Kommentar zu ArbeitsmarktdatenDie guten Arbeitslosenzahlen sind trügerisch
Was Arbeitslosigkeit und Kurzarbeit angeht, gibt das Seco Entwarnung. Für Jubelstimmung ist es aber noch zu früh.
Uns drohe die schlimmste Krise seit der Grossen Depression. Diese Ansicht war noch vor kurzem weit verbreitet. Entsprechend gross waren die Sorgen vor einer explodierenden Arbeitslosigkeit in der Schweiz. Die Zahlen, die das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) am Mittwoch präsentiert hat, geben im Vergleich zu solchen Szenarien Entwarnung. Die nicht um Saisoneffekte korrigierte Arbeitslosenquote sank im Juni verglichen zum Mai von 3,4 auf 3,2 Prozent. Hinzu kommt, dass die Unternehmen nur etwas mehr als die Hälfte der beantragten Kurzarbeit auch beanspruchen und die Kosten dafür nicht einmal halb so hoch ausfallen, wie das beim Seco ursprünglich befürchtet wurde.
Trotz der erfreulichen Zahlen ist es viel zu früh, bereits die Champagnerkorken knallen zu lassen.
Laut Boris Zürcher, dem Leiter der Direktion Arbeit beim Seco, dürfte es auch in nächster Zukunft nicht zu den ursprünglich befürchteten Schreckensszenarien kommen. Schon allein wegen der verlängerten Bezugsmöglichkeit für Kurzarbeit sei nicht mit Massentlassungen im Herbst zu rechnen, und auch eine Konkurswelle zeichne sich in den Daten nicht ab. Hauptverantwortlich für die besseren Aussichten ist die Aufhellung im Dienstleistungssektor, in dem zwei Drittel der Schweizer Beschäftigten arbeiten.
Dennoch ist es viel zu früh, bereits die Champagnerkorken knallen zu lassen. Die Krise ist nicht ausgestanden. Auch ist die aktuelle Arbeitslosenquote mit 3,4 Prozent noch immer deutlich höher als vor einem Jahr, als sie sich auf 2,1 Prozent belief. Steigen die Ansteckungszahlen wieder stark an, drosseln die Leute auch weiter ihre Ausgaben. Wer will zum Beispiel ein Restaurant besuchen, wenn sie oder er sich dabei in Gefahr wähnt? Das Beispiel Schweden zeigt, wie eine Wirtschaft aus diesem Grund auch ohne Lockdown massiv unter Druck geraten kann. Kommt hinzu, dass wir ohne nachhaltige Verbesserung in der Weltwirtschaft als stark vom Aussenhandel abhängige Volkswirtschaft ohnehin nicht zu einer Normalisierung zurückfinden können.
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