Diese Eishockey-Regel macht keinen Sinn mehr
Wie eine simple Regeländerung die Sicherheit der Spieler erhöhen und vor allem den Kopf besser schützen könnte.
Der Check oben im Video beim Spiel Olten - Kloten erhitzt gerade die Gemüter rund um die beiden Swiss-League-Clubs. Check gegen den Kopf – ja oder nein? Sperre – ja oder nein? Während die Schiedsrichter auf dem Eis den Check als «Check gegen den Kopf» und damit mit 2+10 Strafminuten taxierten, wurde auf ein Verfahren und damit eine mögliche Sperre verzichtet.
Warum ein Verfahren nicht eingeleitet wird, wird in der Regel nicht begründet. Hier auch nicht. Man kann nur davon ausgehen, dass die Videobilder zu wenig eindeutig sind, um zweifelsfrei festlegen zu können, ob der Punkt des «ersten Impacts» Kopf oder Brust ist. Und dies ist zwingend notwendig, um eine Sanktion aussprechen zu können.
Aber das ist bloss eine Vermutung …
Zudem ist auch nicht zweifelsfrei zu erkennen, ob der checkende Spieler in erster Linie den Gegner checken will, ungeachtet der Puck-Position, oder doch eben Richtung Puck fährt und quasi als «Kollateralschaden» auch den Gegner erwischt. Dies zeigen die Bilder aus einer leicht anderen Perspektive:
Die andere Perspektive: Der checkende Spieler will nicht nur checken, er geht auch zum Puck, nimmt diesen auch mit. (Videos MySports)
Natürlich bleibt die Frage: Muss hier überhaupt zum Check angesetzt werden, reicht nicht der ebenso ausgeführte «Poke Check», also der Stich mit dem Stock Richtung Puck, den der Checkende ja ebenso ausführt? So oder so ist es für die Schiedsrichter auf dem Eis fast unmöglich, live alle Faktoren zu berücksichtigen. Da der Kopf des gecheckten Spielers nach hinten schnellt, kann der Entscheid auf dem Eis, auf «Check gegen Kopf» zu entscheiden, sicher nicht kritisiert werden.
Eine nicht kontrollierbare, aber nicht illegale Situation
Doch darum soll es hier gar nicht gehen. Grundsätzlich problematisch ist ein anderer Fakt: Der gecheckte Spieler ist bereits in einen Zweikampf mit einem anderen Spieler involviert, er konzentriert sich also schon auf Puck und Gegner. Gegen einen zweiten, dazu für ihn «blindside» anrauschenden Gegenspieler kann er sich nicht wehren. Da spielt es überhaupt keine Rolle, ob der Check am Ende «legal» oder «illegal» ist.
In einer solchen Situation auch legal (zum Beispiel eindeutig gegen die Schulter) gecheckt zu werden, birgt bereits grosse, nicht kontrollierbare Gefahren für den Spieler. Bei unkorrekt ausgeführten Checks wird die Verletzungsgefahr umso grösser. Ein solcher Fall, der in der Schweiz für Wirbel sorgte, war zum Beispiel jener im Playoff-Final Bern - Zug:
Der hier gecheckte Spieler ist ebenfalls bereits in einen Zweikampf verwickelt, der Check ist zudem mehrfach illegal ausgeführt. (Video: MySports)
Es ist generell eine Allerwelts-Szene im Eishockey, wenn ein sich in einem Zweikampf befindender Spieler von einem weiteren Gegner gecheckt wird. Das ist schliesslich nicht explizit verboten, ein den Puck führender Spieler darf grundsätzlich gecheckt werden, es gibt im Regelwerk keinen Passus, der dies wortwörtlich untersagt. Es liegt im Ermessen des Schiedsrichters, ob er so einen Check als «nötig» oder «unnötig», sprich illegal, also zum Beispiel als «Behinderung» oder «Unerlaubter Körperangriff» einstuft. Zudem wird bei diesen Beurteilungen je nach Liga anders vorgegangen. Das macht es nicht unkomplizierter …
Und das ist genau das Problem. Da das Eishockey immer schneller wird und die Kollisionen immer wuchtiger, werden solche Situationen für die gecheckten Spieler immer gefährlicher. Selbst ein korrekt ausgeführter Check kann verheerende Folgen haben für den Gegner, wenn er wegen eines anderen Zweikampfes gar keine Chance hat, die Charge zu antizipieren und entsprechend gar nicht auf den heftigen Zusammenprall gefasst sein kann.
Auch Gehirnerschütterungen sind eine mögliche Folge, selbst wenn der «erste Impact» gar nicht gegen den Kopf geht – sei es wegen des harten Zusammenstosses oder wegen des folgenden Aufschlags des Kopfes auf dem Eis oder an der Bande.
Die «Regel», einen Spieler auch dann checken zu können, wenn er bereits in einem Zweikampf ist, macht im modernen Eishockey so gesehen keinen Sinn mehr. Respektive: Es braucht umgekehrt eben eine Regel, eine simple neue Regel, die solche Checks grundsätzlich verbietet: Ein den Puck führender Spieler, der bereits in einen Zweikampf mit einem Gegner verwickelt ist, darf nicht aktiv gecheckt werden – Punkt.
Diese Regel würde allen helfen: Natürlich den Spielern. Aber auch Schiedsrichtern, die sich im immer schneller werdenden Spiel um eine heikle und immer schwieriger zu beurteilende Situation weniger kümmern müssten.
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