Analyse zu den Preiserhöhungen bei SunriseDie Kundschaft muss sich auf teurere Telecomtarife einstellen
Die Frage ist nicht ob, sondern wann die hiesigen Fernmeldeanbieter ihre Gebühren wegen der Inflation anheben.
Seit fast 30 Jahren profitieren die Konsumentinnen und Konsumenten in der Schweiz von sinkenden Telecomtarifen. Angeheizt hat diese Entwicklung ein harter Verdrängungswettbewerb. Nach wie vor versuchen die Netzbetreiber, sich gegenseitig mit aggressiven Sonderangeboten die Kundschaft abzujagen. Teilweise gibt es Preisabschläge von 70 Prozent, die ein Leben lang gültig sind.
Damit ist jetzt Schluss. Sunrise, die Nummer zwei des Landes, kündigt mit Blick auf die Inflation per 1. Juli überdurchschnittliche Preiserhöhungen von bis zu 4 Prozent an. Zum Vergleich: Im März betrug die Inflationsrate in der Schweiz 2,9 Prozent.
Der Aufschlag betrifft die Listenpreise der Abonnemente. Konkret heisst das: Bei den derzeit angebotenen Abos erhöhen sich die Preise zwischen 90 Rappen und 2.90 Franken pro Monat und Produkt. Bei den günstigeren Abos der Billigmarken Yallo und Lebara beträgt der Zuschlag je 1 Franken respektive 95 Rappen.
Um das Vertrauen der Kundschaft zu behalten, begründet Sunrise den Entscheid ungewöhnlich ausführlich: Gestiegene Kosten für Energie, Löhne und Betrieb verteuerten die angebotenen Produkte und Dienstleistungen. Mit den höheren Preisen wolle der Anbieter die Mehrkosten zu einem Teil ausgleichen.
Für die Kundschaft der nationalen Konkurrenz von Sunrise stellt sich die Frage: Ziehen Swisscom, Salt und Quickline nach? Vordergründig heisst die Antwort: Nein. Die drei Netzbetreiber planen unmittelbar keine Anpassungen bei ihren Tarifen. Marktführer Swisscom und der überregionale Kabelnetzverbund Quickline begründen dies damit, dass sie durch strikte Kosteneinsparungen die gestiegenen Einkaufspreise wettmachen könnten.
Swisscom, Sunrise und Salt passen ihre AGB an
Also alles im grünen Bereich? Auch hier lautet die Antwort: Nein. Die Nutzer von Fernmeldediensten müssen ab dem laufenden Jahr allgemein mit höheren Tarifen rechnen. So sagte Swisscom-Chef Christoph Aeschlimann am Donnerstag an einer Telefonkonferenz zum Quartalsergebnis: «Wir können Preiserhöhungen nicht ausschliessen.» Ein klares Dementi klingt anders.
Und es gibt weitere Hinweise: Swisscom, Sunrise und Salt passen ihre Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) dahingehend an, dass sie die Gebühren inflationsbedingt erhöhen können. Salt hat bereits im vergangenen Herbst an den AGB geschraubt. Das tun nur Anbieter, die von einer anhaltenden Teuerung ausgehen.
Sunrise schafft nun Tatsachen und erweist den Mitbewerbern damit einen guten Dienst. Sie können nachziehen und auf den Branchentrend – sprich, die Konkurrenz – verweisen. Swisscom als staatsnahes Unternehmen hätte sich diesen ersten Schritt kaum erlauben können; die Kritik der Öffentlichkeit und der Politik wäre laut gewesen. Dazu passt, dass sich der Swisscom-Chef betont überrascht über den frühen Zeitpunkt der Preiserhöhungen von Sunrise zeigte.
Eine Art Kostenbremse für gewisse Produkte in Zeiten der Inflation – aus Konsumentensicht wäre dies ein wünschenswerter und akzeptabler Grundsatz.
Sunrise ist sich indes bewusst, dass Preiserhöhungen in einer Zeit belasteter Haushaltsbudgets heikel sind. Die Firma verspricht deshalb, die Tarife für Abonnemente erst ab dem Jahr 2025 wieder zu erhöhen, falls die Teuerung anhält. Die Kunden werden Sunrise hier bestimmt beim Wort nehmen.
Eine Art Kostenbremse für gewisse Produkte in Zeiten der Inflation – aus Konsumentensicht wäre dies ein wünschenswerter und akzeptabler Grundsatz. Zudem liesse er sich auch auf andere Branchen anwenden.
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