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Betrachtung einer historischen PK
Die Schweiz ist gerettet! Oder doch nicht? 

Wenn das Schweizer Kreuz aussieht wie ein Delete-Zeichen: Die Pressekonferenz zur Lage der Credit Suisse am 19. März. 
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Was war das doch für ein Bild? Bern am Sonntagabend. Pressekonferenz zum Untergang der Credit Suisse oder – wie es bald den Anschein macht – zur Rettung des helvetischen, wenn nicht sogar des globalen Finanzwesens.

Die Schweiz hat ihr vermeintlich bestes Personal aufgeboten für die Mission «Wiederherstellung des Vertrauens in den heimischen Werkplatz». Doch so ganz überzeugend mutet das Happening inhaltlich wie optisch nicht an. 

Und zu Hause fragt man sich: Was ist bloss los mit diesem Land? Die Gletscher schmelzen, die Berge bröckeln, die Toblerone verliert ihren Swissness-Anspruch –, und jetzt kollabieren auch noch die Grossbanken. 

Da ist ein Alain Berset zu sehen, der immer wieder dramatisch die Hände vor dem Gesicht zusammenfaltet, als bete er eine höhere sozialdemokratische Macht an. Karin Keller-Sutter behauptet vor einer Batwomen-artigen Silhouette, dass es sich trotz dreistelliger staatlicher Milliardenabsicherung bloss um eine Business-Lösung zwischen zwei Schweizer Banken handle. 

Als bete er eine höhere Macht an: Alain Berset.

Nationalbank-Häuptling Thomas Jordan liest im Duktus eines Musterfunktionärs seinen vorbereiteten Text ab und formt dabei ein Gesicht, als wolle er die Märkte mit einem gutschweizerischen Wesenskonglomerat aus Entschlossenheit, Sachlichkeit und Beamten-Tadellosigkeit besänftigen.

Links davon der fleischgewordene Finanz-Triumphator, Colm Kelleher von der UBS, der sich – als Einziger – «sehr freut, hier sein zu dürfen», und mit einem (womöglich nicht ganz richtig simultan übersetzten) «5-Billiarden-Vermögen» prahlt, das der UBS zur Verwaltung anvertraut sei. 

Und alle sitzen sie schön eng beisammen, bis auf den etwas farblosen Linksaussen – Herr Lehmann von der Credit Suisse – der seine Distanz zur UBS offenbar auch bühnentechnisch zu unterstreichen trachtet (und der die Frage, wie viel von den 50 Milliarden Zustupf er schon verwendet habe, routiniert unbeantwortet lässt).

Referiert vor einer Batwoman-artigen Silhouette: Karin Keller-Sutter.

Hinter dieser Runde sind zwei Schweizer Fahnen so drapiert worden, dass sie schlapp und in ihrer Entfaltung gehemmt von der Decke baumeln wie zwei überdimensionierte Krawatten, auf denen das Schweizer Kreuz aussieht wie ein grosses Delete-Zeichen. Gut möglich, dass es da einem Dekorateur gefiel, sich dezent-symbolisch einzubringen. 

Und zu Hause fragt man sich: Was ist bloss los mit diesem Land? Die Gletscher schmelzen, die Berge bröckeln, die Toblerone verliert ihren Swissness-Anspruch –, und jetzt kollabieren also auch noch die Grossbanken. Und man ist zunehmend fassungslos ob der Milliardenbeträge, die uns abermals zur Rettung der Schweiz – sorry, einer Schweizer Grossbank – aus der Bundeskasse geschaufelt werden.

Erschöpftes Vertrauen

Doch wir Schweizerinnen und Schweizer haben ja das Flair, das ganze Schlamassel dann trotzdem schulterzuckend zu akzeptieren. Dabei hilft uns, dass der Herr Jordan dies alles mit bestimmter Stimme als Usus im Finanzwesen abtut und Begriffe wie «traditionelle Emergency Liquidity Assistance», «Konkurs-Privileg» oder «Public Liquidity Backstop» aus dem zentralbänkischen Vokabular-Werkzeugkasten zupft, dass wir mit nachgoogeln gar nicht mehr nachkommen. Wenn er es sagt, wird es wohl schon seine Richtigkeit haben. 

Als wolle er die Märkte mit einem gutschweizerischen Wesenskonglomerat aus Entschlossenheit, Sachlichkeit und Beamten-Tadellosigkeit besänftigen: Thomas Jordan, Chairman der Nationalbank. 

Und wieder wird in der Runde von «Systemrelevanz» der Grossbanken gesprochen, von «eigentlich niedrigen Risiken» und immer wieder vom «Vertrauen», das zwar kurzfristig «rapide» verloren gegangen sei, das nun aber wieder vollkommen hergestellt sein müsste. 

«Vertrauen wird dadurch erschöpft, dass es in Anspruch genommen wird», hat Bertolt Brecht einmal gesagt. Während das Schweizervolk langsam, aber sicher erschöpft ist, scheinen sich die Börsianer und Spekulanten, für die man das ganze Theater hier in aller Eile inszeniert hat, tatsächlich temporär beruhigt zu haben. Der Kurs der UBS-Aktie hat sich bis heute auf solidem Vorwochenniveau eingependelt. Alles wie gehabt also. Alles ist wieder gut. Der Untergang der Schweiz ist abgewendet. Alles eine Frage der Perspektive.

Mit Sicherheitsabstand: Axel Lehmann (CS) und Colm Kelleher (UBS).