei den Menschen angekommen sei.

Die Technologie könnte bei der Bekämpfung des Klimawandels tatsächlich eine wichtige Rolle spielen. Laut dem Bericht des Weltklimarates IPCC von 2018 ist es unmöglich, die Klimaerwärmung bis ins Jahr 2100 nur durch einen Wechsel auf erneuerbare Energien wie Wind- und Solarstrom, Elektroautos und dergleichen auf 1,5 Grad zu begrenzen. Der Klimarat der UNO rechnet mit 100 bis 1000 Milliarden Tonnen CO2, die aus der Atmosphäre entfernt werden müssten, je nachdem, wie schnell die Treibhausgase sinken.

Effizienter als Bäume

«Oft bekomme ich zu hören, dass man dafür besser Bäume pflanzen solle, was absolut gemacht werden sollte», sagt Beuttler. «Wir wissen aber schon jetzt, dass dies nicht ausreichen wird.» Denn die Wiederaufforstung braucht viel Platz und Wasser. «Unsere Anlagen sind rund 400-mal flächeneffizienter als Bäume, und das inklusive der Energiebereitstellung etwa durch Solaranlagen», erklärt er. Im Bereich der negativen Emissionstechnologien gehöre die Technologie, CO2 aus der Luft zu filtern, aus wissenschaftlicher Sicht zu den vielversprechendsten Ansätzen.

Ziel von Climeworks ist es, bis Mitte der 2020er-Jahre 1 Prozent der jährlichen CO2-Emissionen weltweit zu beseitigen. Das entspricht jährlich rund 300 Millionen Tonnen CO2.

Um das zu erreichen, müsste das Unternehmen nach Berechnungen des «New York Times Magazine» 250'000 solcher Anlagen wie auf dem Dach in Hinwil bauen. Das entspricht etwa 4,5 Millionen Modulen. Für die Firma, die erst 100 solcher Module gebaut hat (und 14 kleine Anlagen in ganz Europa hat), sind das grosse Ambitionen.

Technologie industrialisieren

Der Bau und die Installation der 18 Module in Hinwil, die in einer Werkstatt in Zürich von Hand montiert wurden, kostete zwischen 3 und 4 Millionen Schweizer Franken. Das ist der Hauptgrund dafür, dass es das Unternehmen noch zwischen 600 und 800 Franken kostet, eine Tonne CO2 aus der Luft zu filtern.

Das ist zurzeit auch noch das grösste Problem des ehemaligen ETH-Spin-offs. In der Schweiz kostet die Produktion einer Tonne CO2 aus der Ammoniakherstellung 150 bis 250 Franken. Nur dank privaten Investoren und der Unterstützung des Bundesamts für Energie kann das Jungunternehmen derzeit markttaugliche Preise anbieten.

In einigen Sparten in der Getränkeindustrie, die CO2 für die Kohlensäure brauche, könne man bereits profitabel sein, sagt Christoph Beuttler. «Denn, wir können Kohlendioxid praktisch überall aus der Atmosphäre filtern. Damit eliminieren wir Transportkosten.» Durch die Herstellung synthetischer Treibstoffe entstehe zudem ein neuer Markt. Mit aus der Luft gefiltertem Kohlendioxid und Wasserstoff lässt sich jeder beliebige fossile Treibstoff ersetzen. Auf diese Art könnten etwa Flugzeuge oder der Schwertransport, der nicht leicht zu elektrifizieren sei, CO2-neutral gemacht werden. «Auch hier gilt, aktuell ist dies noch teuer», so Beuttler.

Das Interesse am Jungunternehmen ist bei Investoren – zu denen unter anderem die Zürcher Kantonalbank gehört – dennoch gross. Climeworks verfügt über ein Investitionskapital von über 50 Millionen Franken. Damit wollen die Unternehmer ihre Technologie weiter industrialisieren und auf die Massenproduktion vorbereiten, um die Kosten zu senken.

Hier wird Inhalt angezeigt, der zusätzliche Cookies setzt.

An dieser Stelle finden Sie einen ergänzenden externen Inhalt. Falls Sie damit einverstanden sind, dass Cookies von externen Anbietern gesetzt und dadurch personenbezogene Daten an externe Anbieter übermittelt werden, können Sie alle Cookies zulassen und externe Inhalte direkt anzeigen.