Gängige Praxis bei InternetanbieternDie treuen Kunden bezahlen mehr
Ein Internetanbieter senkt die Preise, ohne die bisherigen Kunden darüber zu informieren. Laut Konsumentenschutz ist diese Praxis «unschön», in der Branche jedoch verbreitet.
Bei einer Kontrolle der Jahresrechnung für Internet und Telefonie fällt auf, dass der Totalbetrag nicht nachvollziehbar ist. Die Rechnung stammt von der kleineren Internetdienstleisterin Solnet, hinter der die BSE Software GmbH in Solothurn steht. Egal, wie man es dreht und wendet, die auf der Website aufgeschalteten Tarife für verschiedene Pakete entsprechen nicht dem Rechnungsbetrag. Auf Nachfrage antwortet der Kundendienst, dass seit rund einem Jahr noch ein altes Abo mit höheren Preisen verrechnet werde. Und: «Wir können es auf Gratis-Upgrade umstellen.»
Die Kundschaft nicht informiert
Was mit dem Upgrade gemeint ist, wird erst nach weiteren Rückfragen klar: Solnet hat die Tarife angepasst und bietet schnelles Internet zu einem günstigeren Preis an. Doch die Kundschaft wurde nicht darüber informiert. Auf der Website sind die neuen Preise zwar aufgeführt, einen Hinweis zu den Tarifänderungen gab es aber nicht. Die Kundschaft wurde auch nicht per Mail über das günstigere Angebot informiert. Die Folge: Etliche treue Nutzerinnen und Nutzer dürften sich verschaukelt vorkommen, da sie mehr zahlen, als sie müssten. Denn längst nicht jeder kontrolliert regelmässig, ob die Tarife auf der Website angepasst worden sind.
«Das ist unschön, weil so ausgerechnet die langjährigen Kundinnen und Kunden benachteiligt werden, die eigentlich am ehesten von Vergünstigungen profitieren sollten», sagt Cécile Thomi, Leiterin Recht bei der Stiftung für Konsumentenschutz. Solche Vorgehensweisen seien leider insbesondere in der Telecombranche verbreitet, wo zunehmend mehr Bandbreite und Leistung zu günstigeren Preisen angeboten werde.
Aktuelle Preise leicht auffindbar
Ralph Urech von Solnet betont, dass die Tarife jederzeit transparent und mit höchstens drei Mausklicks auf der Website leicht auffindbar seien und dass interessierte Personen die Preise auf unabhängigen Portalen jederzeit vergleichen könnten. Solnet biete zudem eine telefonische Beratung an. Auf Nachfrage hin räumt er aber ein, dass es möglich wäre, Kundinnen und Kunden besser über Tarifänderungen zu informieren: «Wir werden die Vorgehensweise überprüfen und gegebenenfalls anpassen.» Denkbar ist für ihn beispielsweise, dass bisherige Nutzer nach Ablauf der Mindestvertragsdauer einen Hinweis zu allfälligen Preisanpassungen erhalten.
Kaum rechtliche Möglichkeiten
Rechtlich haben betroffene Konsumentinnen und Konsumenten in solchen Fällen leider wenig Möglichkeiten. «Es gibt in einem Vertragsverhältnis zwar eine Informationspflicht, doch im vorliegenden Fall hat sie nur untergeordnete Bedeutung», sagt Frédéric Krauskopf, Professor für Privatrecht an der Universität Bern. Das Gesetz macht dazu keine klaren Vorgaben. Es gibt auch keine gefestigte Gerichtspraxis. Da Kundinnen und Kunden sich selber über die aktuellen Preise ins Bild setzen können, sind die Anforderungen an die Informationspflicht weniger hoch.
Cécile Thomi vom Konsumentenschutz kommt zum Schluss: «Im Vertragsrecht gibt es wenig Vorgaben und entsprechend viel Handlungsspielraum.» Deshalb gehe es im vorliegenden Fall weniger um eine rechtliche Frage, sondern eher um eine Frage der Fairness von Anbietern gegenüber Konsumentinnen und Konsumenten.
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