Energiekrise in EuropaDie Schweiz profitiert von der Verstaatlichung Unipers
Viele Schweizer Versorger haben von Uniper Gas und Strom gekauft. Eine Pleite des deutschen Konzerns hätte sie empfindlich getroffen.
Deutschland verstaatlicht den angeschlagenen Energiekonzern Uniper. Von der milliardenschweren Rettungsaktion profitiert auch die Schweiz. Denn Uniper ist einer der grössten europäischen Stromproduzenten und ein wichtiger Gasimporteur aus Russland. Auch viele Schweizer Energieunternehmen haben bei dem deutschen Konzern Strom und Gas gekauft.
Eine Pleite von Uniper wäre für sie teuer geworden. Viele Versorger haben sich bei Uniper bereits vor längerem mit Strom und Gas eingedeckt. Beides war damals deutlich günstiger, als das heute der Fall ist. Wäre Uniper nun in Konkurs gegangen, wären laufende Lieferungen und auch künftige Lieferverträge hinfällig geworden. Die Unternehmen hätten Strom und Gas anderswo besorgen müssen – und das zu deutlich höheren Preisen.
Alpiq und BKW sind mit Uniper im Geschäft
Potenziell betroffen wäre unter anderen Alpiq. Sie zählt zu den Kunden von Uniper, wie Finanzchef Luca Baroni unlängst im Interview mit dieser Zeitung gesagt hatte. «Wie alle anderen auch» habe Alpiq Strom von Uniper gekauft. «Das europäische Stromsystem ist ein Gesamtsystem. Da gehört die Schweiz dazu. Man kommt an Uniper oder EDF mit ihren grossen Kraftwerkparks nicht vorbei», hatte Baroni gesagt. Es sei beruhigend, dass Uniper nun gestützt werde, so ein Alpiq-Sprecher.
«Die Verstaatlichung stabilisiert die Energiemärkte und ist eine gute Nachricht.»
Zu den weiteren Vertragspartnern von Uniper gehört die BKW. Auch dort ist die Erleichterung über die Rettung gross. «Die Verstaatlichung stabilisiert die Energiemärkte und ist eine gute Nachricht», erklärte ein BKW-Sprecher.
Die Axpo macht keine konkreten Angaben über ihre Geschäftsbeziehungen mit dem deutschen Konzern. «Uniper gehört zu den grössten Marktteilnehmern in Deutschland und ist deshalb eine wichtige Gegenpartei für zahlreiche Unternehmen innerhalb und ausserhalb Deutschlands», erklärte ein Sprecher.
Wer sonst noch Strom und Gas von Uniper bezieht, lässt sich nicht genau sagen. Die Stadtwerke in Biel sind nicht darunter. Winterthur und Schaffhausen machen keine Angaben zu ihren Lieferanten.
Too big to fail
Wegen der verzweigten Lieferbeziehungen in ganz Europa ist man sich in der Energiebranche weitgehend einig, dass Uniper «too big to fail» ist. Wäre das Unternehmen pleitegegangen, hätte «durchaus das Risiko einer Kettenreaktion» bestanden, erklärte der Verband Schweizerischer Elektrizitätsunternehmen (VSE).
Das hätte wohl zu Chaos an den Energiemärkten geführt. Wenn Firmen in ganz Europa kein Gas und keinen Strom mehr von Uniper bekommen und gleichzeitig Ersatz beschaffen müssen, hätte das vermutlich die Gas- und Strompreise stark steigen lassen. Die Verunsicherung, wer im Winter zu welchem Preis Strom und Gas bekommt, wäre noch grösser gewesen, als sie ohnehin schon ist.
Auch Alpiq hatte vor den Folgen einer Pleite eines grossen europäischen Versorgers gewarnt. «Wenn einer von den grossen europäischen Partnern – Uniper oder EDF – ein Problem bekommt, dann haben alle ein Problem», hatte Finanzchef Baroni erklärt.
Gasimporte brachten Uniper in Schwierigkeiten
Eine solche Schockwelle wollte die deutsche Bundesregierung verhindern: Sie stellt Uniper über eine Kapitalspritze acht Milliarden Euro zur Verfügung und übernimmt für eine weitere halbe Milliarde Euro die bisherigen Anteile des finnischen Mutterkonzerns Fortum. Am Ende der Rettungsaktion soll Deutschland fast 99 Prozent an Uniper besitzen.
Das Unternehmen ist der grösste Gasimporteur Deutschlands und bezog den Rohstoff bislang vorwiegend aus Russland. Weil von dort weniger Gas kommt, musste Uniper dieses anderswo besorgen. Wegen der hohen Kosten für diese Ersatzbeschaffung geriet die Firma in Finanznöte und beantragte bereits Anfang Juli Staatshilfe. Die gewährten Milliardenkredite reichten aber nicht aus.
Uniper ist nicht der einzige europäische Versorger mit Geldproblemen: Auch der französische Versorger EDF steht vor einer Komplettverstaatlichung. In der Schweiz hatte der Bund einen Rettungsschirm gespannt, unter den die Axpo flüchtete. Bislang hat sie die Kreditlinien jedoch nicht in Anspruch genommen.
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